Titel: Die letzte Schlacht (Crossover!)
Autor: Hephaistion


Kapitel 1: Die Lektion des Aristoteles


Im Jahre 345 v.o.Z., Ort: Mieza, Makedonien


Die Jungen starrten fasziniert auf den Lehrer, der ihnen lächelnd die Welt zeigte, die auf einem Mosaik vor ihren Füßen ausgelegt war.

„Und hier“, zeigte Aristoteles mit seinem Zeigestab, „hier ist das Ende der Welt!“ Und die Jungen staunten mit offenem Munde.

„Ist es denn wahr, Meister“, fragte Nearchos, der kleine braungelockte Junge, der neben Kassandros und Ptolemaios stand, „dass man, wenn man diese Kante überschreitet im Osten, in die Tiefe fällt?“

„Aber sicher, Nearchos!“ lächelte Aristoteles milde und nahm einen flachen Stein in die Hand, um den Schülern zu zeigen, wie es sich mit der Erde verhielt.

„Die Erde ist eine flache Scheibe. Gelangen wir an ihre Grenzen, fallen wir herab in das Nichts. Unter der Erde ist der Hades, die Unterwelt, und über der Erde, in den Wolken, über dem Olympos, da hausen die Götter und Göttinnen. Aber hier, da ist das Ende, und man fällt herab, sollte man wagen, die äußerste Grenze der Erde zu betreten! Man fällt... und wird vermutlich in Feuer aufgehen, wenn man die untere Atmosphäre des Hades durchfällt, aber man landet nirgends, weil es an der Kante nichts mehr gibt, wo man landen könnte! Es ist einfach zu Ende, wie bei diesem Stein hier, seht ihr?“

Und Aristoteles ließ einen kleineren Stein über den großen flachen wandern und an der Kante fiel dieser einfach herab.

Peng.

Unten war er und die Jungen schlossen nur langsam wieder ihre Münder, die nun sperrangelweit offen standen.

„Alexandros.“ Aristoteles wandte sich an den blonden Prinzen. „Hast du auch verstanden, was ich dir erklärt habe?“

Alexandros nickte und wiederholte: „Du sagst, Aristoteles, dass die Erde eine Scheibe ist und dass man herunter fällt, wenn man an ihre äußersten Grenzen gelangt. Aber, sage mir, edler Lehrer, gab es je einen Menschen, der diese äußersten Grenzen erreichte und herabsah in diese Tiefen, von denen du sprichst?“

Die Schüler stießen sich gegenseitig an und grinsten. Wieder einmal hatte es Alexandros geschafft, eine Frage zu stellen, die den Lehrer aus Athen in Verlegenheit brachte.

Doch dieser lachte nur und fuhr mit seiner Hand durch Alexandros’ blonde Locken. „Nein, mein Junge... es gab noch keinen. Und ich hoffe, du möchtest nicht der jenige sein, der als erster in das Nichts blickt am Rande der Erdenscheibe?“

Statt einer Antwort lächelte Alexandros zu seinem besten Freund Hephaistion, der zurücklächelte, obwohl er gerade in diesem Moment spürte, wie sich ihm mitten in der heißen Sommersonne alle Härchen seines Körpers aufstellten.


Er kannte die Antwort bereits.


Kapitel 2: Bis ans Ende der Welt! Oder: Aristoteles hatte doch Recht...


Im Jahre 326, in Indien, irgendwo



„Wir möchten heim!“ riefen die Soldaten und Alexandros sah sich ungnädig um.

War niemand, der hinter ihm stand?

Wo er so nahe war?

Er wollte weiter, weiter in den Osten. Er war bereits weiter vorgedrungen als die sagenhaften Helden seiner Kindheit und immer noch nicht an den Rand der Erdscheibe vorgedrungen.

Dorthin wollte er, nirgendwo anders hin, am Abgrund stehen, hinabsehen – und dann, ja DANN wollte er zurückkehren nach Babylon und als Großkönig von Griechenland und Asien herrschen bis ans Ende seiner Tage.

Hephaistion seufzte leise und verhalten in seinen Bart.

Er sehnte sich nach einem Bad, nach Rasiermesser und Rosenöl, nach Kajal und einem gutduftenden Alexandros in seinem Bett, möglichst ohne weitere Gefährtschaft von Bagoas oder Roxane. Dafür würde er fast alles tun, dachte er, sogar noch bis zum Ende der Welt gehen. Also schwieg er jetzt, da die Männer anfingen sich aufzulehnen und Widerstand zu leisten. Vielleicht konnte man am Ende der Welt auch den einen oder anderen unliebsamen Rivalen kurz und schmerzlos hinunterschubsen.

„Ihr macht mich traurig, ihr Männer! Wollt ihr euren König im Stich lassen? Dann gehe ich ohne euch weiter, mit meinen neuen persischen Soldaten. Und von euch wird man sagen: Diese ließen ihren König im Stich!“

Enttäuscht und wütend zugleich ging Alexandros in die andere Richtung, in den Osten weiter, und murrend folgte ihm der Tross, nachdem Hephaistion beschwichtigende Worte an Krateros und Kassandros gerichtet hatten, die ebenfalls keine Lust mehr hatten, weiterzumarschieren, aber die Karawane zog weiter, und dann kam ein Nebel auf.

Vermutlich der Vorbote eines weiteren typischen indischen Regens, dachte Alexandros, der die Kapuze weit über seinen Kopf zog, um sich vor dem dichten kalten Nebel zu retten.

Keiner seiner Männer, nicht einmal Hephaistion, bemerkte, wie der König auf einmal verschwand, da Alexandros voranzugehen pflegte, mit schnellem Schritte, und keiner so wirklich Lust hatte, so rasch weiterzuziehen.

Dann erwischte es Hephaistion, der immer die Nummer 2 war.

Auch diesen Verlust bemerkte man noch nicht so rasch, denn oft waren Alexandros und Hephaistion schon zu zweit verschwunden und erst nach geraumer Zeit wieder aufgetaucht.

Doch als auch Krateros, Nearchos und Ptolemaios im Nebel – oder was man dafür hielt – verschwanden, wurden die anderen Männer misstrauisch und einer nach dem anderen trat die Reise an –

indem er einfach von der Kante der Erdenscheibe abstürzte in einen dichten Nebel –

und nach längerem Fall, der jedoch wie durch Wolken ging, wieder landete.


Praktischer- oder seltsamerweise landete das ganze Heer des großen Alexandros mitten in einer Schlacht, die erbittert tobte.

Praktischerweise war man gerüstet und konnte gleich so richtig loslegen.

Wer der Feind war, sah man sogleich – das waren die Männer, die so hässlich waren, dass kein Auge sie ertragen konnte, schon gar nicht das an Schönheiten des Orients gewöhnte Auge der Makedonen und Perser.

