Titel: Das Schreibpult des Königs
Autor: AnimA


Faramir konnte nicht schlafen. Unruhig wälzte er sich von einer auf die andere Seite. Er legte sich auf den Rücken, wartete, versuchte an gar nichts zu denken, aber nein, es ging nicht, es gab keine Möglichkeit, den ersehnten Schlaf zu finden. Der Prinz von Ithilien setzte sich auf und entzündete die Kerze, die direkt neben seinem Bett auf dem hochbeinigen Nachttisch stand.

Dort, neben der Kerze lag auf dem glänzend polierten Holz ein kleiner Bogen, der anscheinend bereits oftmals aus seinem Versteck unter einem Hemd hervorgezogen worden war, die abgeknickten Ecken und die Einschlagfalten sprachen eine beredte Sprache. Der junge Mann griff nach dem Pergament, um zum wiederholten Male den kurzen Text zu lesen. Eigentlich kannte Faramir den Wortlaut inzwischen auswendig. Aber es beruhigte ihn auf eine seltsame Art, die  Buchstaben zu sehen, die sein König mit einer gut angespitzten Feder schwungvoll auf dieses Blatt gebracht hatte. Er kündigte darin seinen Besuch an. Kurz und knapp, in einer völlig sachlichen Art die Faramir mehr als nur ein bisschen irritierte.

Er dachte an die Stunden zurück, die Aragorn mit ihm in den Häusern der Heilung verbracht hatte. Hatte er sich die gegenseitige Zuneigung, die langsam entstehende Freundschaft zwischen sich und seinem König nur eingebildet? War dieser nur so fürsorglich gewesen, weil er, Faramir, ernstlich verletzt war? Nicht nur körperlich, sonder auch tief in seiner Seele fast tödlich getroffen? Hätte sich Estel, die Hoffnung der Menschen jedem anderen auch so zugewandt?

Farmir schüttelte den Kopf, um sich von diesen Gedanken zu befreien, die ihn doch nicht weiter brachten. Er musste abwarten, und in der Zwischenzeit alles für die Ankunft seines Königs vorbereiten. Bald schon würde er Aragorn wieder sehen, wieder in  diese tiefgründigen Augen sehen, die ihm so viel Frieden gebracht und gleichzeitig so viel Herzklopfen verursacht hatten.

 Nein, das stimmte so nicht, denn sobald er nur an den ehemaligen Dunedan dachte, beschleunigte sich sein Herzschlag, und er fühlte genau das selbe Schwindelgefühl, dass ihn  überwältigt hatte, als er Aragorn das erste mal, aus einer tiefen Ohnmacht erwachend, über sich gebeugt sah.

Farmir stand auf, und ging auf bloßen Füssen in den Raum, der neben seinem Zimmer lag, und von diesem durch eine Verbindungstür, genau wie auch durch eine Türe die zum Flur ging, zu erreichen war.

Dies sollte Aragorns Zimmer für die Dauer seines Aufenthaltes hier in Ithilien werden. Mitten im Zimmer stand, merkwürdig fehl am Platze wirkend, ein Schreibpult, dessen Schnitzereien eindeutig elbischen Ursprungs waren.

Dieses außergewöhnliche Möbelstück war mit dem Boten gekommen, der Faramir das Schreiben Aragorns überbracht hatte.

Faramir trat nahe an das edle Stück heran, und strich andächtig mit seinen Händen über die geschwungenen Linien, streichelte die edle Oberfläche. Er versuchte, sich Aragorn vorzustellen, wie er an diesem Pult stand, und Briefe schrieb, oder in üppigen Folianten las. Aber warum nur hatte sein König dieses Teil hier her geschickt?

Farmir versuchte ein Gähnen zu unterdrücken. Bald würde sein Herrscher hier eintreffen. Er sollte versuchen, noch ein wenig zu schlafen, um nicht zu übernächtigt seinem Gast gegenüber zu treten. Er warf einen letzten Blick auf das Möbelstück, dann ging zurück in sein Zimmer, um sich wieder hinzulegen.

Ithilien!! Aragorn atmete tief die reine Luft des Waldes, an dessen Grenze er gerade gekommen war. Der ehemalige Waldläufer stemmte die Füße in die Steigbügel, um das Land noch besser von seinem Ausguck überblicken zu können, der hoch oben an einem Felsenabschnitt lag. Sanft und lieblich lag das schöne Ithilien vor ihm ausgebreitet. Genau so sanft wie der Prinz der es regierte. Aragorn musste an das letzte Mal denken, als er Faramir gesehen hatte.

Es war schon eine geraume Zeit verstrichen seit seiner Krönung und der anschließenden Trauungsfeierlichkeiten mit seiner geliebten Arwen. Dort hatten sich all die Menschen und Elben, und auch Hobbits, an die zu denken ihm immer ein wehmütiges Lächeln auf die Lippen zauberte, und nicht zu vergessen Gandalf und Gimli, eben all die einzigartigen Wesen die es möglich gemacht hatten, den dunklen Herscher zu besiegen, zum letzen Mal gesehen.

Frieden war eingekehrt in das Land und in die Herzen der Bewohner Mittelerdes. Aber der Sieg über Sauron war erst der Anfang gewesen. Nun hieß es aufzubauen was der Dunkle zerstört hatte, weise zusammen zu fügen, was auseinander gerissen war, alte Freundschaften wieder zu beleben, uralt geschürten Hass beizulegen und Misstrauen langsam auszuräumen. Viel Arbeit für einen König, und noch sah Aragorn kein Ende seiner Aufgaben. Doch erste kleine Erfolge, zart noch wie Knospen im Frühjahr, ermutigten den Ziehsohn Elronds auf dem eingeschlagenen Weg weiter fort zu schreiten.

