Titel: Schlagabtausch - The battle
Autor: Hephaistion


Hephaistions Augen sandten Blitze aus.

Das Maß war voll.

Vor seinen Augen hatte Bagoas einen Tanz aufgeführt, der eher in ein persisches Bordell denn in eine Versammlung von Staatsgästen gepasst hätte, halbnackt und anzüglich, und Alexandros hatte den Eunuchen mit Blicken fast ausgezogen. Am Ende des Tanzes winkte der König Bagoas zu sich und küsste ihn leidenschaftlich, lange, lustvoll und für Hephaistions Geschmack obszön.

Das war zu viel, definitiv!

Er hatte genug mit angesehen.

Weiber, Knaben, Eunuchen... bis jetzt ging alles ja recht diskret vonstatten, aber so öffentlich blamiert hatte sich sein Liebhaber noch nie. Es war Zeit, ihn zur Rede zu stellen.

„Bei allen Göttern, Alexandros! Was tust du hier?“ fragte Hephaistion den König, nachdem er sich wieder gesetzt hatte und einen Becher Wein hinuntergestürzt hatte.

„Ich amüsiere mich, Hephaistion. Was dagegen?“ gab Alexandros zurück und ließ sich den Becher neu nachschenken.

„Wir müssen reden, jetzt gleich!“ zischte der Freund des Königs und Alexandros sah ihn ungnädig an. „Jetzt gleich? Hier?“

„Nein, lass uns rausgehen. Ich möchte nicht hier mit dir reden, aber ich möchte Schlimmeres vermeiden. Lass uns hier verschwinden. Wir kommen ja wieder, aber es muss jetzt sein.“

Alexandros zog die Augenbrauen zusammen. „Du bist eine Plage, Hephaistion! Du bist schlimmer als meine Mutter!“ sagte er unwirsch und erhob sich dann, um seinen Gästen zuzuprosten, Bagoas noch einmal eng an sich zu ziehen, ihm einen Kuss auf die Lippen zu drücken, eine Hand unter den Lendenschurz zu schieben und Hephaistion angrinsend sich den Becher erneut füllen zu lassen.

Hephaistion wartete, doch Alexandros’ Lächeln wurde provozierender.

Er setzte sich wieder.

„So, was nun, Hephaistion? Ich gehorche dir nicht. Sprich laut aus, was du zu sagen hast – hier!“

Hephaistion atmete laut aus.

„Nun gut, mein König, du willst es nicht anders, ich werde dir gehorchen. So höre! Bist du vollkommen verrückt geworden, Alexandros? Wie führst du dich auf? Du küsst diese persische Schlampe auf den Mund, als ob du sie gleich vor versammelter Mannschaft flachlegen wolltest und trinkst den Wein ungemischt!“

Alexandros lachte.

Bagoas warf Hephaistion einen tödlichen Blick zu.

„Was genau stört dich daran, Hephaistion? Würdest du mir dies einmal spezifizieren?“

Hephaistions blaue Augen leuchteten vor Zorn. „Alles! Es stört mich, dass es IHN gibt, es stört mich, dass er mich aus deinem Bett verdrängt hat, es stört mich, dass du ihn öffentlich abknutscht – was du mit mir nie tatest! -, es stört mich, dass du säufst wie ein Loch, es stört mich, dass-"

„Und mich stört, dass dich so viel stört!“ unterbrach Alexandros Hephaistion und hob den Becher. „Trinkt mit mir, je mehr ihr trinkt, desto weniger stört euch. Auf Dionysos! Auf die Zufriedenheit!“

Hephaistion schlug Alexandros den Becher aus der Hand, bevor dieser ihn zum Mund führen konnte. Sofort eilte Kleitos herbei und hielt Hephaistion an den Schultern zurück, während Ptolemaios bei Alexandros war und diesen auf dem Platz zurückdrängte.

„Aufhören, um der Götter willen!“ zischte Ptolemaios und Kleitos zog Hephaistion weiter weg vom König.