Nachdem sich Alexandros bei seinem Tierexperten Hephaistion erkundigt hatte, ob es sich in diesem Falle nicht wieder um Tiere handelte, denn man wollte ja nicht schon wieder arme Kreaturen wie die Affen bekämpfen, und dieser verneinte, obwohl er es ehrlich gesagt auch nicht genau wusste, aber davon ausgehend, dass Tiere nicht gar so grauselig bewaffnet wären, einmal den Rückschluss zuließ, dass es sich NICHT um Tiere handelte, ließ Alexandros erleichtert in das Horn stoßen und zum Kampf blasen.

„Attackeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeee!“ schrie Alexandros und hieb wie ein Wilder um sich, gefolgt von seinen Soldaten.

Er mähte wild um sich, wie in Tyros, Issos, Gaugamela und wo auch immer, endlich wieder eine Schlacht, wie überaus günstig, denn die Männer schwiegen, wenn sie kämpften, und wenn die Schlacht vorüber war, dann konnte man endlich weiter ziehen in den Osten.

Keiner der Soldaten Alexandros’ wusste, dass sie schon längst das Ende der ihnen bekannten Welt erreicht hatten und abgestürzt waren – in eine zweite Welt, die unter der ihren lag und über einer dritten.


Kapitel 3 oder: Alexandros’ letzte Schlacht mit dem inneren Schweinehund


Schlachtfeld am Pelennor, andere Baustelle, andere Welt, andere Zeit



Die Makedonen, so stellte sich im Nachhinein heraus, waren die letzte Rettung in dieser alles entscheidenden Schlacht, und da sie instinktiv gegen die Orks und Uruk-Hais Partei ergriffen hatten – vielleicht aus rein optischen Gründen, vielleicht aus gesundem Menschenverstande – war das Auftauchen von Alexandros’ Heer in letzter Sekunde kriegsentscheidend.

Sauron wurde vernichtet, der Ring wurde zerstört, und nach getaner Arbeit fand man sich in der Hochburg wieder, um den Sieg ordentlich zu begießen.



Alexandros wurde auf ein Gespräch mit den beiden siegreichen Feldherren der Schlacht bestellt. Ihre Namen waren Aragorn und Eomer und beide waren nicht anwesend, als der Großkönig von Asien und Makedonien die große Halle betrat, in der ein großer Tisch prangte und nicht viel mehr.

Alexandros sah sich mit gerunzelter Stirn um. Nicht unbedingt die Art von Komfort, die er bei anderen Königen gewohnt war. Er dachte kurz an Babylon, sein Herz verzog sich sehnsüchtig, aber gut, er war hier, das war nicht Babylon, sondern – wie nannten sie es? Minas Tirith. Nun gut. Er würde in Kürze erfahren, was hier eigentlich los war und wer die furchtbaren Männer waren, gegen die er gekämpft hatte.

Eine schlanke Frau mit sehr langen lockigen Haaren erschien, die in purstem Gold strahlten. Die wallenden Gewänder verdeckten vollkommen die Gestalt, so dass Alexandros Mühe hatte, Konturen zu entdecken. Bei näherem Blick auf das Gesicht stellte er fest, dass er es nicht mit einer Frau zu tun hatte, sondern mit – mit einem bartlosen Wesen, zweifelsohne männlich, oder männlich gewesen, er dachte spontan an Bagoas. Auch in Minas Tirith schien man also gewisse Techniken zu kennen, denen man in Persien auch frönte.

Welch Gesicht, dachte Alexandros bewundernd, und der Blonde lächelte ihn an.

Welch Zähne, welch Augen, welch Haare....

Alexandros lächelte zurück, einladend, auffordernd.

Der Diener, denn um einen Diener handelte es sich, war er doch dabei, den kargen Raum mit Blumen zu schmücken – wo auch immer er die her hatte, nach dieser gewaltigen Schlacht – schien sich zu amüsieren und zwinkerte dem blonden König zu.

Wenn er doch nur sicher gehen könnte, dass keiner reinkäme... keiner zusähe... oh, Alexandros wüsste, was mit so einem Hübschen veranstalten, bei allen Göttern, beim süßen Atem der Aphrodite, sicherlich ließ sich da etwas machen, wenn es sich nicht ausgerechnet um den Lustknaben eines der Könige handelte... denn sicherlich waren Aragorn und Eomer Könige und wenn dies ausgerechnet der Liebling einer der beiden wäre... aber so wie dieser lächelte, war das unwahrscheinlich. Fast frech lächelte er und Alexandros beschloss das Wort an ihn zu richten.

Ob er überhaupt des Griechischen mächtig wäre...?

„Holder Knabe“, hob Alexandros also an, und der Blonde richtete sich auf, mit geradem Rücken, aufmerksam, gehorsam.

‚Sehr schön, sehr gut erzogen’, dachte der makedonische König, ‚das wird ein wahres Fresschen.’

„Nun, sage an, wessen Diener bist du?“

Der blonde „Knabe“ lächelte und senkte seinen Kopf in devoter Manier.

„Eomers“, sagte er, kurz und knapp.

‚Aha, er versteht meine Sprache. Und er ist Eomers Knabe. Ärgerlich, aber dennoch lässt sich sicherlich etwas – machen. Zu gerne würde ich seine roten Lippen kosten.’

Alexandros beschloss, seine Neugierde sofort und ohne Umschweife zu stillen. Geduld war noch nie seine Stärke gewesen.

„Seid Ihr ein Eunuch?“ fragte Alexandros, das langhaarige goldlockige Wesen genauer betrachtend.

„Ein WAS?“ fragte dieser zurück und seine Stimme klang nicht gerade wie die eines Warmalmannes.

Alexandros räusperte sich, als er näher trat. Das Gesicht des Blonden war haarlos und seine Züge mehr als makellos. Bagoas war nicht annähernd so schön wie dieser – dieser WAS eigentlich?

„Was seid Ihr?`“ fragte Alexandros neugierig und ließ seine Hand über die Wange des blonden Mannes fahren, der sanft aus blauen Augen lächelte.

„Ich bin ein Elb, edler König Alexandros“, erwiderte er und nahm die Hand des Makedonen. „Ich weiß nicht, ob Ihr wisst, was das ist, aber lasst es mich Euch so erklären: Ich bin unsterblich und von außergewöhnlicher Kraft.“

„Beim Zeus!“ rief da Alexandros und ließ die Hand des Elben los. „Dann seid Ihr ein Halbgott, oder gar ein Gott!“

Glorfindel lachte. „Mitnichten, König! Ich bin ein Elb. Ich kann Euch leider nicht erklären, was das ist, aber hier in Mittelerde gibt es viele Elben, wir sind – menschenähnlich. Doch hat uns Illuvatar erschaffen, wir sind die Ersten auf Mittelerde, und wir werden auch die Letzten sein. Wir sind die Ältesten, die Weisesten, wir sprachen als Erste und wir lehrten die Bäume die Worte.“


„Ihr seid wunderschön...“ flüsterte Alexandros und traute sich einen Schritt näher zu dem Elben. Insgeheim dachte er, dass es in diesen Hallen unglaubliche Kräuter geben musste, die diesem schönen Jüngling diese Gedanken eingab – in Babylon hatte er selbst Haschisch geraucht und wusste um die Wirkungen dieser Pflanze.