Wenn nur die zunehmende Müdigkeit und Erschöpfung nicht wäre. Es gab so viel zu tun, und er wurde immer schwächer. Auch auf diese Reise hatte er sich, ohne dass es sein geliebter Abendstern wusste, Verträge und Bittgesuche mitgenommen, die in seinen Augen keinen Aufschub duldeten. Und noch etwas sehr Wertvolles, das ihm hilfreich sein konnte, war wohlverwahrt mit in seinem Reisegepäck.

Arwen hatte ihm dringend geraten, zu dieser Reise nach Ithilien.

Aragorn hörte noch die sanfte Stimme des Abendsterns: “Faramir ist ein besonnener Mann, er wird sein Reich, das du ihm gegeben hast, weise führen. Geh zu ihm für eine Weile, sieh, wie sich in Ithilien alles zum Guten gefügt hat, und ziehe Kraft daraus. Vergesse für eine Weile die Arbeit die noch vor dir liegt, und erfreue dich an dem, was bereits in der kurzen Zeit erreicht worden ist. Es wird dir gut tun, und anschließend wirst du gestärkt zurückkommen können.“

Noch einen halben Tagesritt, dann würde er dem Sohn Denethors gegenüber stehen. Wie es dem jungen Mann wohl seit ihrem Abschied ergangen war? Waren die zahlreichen Wunden, körperlicher und seelischer Art verheilt? Hatte seine Heilkunst helfen können? Oder litt Faramir immer noch unter den Auswirkungen der Vergangenheit?

Aragorn hatte die halb erstickten Schreie des Heermeisters von Gondor nicht vergessen, der in entsetzlichen Alpträumen wieder und wieder die schrecklichen letzten Tage der Herrschaft seines Vaters durchlebte. Jedes Mal wenn Aragorn mit dem jungen Mann über diese Träume sprechen wollte, hatte Faramir so hastig das Thema gewechselt, dass der König nach einiger Zeit davon abgelassen hatte, über das Gespräch die Schrecken der Träume für Faramir erträglicher zu machen. Anstatt dessen hatte er ihm Tränke aus Kräutern verabreicht, die einen traumlosen Schlaf garantierten. Aber Aragorn wusste, dass damit dem Kranken nicht wirklich geholfen werden konnte.

Nun, der König hoffte, dass Faramir so weit gekräftigt war, dass sie dort weiter machen konnten, wo sie bei ihrer Trennung stehen geblieben waren. Aragorn trieb sein Pferd an, plötzlich hatte er es sehr eilig zum Ziel seiner Reise zu gelangen . Zu lange hatten sie sich nicht gesehen. Erst jetzt wurde dem König bewusst, wie sehr er den jüngeren Mann vermisst hatte.

„Der König!! Mein Prinz, der König!! Er ist schon im Hof!“ ein aufgeregter Junge, eigentlich gar nicht für den Dienst  in Faramirs Gemächern eingeteilt, platzte in dessen abendliche Routine. Bevor sich Faramir zu Tisch begab, hatte er es sich angewöhnt, in einem der vielen Bücher die es hier in seinem Palast in überreicher Fülle gab, zu lesen. Doch nun legte er eilig das Buch zur Seite, um den ersehnten Gast willkommen zu heißen.

Mit großen Schritten eilte er durch die Gänge, lange Treppen hinunter, bis er schließlich   durch die Tür  zum großen Empfangssaal stürmte, in den man Aragorn inzwischen sicher schon geführt hatte. Tatsächlich stand, ihm den Rücken zukehrend eine große, schlanke Gestalt in der festlichen Halle, und betrachtete anscheinend tief in Gedanken versunken, die edlen Wandteppiche.

„Aragorn, wie schön, du bist da!“ ohne zu überlegen sprudelten die Worte aus Faramir heraus. Erst als ihm bewusst wurde, wie respektlos sich das für den König anhören musste, erstarrte er mitten in der Bewegung. Verlegen suchte er seinen Fehler wieder gut zu machen. Der Besucher hatte sich Farmir inzwischen zugewandt. Graue Augen leuchteten vor Freude auf, und der ehemalige Waldläufer trat unbefangen auf den jungen Mann zu , schaute ihn für einen kurzen Moment beinahe fragend an, um ihn dann in eine enge, herzliche Umarmung zu ziehen.

Faramir wurde an eine feste Brust gedrückt, und spürte starke Hände auf seinem Rücken, sehnige Arme um seine Schultern, und eine lang entbehrte Stimme an seinem Ohr.

„Faramir! Wie schön, dich zu sehen. Wie geht es dir?“ Aragorn schob den jungen Mann um Armeslänge von sich um ihn genauer betrachten zu können.

„Gut siehst du aus. Das Leben hier scheint dir zu bekommen.“

„Oh, ja, das tut es. Eowyn und mir gefällt es sehr hier in Ithilien. Leider kann dich meine Frau nicht willkommen heißen. Sie ist vor zwei Wochen zu den Grenzgebieten aufgebrochen, um sich einen Überblick über die Schäden die marodierende Orc-Horden dort in letzter Zeit angerichtet haben, zu verschaffen. Das ist genau das richtige für ihren abenteuerlichen Geist.“

„Dann werden wir zwei es uns eben alleine gemütlich machen.“

Faramir sah seine Gast fragend an: “Und deine Begleitung? Natürlich möchte ich auch deine Männer willkommen heißen, und gleich dürfte auch im großen Saal das Abendessen aufgetragen werden.“

„Welche Männer?“ Aragorn lächelte.