„Bist du vollkommen wahnsinnig geworden, Phaistion?“ flüsterte Kleitos aufgeregt und versuchte den Ersten General aus dem Raum zu schaffen, doch Hephaistion riss sich los und stürmte zurück auf Alexandros zu.

„Du Bastard!“ schrie dieser und warf den vollen Becher Richtung Hephaistion. Der Wein bespritzte dessen rote Tunika, seine Haare und sein Gesicht. Wütend wischte Hephaistion den Wein mit seinem Ärmel ab.

„Ich bin ein Bastard? Nun gut, mein König, dann bin ich ein Bastard. Der Bastard, der gut genug war, jahrelang, dein Bett zu teilen, bis du anfingst, es mit eierlosen Knäbelein zu bevölkern. Ich, Alexandros, ich bin ein Mann, aber du, du brauchst Weiber und Eunuchen, damit du dich stark fühlst, nicht wahr? Du hast mich verschmäht, und soll ich dir sagen, warum? Weil du Angst hast, dass ich dir deine Grenzen zeigen könnte!“

Alexandros’ Augen spieen Blitze. „Grenzen? Soll ich dir sagen, weshalb du aus meinem Bett geflogen bist? Weil ich keine Lust habe, im Samen meiner Generäle zu baden, wenn ich dich vögel! So sieht es aus, mein Hephaistion!“

Kleitos war nicht schnell genug, Hephaistion davon abzuhalten, auf die Schale mit dem Obst zuzugreifen und einen Apfel an Alexandros’ Kopf zu werfen.*

„Du undankbarer Dreckskerl!“ fluchte Hephaistion. „Du weißt ganz genau, dass ich im Gegensatz zu dir nicht in der Gegend herumhure!“

Alexandros nahm den Apfel und spuckte drauf. „Oh nein, du hurst nicht in der Gegend herum, ganz richtig. Du lässt dich nur vom Besten flachlegen, nicht wahr? Und streite nicht ab, dass du mit Kleitos schläfst, ich WEISS es!!!“

Hephaistions Gesicht wurde puterrot, besagter Kleitos versuchte erneut, Hephaistion fest zu halten, wofür er einen Hieb in die Magengrube und einen Tritt gegen das Schienbein kassierte. „Lass mich das gefälligst selbst austragen!“ zischte Hephaistion und Kleitos presste die Lippen zusammen und trat zurück.

Die Gäste begannen die Bänke zu verlassen und Alexandros sah sich um. „Bleibt hier!“ rief er. „Unser kleiner Disput ist sicherlich bald beendet!“

„Ist er NICHT!“ fauchte Hephaistion jetzt und Alexandros lächelte immer noch. „Nun gut, du scheinst es so zu wollen- “ Er kam nicht weiter, denn Hephaistion packte Alexandros am Ärmel und zog ihn von seinem prunkvollen Stuhl hoch. „Raus mit dir, du undankbares Stück! Und ihr- “Hephaistion sah in die Runde und keiner wagte den beiden nahe zu kommen – „Ihr haltet euch raus! Alle weg, los, verschwindet, geht uns aus dem Weg, das ist eine Sache zwischen Alexandros und mir, nicht zwischen dem König und seinem General. Das ist UNSER Streit. Ihr habt NICHTS damit zu tun, lasst uns in Frieden!“

Ptolemaios hob abwehrend die Hände, Kleitos senkte den Kopf, schüttelte ihn kaum sichtbar, Nearchos zuckte mit den Schultern, Krateros verzog seinen Mund in Ablehnung, aber niemand griff ein, als Hephaistion Alexandros nach draußen zerrte.

„Bist du jetzt endgültig dem Wahn verfallen?“ fluchte Alexandros, der sich dem harten Griff des wütenden Hephaistion nicht entziehen konnte.