Die Ersten, die Letzten, alt und weise... ganz sicher. Die Bäume sprechen... natürlich.

Und wenn schon.

Er war schließlich der Sohn des Zeus! Also gerade gut genug für diesen schönen Knaben, was auch immer er geraucht hatte!

Alexandros streichelte die seidenweichen goldenen Locken des Elben, währenddessen dieser lächelte und alles über sich ergehen ließ.


Kapitel 4: Das unmoralische Angebot des Herrn Eomer


Ein blaues Paar Augen verengte sich zu Schlitzen hinter der Tür.

„Er schmeißt sich an den blonden Eunuchen ran!“ zischte Hephaistion zu Bagoas. „Los, tu was!!!“ „Und was soll ich deiner Ansicht nach tun, Hephaistion?“ „Mir egal, ich will, dass der verschwindet, du reichst mir schon im Nacken!“

„Vielleicht kann ich Abhilfe schaffen?“ fragte eine tiefe Männerstimme hinter den beiden.

Wie synchron drehten sich beide um, um in das Antlitz eines blonden bärtigen Mannes mit sanften braungrünen Augen zu sehen.

„Ich bin Eomer von Rohan, meine ehrenwerte Gäste. Und mit wem habe ich das Vergnügen?“

Hephaistion räusperte sich, eine Wimper war in seinem linken Auge, er traute sich nicht, sie zu entfernen, da bei dieser Aktion sein Kajal verschmiert werden konnte. Bagoas hatte ein ähnliches Problem, aber im rechten Auge, so zwinkerten alle beide nur und Hephaistion trat als Erster vor. „Ich bin Hephaistion, Amyntors Sohn, aus Pella, Chiliarch des Königs.“

„Chiliarch?“ Eomer verbeugte sich schmunzelnd, dabei dachte er, hinter diesem Begriffe verbarg sich sicherlich irgendein Rang in Bezug auf den Harem des Königs, der offenbar mit mehreren Frauen und Liebhabern im Gepäck angereist war. Und bei dem anderen handelte es sich offenbar um einen Elben – so bartlos und schön wie er war. Nur, woher kam dieser Elb? War er aus Bruchtal oder aus Lorien? Eher aus Bruchtal, sinnierte Eomer, er hatte gewisse Ähnlichkeit mit Elrohir und Elladan, den Söhnen Elronds, die dem Pferdeherren wohl bekannt waren.

Der andere König, Alexandros, bewies erlesenen Geschmack. Der dunkle Elb war wunderschön und der menschliche Gefährte auch nicht zu verachten, wenn man von der Kriegsbemalung absah, aber in unterschiedlichen Stämmen Mittelerdes hatte er schon die unterschiedlichsten Sitten kennen gelernt. Er würde einfach ein wenig etwas wagen.

Warum auch nicht? Sein letztes Erlebnis mit einem Menschenmann lag Jahre zurück. Der goldene Elb war ein liebevoller Geliebter, aber Eomer hatte gänzlich vergessen, wie ein Menschenmann sich anfühlte. Das war die Gelegenheit!

„Sehr erfreut, Hephaistion. Ein schöner Name.“

Eomer nahm die ausgestreckte Hand in seine beiden und zog den verblüfften Makedonen näher zu sich. „Wie ich schon sagte, ich kann behilflich sein. Dein König ist gerade sehr entzückt von meinem Geliebten. Wenn die Entzückung unsererseits auch beidseitig wäre, könnten wir gerne die Räumlichkeiten wechseln.“

Hephaistion starrte in das Gesicht Eomers, dann in das des Eunuchen.

„Ssssst!“ machte er in Richtung Bagoas’ und der zog sich unter einer Verneigung und einem sehr enttäuschten Gesichte zurück.

„Aber nein, er auch!“ protestierte Eomer und Bagoas kam wieder, mit gesenktem Haupte, sehr zum Ärger Hephaistions.

„Oder ist das ein Problem?“

Hephaistion nickte, Bagoas schüttelte den Kopf.

Eomer lachte.

„Nun gut, ich will niemanden wirklich verärgern. Und du, mein schöner Elb... – sicherlich freut sich dein Herr, wenn du ihm – zur Hand gehst bei seiner momentanen Lage. Ich bin sehr sicher, dass er erfreut sein wird. Hephaistion – möchtest du mir folgen?“

‚Allerdings’, dachte Alexandros’ Alter Ego, ‚und wie gerne ich dir folgen werde. Seit Kleitos kam mir kein rechter Kerl mehr in die Quere, und Alexandros scheint Eunuchen zu bevorzugen – viel Spaß, mein Schatz, ich geh mit dem hier mit heute Nacht!’


‚Elb?’ dachte Bagoas bei sich, als er sich umwandte und das Zimmer betrat, in dem sein König gerade dabei war, eine goldene Locke um seinen Finger zu wickeln. ‚Interessante neue Bezeichnung für das, was ich bin. Was es wohl heißen mag? Eunuch oder Lustknabe?’

Kapitel 5: Wundersame und überraschende Fügungen

Kaum hatte Bagoas das Zimmer betreten, in dem Alexandros eine Locke des Elben, der sanft und demütig lächelte, um seinen Finger gedreht hatte, musste er zu seinem Entsetzen feststellen, dass er genau derjenige war, der zu viel war, denn der goldene Langhaarige machte eine kaum wahrnehmbare Kopfbewegung, doch es war klar, dass jemand zu gehen hatte, und zwar Bagoas.

Alexandros machte keinerlei Anstalten, ihn aufzuhalten, stattdessen streckte er seine andere Hand aus und zog den Blonden zu sich, während Bagoas sich rückwärts mit gesenktem Kopfe entfernte.

‚Ich werde hier offenbar nicht mehr gebraucht!’ dachte er und zog sich zurück, doch weit kam er nicht.

„Welch wunderschöner Elb!“ ertönte eine tiefe volle Frauenstimme, die einer langhaarigen dunklen Frau gehörte, und ihre blonde Begleiterin nickte nur begeistert.

„So alleine heute Abend? Möchtest du uns Gesellschaft leisten? Wie ist dein Name? Wo kommst du her?“ fragte die hellhaarige Frau, und Bagoas versuchte zu antworten: „Ja, ich bin alleine heute Abend, ich würde gerne Gesellschaft leisten, mein Name ist Bagoas und ich komme aus Babylon!“

„Aus Babylon! Arwen, meine Liebe, hast du diese elbische Statt schon einmal gehört? Babylon... ich bin das erste Mal in meinem Leben aus Rohan weggegangen, hier her, und kenne mich nicht gar so gut aus wie du, aber sage mir, meine teuerste Freundin, Babylon... ist das weit?“

Die mit dem Namen Arwen Angesprochene schüttelte den Kopf und verneinte dann: „Nein, edle Eowyn, Babylon habe ich auch noch nie gehört, es deucht mir sehr weit entfernt. Aber die Gesellschaft dieses Elben ist angenehm, was denkst du, wollen wir ihn in unsere Gemächer einladen, auf dass er ein Gläselein Wein aus Ithilien mit uns trinke?“

„Welch hervorragende Idee!“ stimmte die blonde Frau mit ein und Bagoas sah sich von den beiden reizenden Damen in die Mitte genommen und in ein wunderschönes Gemach abgeführt, in dem er bald nicht nur seines klaren Verstandes, sondern auch seiner Gewandung verlustig ging.