Der Prinz stutzte. “Deine Eskorte. Du wirst doch nicht alleine gereist sein!!“

„Aber natürlich bin ich das. Was glaubst du, wie froh ich war, endlich wieder für mich alleine sein zu können. Was ich brauche, habe ich alles dabei. Ach, ist das Schreibpult angekommen? Damit wollte ich mich dann doch nicht belasten.“

„Ja, das ist mit der Ankündigung deines Besuches hier eingetroffen. Aber, wofür brauchst du denn dieses Pult?“

„Das erzähle ich dir später. Nun, mein Prinz, dein Herrscher hat Hunger, und du hast etwas von Essen gesagt. Allerdings würde ich heute Abend gerne mit dir alleine speisen. Morgen ist noch genügend Zeit, den gesamten Hofstaat zu begrüßen.“

„Natürlich, ich werde alles veranlassen. Bist du einverstanden, in meinen Räumen zu speisen?“ Aragorn nickte. „Gut, bis alles vorbereitet ist, werde ich dir deine Räume zeigen.“

Faramir winkte einen seiner Diener herbei und beauftragte ihn, aus der Küche ein leichtes Abendessen in seine eigenen Gemächer zu bringen.

Dann gingen die zwei unterschiedlichen Männer Seite an Seite durch die weitläufigen Gänge des Schlosses, um zu Aragorns Räumen zu gelangen, die direkt neben Faramirs privaten Gemächern gelegen waren. Der Prinz von Ithilien spürte Aragorn dicht neben sich. Obwohl sie sich nicht berührten, konnte Faramir doch die Wärme Aragorns durch seine Gewänder fühlen. Er war so aufgeregt  gewesen, wie ihr erstes Zusammentreffen nach dieser langen Trennung verlaufen würde, und nun sprach Aragorn mit ihm, als ob sie sich erst vor zwei Tagen und nicht vor unendlichen Monaten das letzte Mal gesehen hätten.

„Hier, dein Zimmer, ich hoffe es gefällt dir.“ Faramir war trotz der ganzen Vorbereitungen unsicher, ob er auch wirklich alles so getroffen hatte, wie es Aragorn gefallen würde. Doch mit einem Wort zerstreute der König alle seine Bedenken.

„Wunderbar“, Aragorn durchmaß mit großen Schritten den Raum, warf eine Blick aus dem Fenster, wandte sich zurück zum Raum, betrachtete mit offensichtlichen Wohlgefallen die Einrichtung, und ging dann zielstrebig auf des große Bett zu. Mit einem Laut des Wohlgefallens ließ sich der König darauf fallen.

„Komm, Faramir, setzt dich zu mir, und erzähle,...“

Doch kaum hatte sich Faramir einen gemütlich aussehenden Stuhl an das Bett gerückt, um sich darin nieder zu lassen, da meldete bereits einer der Bediensteten, dass in den Räumen des Prinzen das Essen aufgetragen sei.

Mit einem unverständlichen Grummeln erhob sich Aragorn. Es war nicht genau heraus zu hören ob er lieber noch etwas auf seinem Bett sitzen geblieben wäre, oder ob das Gemurmel als Lob gedacht war, weil sich die Leute Faramirs ganz offensichtlich sehr ins Zeug gelegt hatten, dem hohen Gast so schnell wie möglich das Gewünschte kredenzen  zu können.

So saßen sich Faramir und Aragorn kurz darauf in dem großen, karg eingerichteten Zimmer des Prinzen gegenüber. Allerdings standen im ganzen Zimmer verteilt Kerzen, die ein warmes Licht bis in die dunkelsten Ecken sandten, und der Tisch war mit einer feinen Leinendecke und einer Vase mit frischen Blumen geschmückt. Der Koch hatte aus Brot, Käse, eingelegten Gemüsesorten, Obst und einer über Ithiliens Grenzen hinaus bekannten Schinkenspezialität eine appetitliche Tafel gezaubert, die durch eine Weinkaraffe und einen Krug mit Wasser vervollständigt wurde.

Faramir sah, dass sein König wirklich Hunger hatte. Denn ohne lange Vorrede griff der dunkelhaarige Mann herzhaft zu, und kaute mit offensichtlichem Wohlgefallen. Vor lauter Wiedersehensfreude hatte es Faramir den Appetit verschlagen. Allerdings störte ihn das nicht im mindesten. Er nutzte die Gelegenheit um den König gründlich zu mustern, während sich dieser völlig dem Essen widmete. Aragorn hatte sich verändert. Kaum merklich, aber Faramirs aufmerksamen Blicken entging nicht der müder Zug um die Mundwinkel, die grauen Strähnen im dunkelgewellten Haar und in dem sorgfältig gestutzten Bart. Die waren bei ihrem Abschied noch nicht in dem glänzenden Haar gewesen. Und ausgemergelt sah Aragorn aus. Aber das konnte natürlich an der Reise liegen. Denn der König war längere Zeit nicht mehr unterwegs gewesen. Das war sicher ein Grund, nach diesen nicht mehr gewohnten Strapazen erschöpft zu sein.

„Was starrst du mich so an?“ Aragorns Stimme war schärfer als er es sicherlich beabsichtigt hatte, und zeigte deutlich seine gereizte Stimmung. Faramir zuckte zusammen.

„Entschuldige, das wollte ich nicht.“ Sofort schlug der junge Mann die Augen nieder, und suchte verzweifelt ein unverfängliches Thema, um seinen König auf zu heitern.