„Nicht mehr als du, mein Alexandros, nicht mehr als du!“

Hephaistion ließ seinen Freund los und starrte ihn voller Zorn an. „Du machst MIR einen Vorwurf daraus, dass ich mit Kleitos schlafe, wo DU selbst Dutzende von Liebhabern und Huren hast? Kleitos ist ein edler Mann, das weißt du, er ist dir wie ein Vater, und er gibt mir etwas, was DU mir in den letzten Jahren nicht mehr gegeben hast, mein Freund – nämlich einen Arm in der Nacht und Beistand in der Einsamkeit! Während DU herumhurst, auf alles draufgehst, was sich bewegt und lange Haare hat! Schämst du dich nicht, Alexandros? Was ist aus dir geworden? Ein Hurenbock! Du bist der Hengst Asiens, willst du den ganzen Kontinent in deinen Saft tauchen?“

„Wie KANNST du es wagen, du Soldatenflittchen?“

Alexandros’ Augen traten fast aus ihren Höhlen bei Hephaistions Worten und er packte nun seinerseits den Freund seit Kindertagen am Kragen. „Ich verlange, dass du deinen Arsch bei dir behältst! Du hast nicht herumzuficken hier, ist das klar, du geschminkte Hure? Was ist denn aus dir geworden, mein Freund? Eine persische Kajalschwuchtel! Sieh dich an! Hast du noch Eier? Oder sind die dir verloren gegangen, während du damit beschäftigt warst, dich hübsch zu machen für deinen Stecher? Wieso erfahr ich das eigentlich nicht, wenn du dich von einem anderen ficken lässt? Oder fickst du ihn? Wohl kaum, sprach der Ochse, als man ihn melken wollte!“

„Und was ist an der Vorstellung so abwegig, Alexandros?“ Hephaistion machte sich frei und stieß hart gegen Alexandros’ Brust, so dass dieser einige Zentimeter nach hinten taumelte, bis er wieder festen Stand hatte. Hephaistion kam nach, stieß wieder zu. „Was ist daran abwegig? So weit ich mich erinnere, und – bei allen Göttern, es ist LANGE her! – warst DU derjenige, der für MICH die Beine breit gemacht hat und mich angefleht hat, meinen von dir ach so gepriesenen und nur ZU bereitwillig stundenlang vorher gelutschten Schwanz in deinen Arsch zu stecken! Erinnerst du dich? Meine Schenkel waren die einzigen, durch die du je besiegt wurdest, sagte sogar Demosthenes!* Woher diese Gerüchte, wenn alles so abwegig ist, wie du sagst?“

Alexandros holte aus und schlug Hephaistion mitten ins Gesicht, dieser wehrte den zweiten Schlag ab, indem er Alexandros am Handgelenk festhielt.

„Du kleines Drecksluder! Sieh dich an! Bei euch weiß jeder, der euch auch nur von hundert Stadien Entfernung sieht, wer unten liegt!“

„Ha, du gibst nicht auf, was?“ Hephaistion ließ das Handgelenk des Königs los und rempelte erneut, diesmal nahm er ein Bein zu Hilfe und Alexandros fiel rücklings zu Boden.

„Wo ist deine Deckung, du großer Feldherr? Wo ist dein Kriegsgeschick, wenn schon eine kleine Hure wie ich dich zu Fall bringt? Los, kämpfe, du Beglücker der Nation, kämpfe um deinen Arsch, denn bei Zeus, wenn ich gewinne, werde ich dich besteigen wie eine läufige Hündin und du wirst winseln und keuchen unter mir, wenn mein Schwanz dich besiegt! Und du wirst es nicht mehr gewohnt sein, denn ich glaube kaum, dass du von Bagoas oder Roxane mal ordentlich was reingesteckt bekommst!“

Hephaistion warf sich auf Alexandros, der durch den Wein und durch die Überraschung etwas irritiert war, und es begann ein erbitterter Kampf um die Vorherrschaft, den Hephaistion gewann, wie immer.