Nach anfänglichem Erstaunen erkannten die beiden Damen, welch Juwel sie sich da eingefangen hatten, und die weitere Nacht verlief äußerst erquicklich.




Währenddessen reichte der Pferdeherr Eomer dem makedonischen Chiliarchen Hephaistion eine Viole mit Öl, kaum dass sie in dessen Schlafgemach – denn um etwas anderes konnte es sich kaum handeln, wie Hephaistion scharfsinnig sofort erkannte – stand in dem Raum doch nur ein großes Bett und nicht viel mehr Mobiliar.

Hephaistion lief rot an, obwohl er doch wusste, weshalb er da war. Die Frage ließ sich nicht unterdrücken, so stellte er sie: „Eomer, edler Herr... wünscht Ihr, dass ich mich vorbereite?“

„OH ja, das wünsche ich allerdings!“ rief der blonde Rohirrim und fügte hinzu: „Entfernt mit dem Öl bitte Eure Kriegsbemalung, Ihr seht schlimmer aus als ein Haradhrim auf den Feldern der Schlacht in den Tagen zuvor! Wenn ich mit Euch meine Klinge kreuze, so möchte ich dies mit einem Freunde tun und nicht mit einem Manne, der aussieht wie mein Feind!“

Hephaistion grinste und tat, wie ihm befohlen.

Glorfindel hingegen hatte Alexandros’ Wünschen willfahren und stand nun ohne jegliche Bekleidung vor dem makedonischen König, dessen Augen sich weiteten vor Begierde.
Schnell hatte auch er sich seiner Gewänder entledigt und dies war ein fataler Fehler.

War Alexandros bislang unbesiegt, so erfuhr er nun seine erste, wenngleich nicht sehr grausame Niederlage: Er hatte den Balrogschlächter vollkommen falsch eingeschätzt und befand sich in Windeseile in einer Stellung, die er noch nie in seinem ganzen Leben eingenommen hatte, und Glorfindel besiegte den unbesiegten Alexandros mit Lächeln und sanfter Gewalt. Alexandros leistete keinen Widerstand und fragte sich insgeheim, weshalb Hephaistion dies noch nie bei ihm versucht hätte – und dass man da schleunigst was ändern müsste, wenn man erst mal wieder zu Hause wäre.


Kapitel 6: Eroberungen, Rückzüge, Niederlagen und Siege

Während Alexandros die süßeste Niederlage seines Lebens in vollen Zügen genoss und den blonden Elben zu Höchstleistungen anspornte, wollte er doch noch einmal und noch einmal – das, was Aristoteles als verwerflich angesehen hatte in den Lektionen seiner Jugend – ja, wenn Aristoteles doch nur GEAHNT hätte, dachte sein ehemaliger Schüler verzückt, als er erneut den Olympos erklomm und seufzend in den Armen Glorfindels lag – aber Aristoteles hatte nicht geahnt und seine Kenntnisse in Geographie waren weitaus beeindruckender als seine Kenntnisse in Biologie, wie Alexandros nun zur Kenntnis nahm, dachte der König der Makedonen bereits darüber nach, wie er weiter voranschreiten wollte.

Offenbar war er in eine unbekannte Welt gedrungen, auf ebenso seltsame Art und Weise, und dies konnte doch nur bedeuten, dass es etwas zu erobern gab!

Wenngleich er momentan eher selbst erobert worden war, so gediehen in seinem Feldherrenhirn bereits weitere Pläne. Jedoch würde man die Herren Aragorn und Eomer so schnell nicht von der Notwendigkeit eines Bündnisses überzeugen können, sie sahen sehr kriegsmüde aus.

Und müde war auch Alexandros, nachdem Glorfindel ihn ein weiteres Mal beglückt hatte – das wievielte Mal vermochte der Makedone nicht zu sagen, auf jeden Fall schien der Elb tatsächlich über übermenschliche Kräfte zu verfügen und Glorfindel lächelte fast so sanft wie ganz zu Beginn ihrer Begegnung, als Alexandros in seinen Armen einschlief.


Der Herr Eomer hingegen fand in seinem Bette einen strategisch sehr bewanderten Gefährten vor, der über Künste verfügte, die er bei einem Menschen nicht unbedingt erwartet hätte, eher bei einem Elben, und einen von denen kannte er ja ziemlich genau, aber Hephaistion stand Glorfindel in manchen Dingen nicht nach. Was Eomer besonders entzückte war, dass der Chiliarch des Königs nach der ersten geplanten Niederlage den Spieß umdrehte und zu kämpfen begann. In der Tat hatte Hephaistion Morgenluft gewittert und nach kurzem heftigen Handgemenge war der blonde Pferdeherr besiegt und verwundert und kam alsbald in den Genuss einer deftigen Eroberung, die er mehr zu schätzen wusste als er zunächst äußern mochte, doch dann wurde vermutlich ganz Minas Tirith Zeuge seiner Lust.

Hephaistion lächelte und fragte sich insgeheim, warum er das bei Alexandros noch nie versucht hätte - und dass man da schleunigst was ändern müsste, wenn man erst mal wieder zu Hause wäre.


Und Eomer lächelte und fragte sich insgeheim, warum Glorfindel dies noch nie bei ihm versucht hätte – und dass man da schleunigst was ändern müsste, wenn Glorfindel endlich wieder in seinem Bette wäre.


Sie verstanden sich gut, der Pferdeherr und der Gefährte des Königs. Nach einvernehmlichem Unentschieden stand Eomer auf, nur mit einem Laken bekleidet, und schlich sich in die Küche, um etwas Met oder Bier zu holen, damit er mit seinem neuen Freunde auf die gute Nacht anstoßen konnte.

Dabei kam er unvermeidlicherweise an dem Schlafgemach seines Gastes Alexandros vorbei und spähte neugierig in das Schlüsselloch.

Friedlich lagen die beiden Arm in Arm im Bett und waren offenbar in tiefen Schlaf gefallen. Bagoas konnte nirgendwo erkannt werden – Eomer grinste und unterdrückte einen kurzen und heftigen Eifersuchtsanfall – schließlich wartete in seinem Bett Hephaistion auf ihn, also, was sollte es - , aber dennoch – er war kurz davor die Klinke herunter zu drücken, SEINEN Elben aus dem Bett zu zerren und ihm eine gehörige Lektion zu verpassen. Eomer schüttelte den Kopf, dachte noch einmal an Hephaistion und die vergangenen Stunden und beschloss, Glorfindel den König zu gönnen. Diese Nacht nur. Nächste Nacht würde der Elb gefälligst in seinem Bett zu sein haben! Und Hephaistion am besten auch noch. Eomer grinste wieder bei der Vorstellung, mit beiden das Bett zu teilen. Wie auch immer – er hatte Durst.