„Wie geht es dir Aragorn?“ Kaum stand die Frage im Raum, da wäre Faramir am liebsten im Erdboden versunken. Wie dumm konnte man sein? So etwas fragte man seinen König nicht. Das gehörte sich nicht. Sein Vater hatte recht gehabt. Er taugte zu rein gar nichts. Das einzige was er konnte, war sich hinter seinen Büchern zu verstecken, und zu hoffen, dass das Leben so wenig Notiz wie möglich von ihm nahm. Egal, was sein großer Bruder auch dagegen gesagt hatte. Boromir wollte ihm immer weiß machen, dass er ein tapferer Kämpfer und vorrausschauender Stratege sei,....allmählich drang ein seltsames Geräusch durch seine trüben Gedanken. Was war das? Erstaunt hob er den Kopf.

Aragorn lachte, nein, er kicherte, und versuchte seine Erheiterung hinter einer vorgehaltenen Hand zu verbergen. “Nein, nein, Faramir, ich bitte dich um Entschuldigung. Aber nun schau doch nicht so entsetzt. Ich bin einfach nur erledigt. Wenn ich erst einmal eine Nacht lang durch geschlafen habe, geht es mir wieder richtig gut, und ich bin wie ausgewechselt, du wirst es sehen.“ Aragorn bemühte sich, ein Gähnen zu unterdrücken.

        

„Ja, natürlich, wie dumm von mir.“ Faramir versuchte sich an einem zaghaften Lächeln. „Es ist ja auch schon spät.“ Was eine äußerst fadenscheinige Lüge war, denn es war draußen noch so hell, das kaum ein Stern am Himmel  auszumachen war, und Faramir für gewöhnlich um diese Zeit noch kurz ausritt bevor er sich zu seine Büchern zurück zog.

„Komm, begleite mich noch in mein Zimmer, das ist so weit weg, ich werde mich sonst ohne deine Hilfe bestimmt verlaufen.“ Aragorn grinste, stand auf und griff nach Faramirs Arm.

Der Gondorianer nickte, und dachte insgeheim, dass sich sein König entschieden seltsam verhielt, seit er hier angekommen war. Dennoch geleitete er Aragorn in das Nebenzimmer. Wie schon beim ersten Betreten steuerte Aragorn erst das Fenster an, warf einen langen Blick hinaus, wobei er nun allerdings nur noch Silhouetten aus Bäumen, Wiesen und Häusern ausmachen konnte, die sich wie in einem grauen Scherenschnitt vor einem sich zunehmend verdunkelnden Sommerhimmel abhoben.

Dann wandte er sich dem Bett zu, um sich darauf fallen zu lassen. Kaum lag er, war er auch schon eingeschlafen.

Faramir besah sich den tief schlafenden Mann eine ganze Zeit lang. Dann bewegte er sich leise auf das Bett zu. Er konnte seinen König doch nicht so liegen lassen. So vollständig angekleidet, sogar die Reitstiefel hatte er noch an den Füssen.

Methodisch, leise, und äußerst vorsichtig zog er dem Schlafenden die Stiefel von den  Füssen, um das dunkle aus weichem Leder gearbeitete Schuhwerk neben das Bett zu stellen. Behutsam löste er den Verschluss von Hose und Jacke, um den schlanken Körper Aragorns von diesen störenden Hüllen befreien zu können. Die ebenfalls aus dunkelgrünem Leder gearbeiteten Kleidungsstücke hängte der junge Mann ordentlich neben den Reisemantel, den Aragorn schon direkt nach seiner Ankunft ausgezogen hatte. Nun trug der König nur noch ein weites, langes Hemd, das seine Augenfarbe zu spiegeln schien. Der kleine Kragen und die Knopfleiste standen ein Stückchen weit offen, und Farmir konnte seine Blick kaum abwenden von sich sanft kräuselnden Haaren und dunkel gebräunter Haut.

War er wahnsinnig? Sich so über seinen König zu beugen und ihn lüstern zu betrachten. Farmir zuckte zurück, als ob er geschlagen worden wäre.

Er griff an das Fußende des Bettes, und zog die dort zusammengerollt liegende Decke auseinander, um sie über den ruhig atmenden Aragorn zu breiten.

Plötzlich erschien vor Faramirs innerem Auge die kurze Vision eines in der Luft flatternden Lakens, dass sich auf einen ähnlich in tiefem, erschöpften Schlaf daliegenden Körpers senkte. Der zweitgeborene Sohn des Truchsess wollte nicht daran denken, aber er sah deutlich seinen geliebten Boromir, wie er den Vater zudeckte. Er hatte das oft getan, damals, als Denethor noch ein Vater auch für ihn gewesen war. Als er noch zu klein gewesen war, um seinen Vater zu enttäuschen.

Energisch richtete sich Faramir auf. Das war Vergangenheit. Hier, das war die Wirklichkeit. Vor ihm lag nicht sein Vater, sondern Aragorn, die Hoffnung der Menschen, und auch die seine.

Leise ging er aus dem Zimmer. Bevor er jedoch die Türe hinter sich schloss, warf er einen letzten Blick auf den tief Schlafenden, und das Schreibpult, das im Dunkel des Raums zu leuchten schien.

Der König weilte nun bereits einige Tage an Faramirs Hof. Zwischen den beiden Männern hatte sich eine behaglich Routine entwickelt. Nach einem Frühstück, das durch ihre Gespräche sehr ausgedehnt ausfiel, ritten sie aus, damit der König möglichst viel vom Wiederaufbau, der in Ithilien auf Hochtouren betrieben wurde, sehen konnte. Mittags kehrten sie in eine Schenke ein, oder wurden von den Bauern, die langsam wieder Mut fassten, mit ersten Erntefrüchten versorgt.