„Du wirst mich NIE besiegen, großer Alexandros!“ keuchte Hephaistion mit triumphierender Miene, drehte den König mit Gewalt auf den Bauch und spuckte sich in die Hand, dann schob er Alexandros’ Hose aus dünnem indischen Stoff herunter und vollzog, was er angedroht hatte. Alexandros versuchte sich zu wehren, doch Hephaistion war stärker und zwang ihm seinen Willen auf und schlussendlich gab Alexandros auf und überließ sich dem immer stärker werdenden Lustgefühl, einer Erinnerung, die nun wieder aufblühte, bis er schließlich heiß und glühend den Schaum Aphrodites ** in sich spürte.

Hephaistion biss noch einmal im Rausch seines Höhepunktes in Alexandros’ Schulter und sank dann auf diesem zusammen.

Blitzartig bäumte sich der König auf und schüttelte seinen Freund ab, packte ihn bei den langen braunen Haaren und bevor Hephaistion nachdenken konnte, war er in der gleichen Lage, in der sich zuvor Alexandros befunden hatte, und bevor er reagieren konnte, drang der blonde König in ihn ein. „Zu früh gefreut, Hephaistion! Nicht schlecht für einen versoffenen alten Hurenbock, was?“ stöhnte Alexandros und Hephaistion schloss seine Augen und grinste, nicht sichtbar für Alexandros. ‚Allerdings zu früh gefreut’, dachte er, ‚ich hätte nicht zu hoffen gewagt, dass ich DAS heute noch erlebe...’

Wenige harte Stöße reichten und Alexandros verströmte sich in seinem langjährigen Gefährten, dann sanken beide ineinander verhakelt und am Ende ihrer Kräfte in eine Umarmung. Alexandros strich Hephaistion die Haare aus dem Gesicht, Hephaistions blaue Augen blitzten, dann lachte er. „Kajalschwuchtel!“ stieß er unter Tränen aus, und Alexandros stimmte in das erlösende Gelächter ein. „Hurenbock! Also wirklich, Hephaistion...“ Der König nahm einen Zipfel seines Gewandes und wischte Hephaistions Nase ab, dann seine Lippe. Blutspuren waren erkennbar, und Hephaistion leckte sich kurz über die Lippen, dann beugte sich Alexandros über ihn und küsste ihn. „Du schmeckst wie immer, mein Freund... nach Dreck, Wein und Blut. Ich hab den Geschmack vermisst, Hephaistion... ich hab ihn sehr vermisst...“ „Ich deinen auch, mein Alexandros...“ Hephaistion erwiderte den Kuss und die beiden Männer umarmten sich wieder.

„Darf uns keiner finden jetzt, was?“ flüsterte Alexandros verschwörerisch und Hephaistion lachte. „Wir kehren jetzt zurück, jeder einzeln, und tun so, als hätten wir uns ganz böse gehauen!“ „Haben wir uns auch, Phaistion. Ganz böse. Wie früher, hm?“ „Wie früher.“ Hephaistion lächelte versonnen und strich über Alexandros’ Hand, an der immer sein Ring steckte. „Du wirst immer meine Sonne bleiben, Alexandros, das weißt du, nicht wahr?“ Alexandros nickte und küsste Hephaistions Stirn. „Und du wirst immer mein Patroklos bleiben, das weißt du, nicht wahr?“ „Ja, mein Achilles...“ Hephaistions Lippen trafen die Alexandros’ und dann formte sein Mund die unbegreiflichen Worte, die nur der versteht, dessen Herz das Gleiche fühlt.



* Dieser sagte es nicht wirklich, aber es würde gut passen, wenn dieser historisch übrigens belegte Spruch aus dem Munde des Demosthenes stammen würde, der – dies sei auch noch angemerkt – versucht hat, Alexandros zu beeinflussen, und zwar, in dem er HEPHAISTION (!) Briefe schickte! Interessant, was?

** ein Dank an Roger Peyrefitte für dieses Wort!

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