Er kam mit einer großen Kanne Bier und zwei Bechern zurück in das Bett, in dem bereits jemand lächelnd auf ihn wartete.

Dann führten die beiden Männer ein Gespräch, bei dem Hephaistion dämmerte, WIE sehr sie sich verirrt hatten. Sie waren schlicht und ergreifend in einer anderen Welt gelandet.

Doch Eomer wusste Rat.

„Euch kann geholfen werden!“ sagte er. „Am Morgen werde ich sofort Gandalf den Weißen konsultieren. Er ist ein großer Zauberer und wird euch wieder dorthin zaubern, wo ihr her kamt. Falls ihr das wünscht.“ Eomer warf Hephaistion einen dezent schmachtenden Blick zu. ‚Du kannst auch gerne hier bleiben’, dachte er, ‚wir können auch deinen König samt Heer wieder verfrachten.... aber du kannst gerne hier bleiben, mit Glorfindel, das krieg ich schon hin...’ ‚Ich glaube, ich würde lieber jetzt als morgen wieder gehen’, dachte hingegen Hephaistion, ‚wenn der mich noch länger SO ansieht, bleib ich bei dem im Bett und rühr mich nie wieder auch nur einen Meter...’

„Ich werde gleich in aller Frühe mit Alexandros darüber sprechen!“ sagte Hephaistion mit fester Stimme und kippte den Becher Bier in einem Zug herunter, um ihn dann einfach fallen zu lassen und Eomer unter sich zu begraben.




Derweil konnten Eowyn und Arwen nicht genug bekommen von ihrem prachtvollen Knaben, der sich als Nicht-Elb gezeigt hatte, fehlten ihm doch die spitzen Ohren, aber da ihm anderes auch fehlte, konnte er den Damen nicht gefährlich werden und dies wurde heftigst und ausführlich ausgenutzt. Während immer eine andere der beiden Bagoas’ Möglichkeiten ausschöpfte, streichelte und koste die andere die jeweils mit dem Eunuchen Beschäftigte, so dass alle auf ihre Kosten kamen.

Am Ende der Nacht war die Entscheidung gefällt: Bagoas würde nicht mehr zurückgehen, falls irgendwer zurückginge! Bagoas müsste bleiben. Weder Arwen noch Eowyn könnten im Haushalt auf solch eine wertvolle Hilfe verzichten. Man müsste in diplomatische Verhandlungen treten – aber Bagoas, so war entschieden, müsste hier bleiben! Für immer!


Kapitel 7: Hin und wieder zurück!?


Es war beschlossen, kaum hatten die Viere mit Gandalf dem Weißen gesprochen: Das ganze makedonische Heer sollte zurück dorthin, woher es gekommen war.

Bedauerlich, wie Eomer und Glorfindel insgeheim dachten, hatten sie in dieser Nacht ihre Gäste doch sehr lieb gewonnen, aber auch beruhigend, hatten sie in dieser Nacht ihre Gäste eben SEHR lieb gewonnen. Es würde besser sein, wenn diese beiden so schnell wie möglich wieder in ihre Welt zurückkehrten. Der Elb lächelte seinen Liebsten an und drückte verstohlen Eomers Hand, während Eomer heimlich Hephaistion einen letzten schmachtenden Blick zuwarf, der von Alexandros aufgefangen wurde, der heimlich Hephaistion einen Finger in unangenehmer Art und Weise in den Rücken bohrte.

Gandalf räusperte sich.

„Nun gut“, sagte er, „ich weiß den Zauber und er hat nur einen Haken: Ihr könnt nur paarweise Mittelerde wieder verlassen. Wer von euch möchte als Erste?“

Alexandros trat vor und hob die Hand. „Ich als König der Makedonen und Asien werde als Erster gehen, begleitet von meinem Chiliarchen Hephaistion!“

Hephaistion sah wenig begeistert drein, senkte aber gehorsam den Kopf und trat an die Seite seines Geliebten. „So sei es...“ sagte er feierlich, dann warf er Eomer einen mehr als bedauerlichen Blick zu.

Und kehrte um, um dem Pferdeherren noch einmal herzhaft um den Hals zu fallen und ihm einen tiefen Kuss zu geben.

Alexandros bemühte sich um Fassung, aber Glorfindel rettete die Situation, indem er vortrat und mit dem makedonischen König in etwa das tat, was Hephaistion mit Eomer tat.

„Lebe wohl, blonder König!“ flüsterte der Elb und strich ein letztes Mal über Alexandros’ Locken.

Gandalf räusperte sich.

„Wenn wir euer ganzes Heer wieder zurückschicken, dann muss das nun ein wenig schneller vonstatten gehen. Alexandros, Hephaistion – fasst euch an den Händen und sagt Namarie!“

Und während die beiden Makedonen ein letztes Mal auf ihre neuen Freunde sahen, bewegte Gandalf den Zauberstab und sprach laut einen Zauberspruch, jedoch setzte sich eine Fliege auf seine Nase und er nieste, während er die Formel aufsagte, er unterbrach sich kurz und setzte sie fort.

Und auf wundersame Art und Weise waren Alexandros und sein Freund verschwunden und Gandalf lächelte und setzte die Prozedur fort, bis das ganze Heer wieder aus Mittelerde weggezaubert war.



„Sie haben das östliche Meer erreicht!“ war Alexandros’ erster Satz, als er mit Hephaistion am Strand inmitten eines Zeltlagers wieder erwachte.

„Ja, sieht so aus, mein Alexandros... bald werden wir wieder in Ägypten sein, denn wir werden vom östlichen Meer aus auf dem Nil zurück gelangen, in die Heimat!“ Hephaistions Augen glänzten beim Gedanken an Ägypten und auch beim Gedanken an Pella, denn es verlangte ihn sehr danach, die Apfelgärten seiner Kindheit und Jugend wieder zu betreten und all die Plätze, die sie damals vor langer Zeit verlassen hatten, um ihr Abenteuer im Osten zu suchen.

„Keine Wachen...“ stellte Alexandros fest, als er mit Hephaistion zum größten Zelt schlich. „Besser so, wir warten, bis der Rest hier ist, dann werden wir uns am Morgen zu erkennen geben.“

Vor dem großen Zelt zögerte Alexandros und Hephaistion zögerte auch.

Beide wollten diese Nacht alleine sein, um über einiges nachzudenken und ihren Erlebnissen noch einmal getrennt nachhängen.