Doch sobald sich der Nachmittag dem ersten  Grau des noch fernen Abends zuneigte, wurde Aragorn unruhig. Spätestens jetzt verlangte er, zurück zu kehren. Die Abendessen, auf die sich Faramir insgeheim besonders gefreut hatte, weil er auf  Gespräche bis tief in die Nacht gehofft hatte, auf das behagliche beieinandersitzen, wie er es in den letzten Tagen seiner Genesung mit dem König erfahren hatte, war, wie schon an ihrem ersten Abend, überschattet von einem abwesenden, müden, ab und an auch ausfallenden Aragorn, der sich dann auch recht früh in sein Zimmer zurückzog.

        

Und noch etwas war merkwürdig. Etwas, weswegen Faramir nun an diesem Abend vollbekleidet in seinem Bett saß, neben sich ein Getränk, das er sich heute extra in der Küche hatte zubereiten lassen, und das ihm Wachsamkeit auch durch die stillen Stunden der Nacht garantieren würde. Es war eine dunkel, bitter schmeckende Brühe, die die Soldaten bei ihren Nachtwachen tranken, besonders wenn Übergriffe zu erwarten waren, und die Männer extrem wachsam sein wollten.

        

Denn in jeder der vergangenen Nächte war er durch etwas Unfassbares mitten aus dem tiefsten Schlaf geschreckt. Nie, so sehr sich Faramir auch den Kopf darüber zermarterte, hatte er bisher herausfinden können, was ihn eigentlich geweckt hatte. Ein, nein sogar zwei mal hatte er versucht, Aragorn zu fragen, ob bei ihm alles in Ordnung sei, denn jedes Mal war es ihm so gewesen, als ob ein schwacher Lichtschein unter der schmalen Türspalte  hindurchschimmerte. Doch der König hatte weder auf sein leises Klopfen noch auf seine geflüsterten Worte an der Türe, die ihre beiden Zimmer voneinander trennte, geantwortet.

Nun war also der Prinz von Ithilien in seinem Bett, während die Kerze neben seinem Bett langsam herunter brannte, und versuchte in einem Gedichtband zu lesen. Immer wieder schreckte er auf, weil er vermeinte etwas zu hören. Aber nein, alles blieb still.

Faramir ertappte sich dabei, dass er seit einer geraumen Zeit immer wieder die gleichen Zeilen eines Sonettes las, und dennoch nicht vermochte ihren Sinn zu erfassen. Mit einem tiefen Seufzen ließ er das Buch in seine Schoß sinken. Und was, wenn er sich das alles nur eingebildet hatte? Was wenn wirklich mit Aragorn alles in bester Ordnung war? Leise murmelte er nur für sich:“ Er wird zu viel und zu lange arbeiten, das wird es sein. Er ist erschöpft, und deswegen ist er abends gereizt.“

Plötzlich richtete sich Faramir aufrecht in seinem Bett auf, in dem er bis eben halb auf der Seite ausgestreckt, gelegen hatte.

Genau das hatte Boromir zu ihm gesagt, als ihr Vater immer unleidlicher wurde. Als Faramir, damals noch ein Kind, weinend zu seinem großen Bruder gelaufen war, weil der Vater ihn angefahren hatte, aus heiterem Himmel mit ihm geschimpft hatte. Und Faramir nicht wusste, warum eigentlich.

Die Gedanken des Prinzen überschlugen sich. Wäre es möglich, dass sich nun Aragorn, genau wie damals Denethor, veränderte?

Nein, das durfte nicht sein. Nicht Aragorn!! Nein, nicht dieser besonnene, gerechte König. Ihn durfte nicht das gleiche Geschick wie den Truchsess von Gondor treffen. Faramir bekam vor Grauen eine Gänsehaut, als er an die erschreckende Veränderung dachte, die sein vormals liebevoller Vater durchgemacht hatte. Und, gegen jede Wahrscheinlichkeit hatte er bis zuletzt gehofft, dass tief in ihrem verbitterten Vater immer noch der lachende Mann verborgen war, der mit seinen Söhnen ausgeritten war, der ihnen gezeigt hatte, wie man kämpfte, und der sich sogar die Zeit genommen hatte, seinem jüngsten Sohn lesen beizubringen.

Faramir musste krampfhaft schlucken, um die Tränen daran zu hindern, ihren Weg aus seinen Augen zu finden. Nein, er hatte schon zu viel geweint, zu viel im Geheimen getrauert.

Ein kaum zu hörendes Knistern riss Faramir aus seinen trüben Gedanken. Konzentriert starrte er auf die Verbindungstür. Er täuschte sich nicht, das seltsame Geräusch kam von dort. Nun war ein zarter Lichtschein durch die Ritzen der Tür zu sehen, der immerhin so stark war, die nähere Umgebung in ein fahles Licht zu tauchen.

Völlig lautlos glitt Faramir unter seiner Zudecke hervor, ergriff den Kerzenleuchter, und schlich zu der Tür, die immer noch von innen heraus zu glühen schien. Er spürte das leise Zittern seiner Finger, sah die Kerzenflamme vor der hellen Wand bizarre Schatten werfen, und hörte sein eigenes Herzklopfen in den Ohren pochen.

Behutsam tastete er nach dem Griff der Tür. Er hatte sich noch am Abend versichert, dass für diese Nacht hier nicht abgeschlossen werden konnte. Der einzigste Schlüssel, den es für diese Verbindungstür gab, ruhte wohlverwahrt in Faramirs Hemdentasche.

So leise er konnte, öffnete er die Türe. Erschreckt zog er scharf die Luft in die Lungen, als er erkannte, was sich dort am Schreibpult des Königs abspielte.

Aragorn stand, nur mit seinem Hemd und den engen Reithosen bekleidet, an dem seltsamen Schreibpult. Was an und für sich nicht so etwas Schreckliches war. Nein, aber der König war konzentriert über einen der Palantiri gebeugt, der auf dem elbischen Möbelstück thronte, als ob er dort festgewachsen wäre, und schien von dessen spiralig umlaufenden Glanz vollständig gefesselt zu sein.

        

Faramir schnappte nach Luft, ergriff während er das Zimmer mit mehren großen Schritten durchquerte, das Bettlaken, warf es über den sehenden Stein und zerrte den sich heftig wehrenden Aragorn vom Schreibpult und dem gefährlichen Palantir weg.

„Lass sofort los, Faramir! Geh weg, ich habe dich nicht herein gerufen. Was machst du überhaupt hier?“ Aragorn funkelte den Prinzen wütend an.

„Sobald du zur Vernunft gekommen bist, werde ich dich loslassen. Wenn du mir versprichst, nicht mehr in dieses Werkzeug, das nur Verderben bringt, zu sehen. Diese Palantiri sind trügerisch, und sie zerstören die, die sich ihrer bedienen.“

„Ach, und gerade du willst mir sagen was ich zu tun habe? Gerade dass du deine ersten Schritte ins Leben wagst und schon willst du mir Vorschriften machen.“ Aragorn versuchte Faramir wie einen lästigen Hund abzuschütteln.

„Nun lass endlich los, ich habe noch zu arbeiten. Du störst. Geh hübsch in dein Zimmer, und kümmere dich um deine eigene Sachen.“

Diese hochmütige Stimme, diese Behandlung von oben herab, als ob er ein kleines Kind wäre, immer noch der dumme kleine Junge, für den ihn sein Vater Zeit seines umnachteten Lebens gehalten hatte, ließ in Faramir seine sorgfältig gehegte Sanftheit zusammenbrechen. Ein völlig anderer Faramir, in der Leidenschaftlichkeit dem Vater nicht unähnlich, brach sich mit aller Gewalt Bahn, und ehe es sich Aragorn versah, hatte ihn der Prinz von Ithilien mit der flachen Hand ins Gesicht geschlagen.

„Oh, nein, das werde ich nicht tun. Noch einmal sehe ich nicht zu, wie ein Palantir einen Menschen zerstört. Und wenn ich dich ans Bett fesseln muss, ich werde zu verhindern wissen, dass du dich diesem Werkzeug der Magie noch einmal näherst.“

„Ich verbiete dir, so etwas auch nur zu sagen. Faramir, du wirst dich jetzt zurückziehen, oder ich werde....“ zu mehr kam Aragorn nicht. Die Verzweiflung verlieh Faramir ungeahnte Kräfte. Er drängte den König vom Schreibpult weg, hin zum Bett. Und obwohl sich Aragorn inzwischen vehement wehrte, gelang es ihm nicht, sich aus dem eisernen Griff Faramirs zu befreien. Der etwas kleinere Prinz bugsierte sie beide so an die Kante der Schlafstatt, dass Aragorn das Gleichgewicht verlor, und, den jüngeren Mann über sich ziehend, auf den weichen Decken landete.

In einer Schnelligkeit, die Faramir selber wunderte, hatte er die Hände des sich heftig unter ihm aufbäumenden Königs gepackt, und da er nichts anderes in greifbarere Nähe hatte, band er die kräftigen Handgelenke mit dem Gürtel seines Abendmantels zusammen, um sie dann fest an einen der Pfosten am Kopfende des Bettes zu binden.

Faramir saß dabei rittlings auf dem Schoß seines Königs. Seine langen Beine hatte er rechts und links von Aragorns Hüften untergeschlagen, und konnte so die Versuche  des Königs nach ihm zu treten oder ihn abzuwerfen erfolgreich vereiteln.

Beschämt bemerkte der Prinz plötzlich, dass ihn diese ganze Rangelei mehr aufgeregt, nein erregt hatte, als es sich schickte. Er konnte doch nicht hier auf seinem König sitzend eine Erektion bekommen.

Aber es war so, ob er es nun wollte oder nicht. Zu allem Übel weiteten sich die wunderschönen Augen Aragorns, er musste den Zustand seines Prinzen bemerkt haben, als dieser sich über ihn gebeugt hatte, um seine Hände zu binden. Noch bevor der König ihm auch nur ein verächtliches Wort an den Kopf werfen konnte, denn was anderes konnte es nicht sein, was er sagen würde, schlug Faramir noch einmal zu. Der junge Mann war so verzweifelt, verwirrt und erregt, dass ihm nichts anders einfiel, als Aragorn mit einem gezielten Faustschlag in eine Ohnmacht zu befördern, die es ihm nun auch ermöglichte, Aragorn nicht nur die Arme, sondern auch die Beine ordentlich an die Bettpfosten zu fesseln.

Dabei achtete Faramir darauf, dass die Knoten zwar fest saßen, aber die Tücher, die er dafür extra aus seinem Zimmer holte, weder die Hand -noch die Fußgelenke zu fest umschlossen um die Haut zu verletzen, oder die Blutzirkulation unangenehm zu beeinträchtigen.

Als der König sicher angebunden in seinem Bett lag, wandte sich Faramir der Aufgabe zu, den Palantir aus seinem Reich zu verbannen. Dazu sandte er einen Boten aus, der Eowyn so schnell es nur irgend ging, zurück an den Hof holen sollte.