Keiner war enttäuscht, als man sich vor dem Zelt des Königs verabschiedete, einen Gutenachtkuss gab und dann getrennten Weges weiter ging; Hephaistion nahm an, dass das kleinere Zelt neben dem König das Seine wäre.

Als er es betrat, stellte er fest, dass das Zelt besetzt war.

Ein blonder junger Mann sah ihn mit großen Augen an, stand auf und fragte auf Griechisch: „Wer bist du?“

Im Königszelt starrte Alexandros mit offenem Mund auf eine unglaubliche Szenerie, die sich ihm darbot. Er fand keine Worte für das, was er sah.


Kapitel 8: Dichter dichten


Hephaistion sah den blonden jungen Mann abschätzend an. Er kannte ihn nicht. Er war auch viel zu jung, um hier zu sein – er war kein Perser und er war für einen Griechen zu jung.

„Gegenfrage: Wer bist du?“ fragte Alexandros’ Gefährte und der junge Mann antwortete sogleich: „Patroklos.“

„Patroklos!“ Hephaistion sprach den Namen ehrfürchtig aus. „Welch berühmter Name! Es ist eine Ehre, diesen Namen tragen zu dürfen. Weißt du, wer vor dir so hieß?“

Patroklos schüttelte den Kopf.

Hephaistion überlegte, ob er einen Vortrag über Homer und die Ilias beginnen sollte, mäßigte sich aber, da er eh dazu neigte, lange dozierende Reden zu halten, und fragte stattdessen weiter: „Und ihr habt also das östliche Meer erreicht?“

Patroklos sah Hephaistion verständnislos an. „Was für östliches Meer?“

„Na, das hier draußen!“ Hephaistion zeigte vor das Zelt, dort, wo sich in einigen Metern das Meer anschloss, man konnte es sogar hören.

„Ähm...“ Patroklos räusperte sich. „Wir sind über dieses Meer hier her gelangt.“

„Ah.“ Hephaistion lächelte. Wie unbedarft dieser Junge war. Und welchen Namen er trug. Allein der Name brachte ihm einen Pluspunkt ein, egal, wie dumm er war. Oder vielleicht sogar in einer der heftigen Schlachten wahnsinnig geworden? Wer weiß das schon, so manchen hat der Wahnsinn ereilt, sogar den gewaltigen Ajax vor Troja, erinnerte sich Hephaistion.

„Patroklos.“ Irgendwie konnte Hephaistion den Namen gar nicht oft genug aussprechen. Wie oft hatte ihn sein königlicher Geliebter so genannt! Ja, er war für Alexandros wie Patroklos für Achilles – ein treuer, hingebungsvoller Geliebter, der alles für seinen Herren und Meister tun würde und sogar noch mehr, wie er nach dem Ausflug in Eomers Arme schmunzelnd sich selbst eingestand.

Patroklos nickte nur, als Antwort, dass er gehört habe, dass sein Name geäußert wurde. Dann wiederholte Patroklos seine Frage, zögerlich, doch er wagte es: „Und wer bist du?“

Hephaistion lächelte und stellte sich vor: „Ich bin Hephaistion, Amyntors Sohn, aus Makedonien.“

„Aus Makedonien?“ fragte Patroklos und Hephaistion zog seine Augenbrauen zusammen.

Es konnte doch nicht sein, dass der Junge Makedonien nicht kannte – die Heimat seines Königs!

„Ja, Makedonien, die Heimat Alexandros’!“ gab Hephaistion zurück und Patroklos zuckte sichtbar zusammen und zischte sofort: „Alexandros???? Dann bist du – ein – bei allen Göttern, wie bist du HIER her gekommen, du bist ein – ein Trojaner!!!“

Und Patroklos ließ einen Schrei los, den Hephaistion gerade noch dämpfen konnte, indem er herbeisprang und dem Jungen die Hand vor den Mund hielt. „Bist du irre?“ flüsterte Hephaistion nun, erregter. „Du weckst das ganze Lager auf!“ Patroklos versuchte sich zu wehren, doch gegen Hephaistion kam er nicht an. „Wieso soll ich ein Trojaner sein? Ich bin Hephaistion, der Chiliarch von König Alexandros, und ich...“

Schlagartig dämmerte es bei Hephaistion.

Alexandros.

Der Name des Paris.

Und Patroklos dachte, er sei ein – Trojaner.

Weil er –

Weil er –


Bei allen Göttern.

Hephaistion merkte, wie ihm die Knie nachgaben.

DAS hier war Patroklos?

Dieser zitternde Haufen junges Mensch?

Das hier war der große Held, der Liebhaber des Achill, der große berühmte Kämpfer? Sein großes Vorbild?

„Sei ganz ruhig, Patroklos. Ich lasse dich jetzt wieder los, ich bin kein Feind. Ich bin – ein Grieche, wenn es dich beruhigt. Ich glaube, ich weiß jetzt auch, wer du bist. Du bist Patroklos, der Geliebte des Achilles.“

Patroklos starrte ihn aus großen dunklen Augen an, als sich Hephaistions Hand wieder von seinem Mund wegbewegte.

„Geliebter? Oh nein, ich bin sein Cousin!“

Nun war es an Hephaistion zu starren.

„Du bist sein Cousin? Nicht sein – Liebster?“

Patroklos lachte kurz auf. „Aber nein! Wer hat dir denn so etwas erzählt? Ich bin der Cousin des Myrmidonenführers. Sein Liebhaber? Wohl kaum. Ich weiß etwas, Gerüchte... aber ich muss schweigen, sonst darf ich nie kämpfen. Er lässt mich nicht, sagt, er hat Angst um mich, ich wäre noch nicht so weit. Ich habe kein einziges Mal mitgekämpft! Ich muss hier bleiben und seine Waffen sauber machen.“

Hephaistion dachte kurz an die Schriftrolle, die Alexandros immer unter seinem Kopfkissen zu liegen hatte. Die Ilias des Homer. Lügengeschichten, nichts davon war wahr!

Wie wenig in Wirklichkeit wahr war, erfuhr gerade Alexandros im Zelte des Achilles.


Kapitel 9: Der Held und sein Überheld Teil 1

Alexandros traute seinen Augen nicht, und er bemühte sich so wenig wie möglich aufzufallen, um sich möglicherweise wieder unbemerkt herauszuschleichen, doch konnte er dies nicht, denn zu unglaublich war, was er sah.

In dem Zelt war ein großes Bett.

Und in dem Bett waren zwei große Männer.

Nichts Ungewöhnliches, redete sich Alexandros selbst ein, wenngleich ich diese beiden Männer nicht kenne und möglicherweise besser nicht kennen lernen möchte, doch scheinen sie beide griechischen Ursprungs zu sein, allein ihrem Aussehen nach, wenngleich –

BEI ALLEN GÖTTERN!!!

Alexandros starrte auf den Braungelockten, der unter dem Blonden lag und laut einen Namen rief, in höchster Ekstase.