Sobald auch das erledigt war ging der junge Mann mit klopfendem Herzen zurück in Aragorns Zimmer. Er würde sich nun gut überlegen müssen, wie er seinen geliebten König weiter behandeln wollte. Auf jeden Fall musste er ihm das Verlangen nach diesem sehenden Stein austreiben. Plötzlich fiel ihm ein, dass er in der Bibliothek einen kleinen Band gesehen hatte, der ihm vielleicht weiter helfen konnte. Obwohl er bereits vor Aragorns Türe angelangt war, drehte Faramir noch einmal um, um sich dieses  Büchlein zu holen.

Der Prinz von Ithilien konnte nicht glauben was er da las. DAS konnte er doch unmöglich mit seinem König machen. Nein, das ging nicht, auf gar keinen Fall. Verzweifelt blätterte der junge Mann in dem schmalen Band, der mit detaillierten Bildern verziert, ein selten wertvolles Stückchen alten Wissens darstellte. Es musste  eine andere Möglichkeit geben, irgendetwas musste da doch stehen.

Vom Bett her kam ein unterdrücktes Stöhnen. Aragorn erwachte langsam. Benommen tasteten die grauen Augen das Zimmer ab, blieben auf Faramirs Gestalt hängen und weiteten sich, als dem König die Auseinandersetzung mit seinem Prinzen wieder zu Bewusstsein kam. Er wollte sich aufsetzen, aber die Fesseln hielten ihn sicher an seinem Platz, flach ausgestreckt und völlig hilflos.

„Faramir, komm sofort hier her, und binde mich los.“ Aragorn bemühte sich ruhig zu bleiben. Was war nur in den sanftmütigen Faramir gefahren?  War der junge Mann verrückt geworden? Der König beobachtete wie sich der Prinz langsam aus seinem Sessel erhob und ein kleines Büchlein mit einem tiefen Seufzen beiseite legte. „Nun mach schon, das ist ungemütlich. Wenn du jetzt vernünftig bist, werde ich die ganze Angelegenheit vergessen.“

Faramir war dicht am Bett stehen geblieben, und sah seinen König mit einem merkwürdigen Ausdruck in seinem sonst so offenen Gesicht an, in dem Aragorn bisher immer mühelos ablesen konnte, was in seinem Freund vor sich ging.

„Nein, ich glaube das wäre das Schlimmste was ich machen könnte.“ Vorsichtig setzte sich Faramir auf die Kante des breiten Bettes. Mit einer Hand strich er ein paar Haarsträhnen aus Aragorns Stirn, die ihm bei seinen vergeblichen Versuchen sich zu befreien, ins Gesicht gefallen waren. „So weich,...“ murmelte der Prinz und streichelte geistesabwesend die dunklen Locken. Alles in ihm sträubte sich gegen die „ Heilung eines Besessenen“, wie sie detailliert in diesem Buch eines Istari beschrieben war.

Er konnte das nicht. Sein mutiger Bruder hätte die nötige Kraft gehabt, aber er? Er würde doch garantiert wieder einmal jämmerlich versagen.

Aragorn starrte hoch in das schöne Gesicht, dass ihn zuerst nur an Boromir erinnert hatte, aber dann doch zu etwas einzigartig liebenswerten für ihn geworden war. In den langen Stunden, die er am Bett des mit dem Tod ringenden Faramir gesessen hatte, und dessen gemurmelten Worten seiner Alpträume lauschte, hatte er einen ziemlich guten Eindruck von dessen sanften und dennoch starken Charakter gewonnen. Denn Faramir war keinesfalls so, wie sein Vater ihn gesehen hatte. Er war besonnen, fürsorglich und grüblerisch, aber nicht weich oder schwach. Denn sonst hätte er nicht überlebt. Und überlebt hatte er. Er war aus dem Ringkrieg mit einer gereiften Persönlichkeit hervorgegangen. Aber nun beschäftigte ihn etwas, das ihn nachhaltig verstörte.

Aragorn verfluchte die Fesseln, die ihn daran hinderten, den jungen Mann in die Arme zu nehmen, und beruhigend zu wiegen. Denn das war im Moment sein erster Impuls, während er in das junge Gesicht schaute, das Faramirs Gefühle widerzuspiegeln schien .

Was machte der Prinz da eigentlich. Streichelte er sein Haar?

„Faramir? Was ist denn los? Was beunruhigt dich?“ Aragorn versuchte einen anderen Weg einzuschlagen, um zu seinem Freund durchzudringen.  So sehr er auch wünschte, von dieser Fesselung befreit zu sein, zuerst musste anscheinend  Faramir wieder zu Verstand kommen.

„Der Palantir hat mich erschreckt. Der sehende Stein hat dich bereits so in seiner Gewalt, dass du ihn hierher mitnehmen musstest, und du hast sogar dessen „Podest“ an meinen Hof bringen lassen. Du bist dermaßen abhängig, dass du noch nicht einmal die kurze Zeit auf dieses „Ding“ verzichten kannst, die du hier in  Ithilien verbringen willst. Zunächst habe ich es auf die Erschöpfung der Reise geschoben, aber nein, du hast dich tatsächlich verändert. Zu deinem Nachteil“. War Faramirs Stimme zunächst fest und sachlich gewesen, so fügte er die letzte Worte nur ganz leise hinzu. Nach einer kurzen Pause, in der er sich noch einmal gut überlegte, ob er das auch wirklich sagen und dann auch konsequenterweise tun wollte, fuhr er fort:

„Und ich bin gewillt, dir diese Sucht nach dem Palantir auszutreiben, selbst wenn es mich deine Freundschaft kostet. Denn wenn ich nichts unternehme, verliere ich dich auf jeden Fall.“

Farmir merkte, wie sich eine entschlossene, eiskalte Ruhe in ihm ausbreitete. Er

wusste was zu tun war und Boromir, der dieser Herausforderung garantiert gewachsen gewesen wäre, war nicht mehr da. Er musste es tun, wenn Arda seinen König behalten wollte. Auf ihn kam es nicht an. Sollte ihn Aragorn verbannen, wenn er erst  frei vom Einfluss des Palantir war. Aber einmal hätte er seinen König besessen, und diese Erinnerung würde er sein Leben lang wie einen Schatz hüten.