Und Alexandros dachte, er habe nicht recht gehört, denn der Dunkelhaarige konnte unmöglich gerade „ACHILLES!!!“ gerufen haben!

Sicherlich ein Scherz seiner Mannen, dachte Alexandros, war doch allgemein bekannt, dass er sich gerne mit Achilles verglich, seine Mutter ihre Abstammung auf den Peliden zurückführte und Hephaistion gerne mit Patroklos angesprochen wurde.

Jeder würde sich noch an die Landung in Troja erinnern, als Alexandros und Hephaistion den beiden Heroen des trojanischen Krieges Tribut gezollt hatten, nackt um deren Grab gelaufen waren und ihnen eine Locke ihres Haupthaares geopfert hatten.

Warum sollten ihn seine Mannen jetzt nicht damit aufziehen?

Jedoch –

Diese beiden kannte er nicht, sie waren ihm sogar gänzlich und vollkommen unbekannt.

Und dann in diesem Zelte, zweifelsohne SEIN Zelt, das Zelt des Königs! Unglaublich. Zeit, dass er mal aufräumte hier in seinem Heer!

Alexandros beschloss sich bemerkbar zu machen und hustete auffällig unauffällig.

Mit unglaublicher Geschwindigkeit war der blonde Mann aufgesprungen und hielt dem makedonischen König von ganz Asien seinen Dolch unter den Hals.

„Da du dich so bemerkbar machst, wird es Zeit, dich zu begrüßen!“ zischte der Blonde, der von dem anderen mit dem Kosenamen Achilles angesprochen worden war, und der Braune zog ein Laken über seine Blöße und grinste beifällig.

„Ich... ich...“ stotterte Alexandros, nicht der Sprache mächtig, und der Blonde lächelte, das Lächeln eines Siegers. „Etwas verlegen, schöner Mann? Hast du dich im Zelt verirrt? Wie darf ich dich nennen?“

Alexandros atmete auf. Nun würde sich jeglicher Irrtum aufklären, wenn der Mann seinen Namen hören würde, wäre eine Entschuldigung fällig und sein Zelt würde endlich geräumt werden, auf dass er in Ruhe die Schrecken der letzten Tage – und die Freuden, dachte Alexandros innerlich lächelnd, als er an Glorfindel dachte – verdauen könnte.

Mit stolz und mutig gerecktem Kinn antwortete Alexandros daher in seiner üblichen Manier:

„Alexandros!“

„Alexandros?“ fragte der Blonde sichtlich irritiert und warf dem Braungelockten einen fragenden Blick zu. „DAS ist also dein Bruder? Und der wagt sich hier her, nach allem, was er angerichtet hat?“

„Aber nein!“ antwortete der andere Mann und schüttelte den Kopf. „DAS ist nicht mein Bruder! Der verkriecht sich sicherlich bei meinem Vater in der Burg. Aber dennoch besser, er weiß nicht, dass ich hier bin.“

Alexandros sah verwirrt von einem zum anderen.

„In der Burg? Wo ist hier eine Burg?“ fragte er, und der Blonde drückte den Dolch ein wenig fester in seinen Hals, zur Drohung.

„Du Spitzel solltest das doch wissen, wo die Burg ist. Oder woher kommst du, wenn nicht aus der Burg? Wer hat dich geschickt?“


Kapitel 10: Der Held und sein Überheld – Kapitel 2 oder: Warum Achilles wirklich der Göttliche genannt wurde oder: Göttersöhne mal unter sich


„Geschickt?“

Alexandros sah sich noch einmal um, von einem zum anderen, vom anderen zum einen, soweit er sich umsehen konnte mit dem Dolch an seinem Hals.

„Sprich rasch! Was bezweckt dein Auftauchen hier, wenn du kein Spitzel sein solltest? Ich kenne dich nicht, du sprichst ein seltsames Griechisch, ich verstehe jeden Trojaner besser als dich, also was willst du hier? Was ist so wichtig, dass du den göttlichen Achilles störst bei seiner abendlichen Entspannung?“

Bei diesen Worten grinste der Braungelockte wieder und Alexandros schluckte so laut, dass die beiden Männer es gut hören konnten.

„Ich dachte, das sei MEIN Zelt... ich meine... ich bin der König...“

Lautes Gelächter aus zwei Kehlen, Achilles ließ den Dolch fallen und hielt sich den Bauch vor Lachen.

„Der König ist gekommen, oh, Hektor, hast du DAS gehört? Dieses Kerlchen hier – ist der König! Oh, lasst uns niederfallen und uns vor dem mächtigen König verbeugen, wie ist dein Name? Alexandros? Der ist wahrhaftig noch witziger als dein Brüderchen. Hektor, wir werden noch viel Spaß haben hier!“

‚HEKTOR?’

Alexandros’ Gehirn arbeitete fieberhaft.

Achilles?
Hektor?
Troja?

Wo um alles in der Welt – war er hier?

Nach Achilles’ gewaltigem Lachanfall sprach er mit deutlich leiserer Stimme und fragte: „Achilles – das bist du? Und er – ist Hektor? Und wir sind – vor Troja? Darf ich wissen, wer der König der Griechen ist?“

Diese Fangfrage würde alles klären, dachte Alexandros und Achilles lachte erneut, dann spuckte er den Namen aus wie den Namen eines widerlichen Insektes: „Agamemnon nennt sich der Tropf. Wegen ihm und wegen seinem lächerlichen Bruder Menelaos sind wir alle hier. Sein Bruder hier hat die schöne Helena entführt, Weiberkram, sag ich, und deswegen schlagen wir uns hier alle die Köpfe ein. Tatsache ist aber, dass die beiden Könige scharf auf Troja sind und nicht ruhen werden, bis hier alles eingeäschert ist. Er hier hat keine Lust da drauf und ich auch nicht mehr, du erwischt uns gerade Recht, wir werden bald unsere Zelte hier abbrechen und zurück segeln nach Phthia. Er hier kommt mit, das ist nur gerecht – sein Bruder entführte Helena und ich entführe ihn dafür. Abgesehen davon kommt er nur zu gerne mit, stimmt’s, Hektor?“

Der Braungelockte nickte zustimmend und schlang das Laken um sich. Sein enttäuschter Gesichtsausdruck ließ darauf schließen, dass er erwartet hatte, dass der Eindringling schneller von seinem Liebhaber abserviert werden würde, doch da das nicht der Fall war, stand er auf und räusperte sich.

„Ich sehe mal kurz nach Patroklos!“ vermeldete er und wurde von Achilles mit einer leichten Kopfbewegung entlassen.

Nun waren sie alleine – der König Alexandros von Makedonien und Asien und der sagenhafte Führer der Myrmidonen – Achilles von Phthia.

Und Alexandros zitterten die Knie.

Das konnte doch alles nicht wahr sein!

In der Ilias stand doch –

Hektor und Achilles...

Und was war mit Patroklos?

Die Frage erstarb ihm auf den Lippen, als Achilles ihn angrinste und in seine langen blonden Locken fasste.

„Und nun zu uns, Alexandros. Du gefällst mir. Du gefällst mir außerordentlich gut. Du bist ein bisschen klein* geraten, aber sonst könnte man fast Ähnlichkeiten zwischen uns feststellen**. Mir gefallen Männer, die mir ähnlich sind. Hektor ist eigentlich gar nicht die Art Mann, die ich mag – mir zu unähnlich – doch er ist was Besonderes. Ich werde ihn mitnehmen, wenn ich abreise. Den geb ich nicht mehr her. Aber das hindert mich nicht daran, jetzt ein bisschen Spaß mit dir zu haben, Alexandros. Zieh dich aus!“

Alexandros zögerte, denn er hatte einen Blick auf Achilles geworfen, der in voller Pracht vor ihm stand.

Wahrhaft göttlich, dachte er bei sich, und das ließ ihn zögern.

Doch Achilles schien keine Geduld zu haben – ihm durchaus ähnlich! – und nahm den Dolch und zerschnitt Alexandros’ Gewand in Fetzen! ***

Bevor Alexandros auch nur denken konnte, war er in der gleichen Position, in der er Hektor bei seinem Eintritt in das Zelt des Achilles vorgefunden hatte, und in ähnlicher Stimmlage schrie er einige Augenblicke später ebenfalls: „ACHILLES!!!!“


Kapitel 11: Der Held und sein Antiheld


Als Hektor das Zelt des Patroklos betrat, fand er einen weiteren unbekannten Gast vor.

Patroklos unterhielt sich gerade angeregt mit einem dunkelhaarigen Mann, der ein ebenso schlechtes Griechisch sprach wie der Fremde in Achilles’ Zelt, also vermutlich zu diesem gehörte.

Beim Anblick von Hektor verstummten beide kurz und Patroklos stand auf, um Hektor zu begrüßen.

Die beiden waren offensichtlich sehr vertraut miteinander und Hephaistion überlegte, wer der Mann sein könnte, und er überlegte genau so lange, bis Patroklos seinen Namen aussprach:

„Hektor, darf ich dir vorstellen – dies ist Hephaistion, der Chiliarch des Königs Alexandros – wer auch immer das sein mag...“ fügte er hinzu und Hektor lächelte, als er näher kam und Hephaistion die Hand entgegenstreckte. „Mit Alexandros habe ich bereits Bekanntschaft gemacht – und wie ich hörte, hat er ebenfalls schon nähere Bekanntschaft mit meinem Liebhaber gemacht. Sie sind sich recht ähnlich, die beiden.“

Hephaistion starrte Hektor an und in seinem Hirn formierten sich sperrigste Gedanken.

‚Dies ist alles ein gewaltiger Betrug!’ dachte er, ‚da will uns irgendjemand einen unglaublichen Streich spielen und uns weis machen, wir seien hier in Troja, und Patroklos sei nur ein eben grad mal erwachsener Knabe, und Hektor hier im Lager der Griechen, vollkommen unsinnig, vermutlich erzählt er jetzt gleich, dass im Nebenzelt Achilles ist und mit Alexandros Wein trinkt – lachhaft, einfach nur lachhaft!’

Hektor lächelte auf die ihm eigene unwiderstehliche Art und Patroklos zog sich zurück, verließ das Zelt, ohne dass Hektor auch nur ein Wort an ihn gerichtet hatte – einzig ein Schlag seiner Wimpern hatte genügt, dass der junge Mann gehorchte und ging.

„Ich verstehe deine Verwirrung, Hephaistion. Aber es ist so, ich weiß, dass Alexandros daran
zweifelt, wo er ist, doch ich glaube, Achilles hat ihn überzeugt, so dass er weiß, wo er ist. Möchtest du es wissen? Er ist momentan gerade UNTER Achilles, und es gibt wahrhaft Schlimmeres im Leben, ich muss es wissen!“

Hektor lachte nun und seine braunen Augen zwinkerten leicht anzüglich.

„Ich weiß allerdings immer noch nicht, wo ihr beiden hergekommen seid. Alexandros behauptete, er sei ein König, doch wenig königlich sah er aus, als er kam – nicht zu vergleichen mit König Agamemnon, König Menelaos oder König Odysseus und schon gar nicht mit meinem Vater, König Priamos von Troja. Und ihr sprecht unsere Sprache, wenngleich einen seltsamen Bauerndialekt. Also kläre mich auf, Hephaistion, so ist dein Name, nicht wahr?“

Hephaistion fühlte sich immer noch auf den Arm genommen, beschloss aber, dies nicht allzu öffentlich kund zu tun, man wusste nie, wer hinter dem Streich steckt und warum man ihnen das antat, also antwortete er förmlich: „Wir sind Makedonen. Alexandros ist der König der Makedonen, der Sohn des Philippos. Wir haben gegen die Perser gekämpft und gegen Sauron.“

‚Letzteres hätte ich nicht sagen dürfen’, schalt sich Hephaistion gleich selbst, denn das war auch nicht so ganz geheuer, und vermutlich würden sie IHN jetzt für verrückt halten.

Hektor lächelte und Hephaistion war klar, dass er kein Wort geglaubt hatte, kein einziges.

„Ja, die Perser. Und Sauron. Allerdings. Und du bist nett anzusehen, Hephaistion. Wie wäre es, wenn du ein wenig deiner sperrigen Rüstung ablegst? Nur, damit es gemütlicher ist. Wir könnten ein wenig Wein miteinander trinken, so lange wie dein König unter meinem Freund ist. Wir werden dann sicherlich schon merken, wenn sie wieder ansprechbar sind. Also, mein Freund aus – wie heißt dein Land, Makedonien? Wie auch immer. Mach es dir angenehm hier. Zieh dich aus.“

Klang es nur anzüglich oder war es anzüglich?

Hephaistion runzelte seine Stirn, als er seinen Brustpanzer auszog.

Hektor stand auf und schloss seine Arme um ihn.

„Wir sollten uns näher kennen lernen, findest du nicht auch?“ fragte er und bevor Hephaistion antworten konnte, lagen feste, sinnliche Lippen auf den seinen.


- wird fortgesetzt -



* der Überlieferung nach war Alex SEHR klein! Aber oho, wie wir alle wissen.

** Alex ahmte Achilles so gut er konnte nach und betonte Ähnlichkeiten. So sprang er beispielsweise auch wie sein großes Vorbild beim Landen an Trojas Gestaden in voller Montur aus dem Schiff und rammte seinen Speer in den Strand. Und der Löwe war sein Lieblingstier, das er auch äußerlich versuchte nachzumachen: man denke an seine „Löwenmähne“, mit der er auf jedem Bild und jeder Statue dargestellt ist! Achilles’ Spruch von den Löwen ist ja legendär – woher also hat es Alex wohl?

*** Alex’ Ungeduld ist am schönsten in der Legende vom Gordischen Knoten dokumentiert – ob die nun wahr ist oder nicht, ist eh egal, nett isse.

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