Aragorns Augen weiteten sich. Plötzlich meinte er zu verstehen. Was bildete sich dieser Wurm ein? Das war SEIN Palantir. Der sehende Stein stand ihm rechtmäßig zu, als König von Gondor. Der Prinz wollte den Palantir für sich. Und er lag gebunden und konnte den sehenden Stein nicht vor diesem machtgierigen Mann, in dem er sich offensichtlich so getäuscht hatte, schützen.

Verzweifelt zerrte Aragorn erneut an den Fesseln.

„Sofort bindest du mich los. Ich bin der König!! Du hast mir zu gehorchen. Der Palantir ist mein, und außer mir kann niemand ihn beherrschen. Ich rate dir, lass deine Finger davon.“

Als Faramir immer noch nicht reagierte, brüllte Aragorn, durch die Erwähnung des Palantir völlig aus dem Gleichgewicht gebracht, und am Ende seiner Geduld angelangt, los:

„Du nichtsnutziger Sohn Gondors, wird´s bald!“

Faramirs Augen verengten sich zu schmale Schlitzen. Das war zu viel. Seine bisher streichelnde Hand verkrallte sich in den Haaren Aragorns. Er wickelte sie sich um die Faust, und zerrte den Kopf des Königs so dicht es nur irgend möglich war, zu sich hoch.

 Mit einer gefährlich leisen Stimme zischte er :„Du hältst jetzt besser den Mund, sonst werde ich dich knebeln. Glaube mir, das ist kein leeres Versprechen. Ich bin es leid dein Geplärr noch länger anzuhören. Also, entweder du bist ruhig, und redest nur wenn ich dich dazu auffordere, oder,...“ Faramir zog aus der Tasche seines Abendmantels ein Seidentuch heraus, dass er vor des Königs Gesicht sachte hin und her flattern ließ.

Dann schloss er die kurze Distanz zwischen ihren Lippen.

Aragorn spürte Lippen auf seinem Mund. Männerlippen. Faramirs Lippen. Das war unerhört. Niemand küsste den König ungefragt. Er müsste sich wehren, jetzt sofort, vehement und entschieden. Den Kopf wegdrehen, oder versuchen in die zarte Haut von Faramirs Lippen zu beißen. Nicht das sich dieser Mund noch mehr Freiheiten herausnahm.

Aber Aragorn tat nichts von alledem, er hielt still. Vollständig fasziniert von dem Gefühl das die Nähe Faramirs in ihm auslöste. Gefesselt von dessen Kühnheit. Und noch etwas war da, etwas das er sich nicht eingestehen wollte. Er wollte diesen Kuss, wollte diese Berührung genau von eben diesem Mann, der sich über ihn beugte, und sich an seinen Lippen verging. Ohne zu fragen, ohne Rücksicht zu nehmen. Hilflos war er dessen Attacken ausgeliefert. Nichts konnte er tun, als still zu halten, als zu spüren, und die Augen zu schließen und zu genießen. Sowohl den sinnlichen Ansturm, als auch die eigene Hilflosigkeit.

Der Druck der Lippen wurde stärker, drängender. Aragorn entspannte in seinen Fesseln, gab es auf, sich gegen das Unvermeidliche zu wehren. Er ließ sich gehen, ließ sich fallen in das Gefühl des Ausgeliefertseins. Faramir würde bestimmen, was und wie es geschah, er der König hatte in dieser Angelegenheit nichts mehr zu sagen. Aragorn atmete tief durch, atmete in den Kuss, und öffnete leicht seinen Mund. Das fühlte sich gut an. Keine Verantwortung, keine Entscheidungen, nur ein empfindendes, sinnliches Wesen sein, mehr nicht.

Ein wohliges Stöhnen kam tief aus seiner Kehle. Die Lippen verschwanden, ebenso wie der feste Griff in seinen Haaren. Aragorn blinzelte in die Düsternis seines Schlafzimmers. „Wo gehst du hin?“

Faramir hatte sich von der Bettkante erhoben, und war einige Schritte zu der kleine Sitzgruppe gegangen. Doch nun, als er die veränderte, vor unterdrückter Erregung leicht heisere Stimme seines Königs hörte, drehte er sich um.

„Ich gehe nirgendwo hin, ich hole nur etwas, und mir ist warm. Findest du nicht auch, Aragorn, es ist unglaublich heiß in deinem Zimmer. Dabei habe ich die kühlen Sommernächte in Ithilien immer so sehr genossen.“ Faramir öffnete die Verschlüsse seines Abendmantels, und ließ den schweren Stoff von seinen Schultern gleiten. Aragorn konnte seinen Blick nicht abwenden, zu neugierig war er auf den Körper des jüngeren Sohnes Denethors. Dort wo Boromir muskelstarrend war, gebaut für den Schwertkampf war Faramir sehnig, seine breiten Schultern und die wohldefinierten Muskeln der Arme zeigten seine Leidenschaft für die Kunst des Bogenschiessens.

Faramir drehte sich um, und präsentierte seinem König nun einen geraden Rücken, breit in den Schultern, schmal in den Hüften, und der Hintern verpackt in eine hauteng anliegende Reithose,.... Aragorn merkte, wie  seine Blicke die perfekten festen Kugeln verschlangen. Faramir war ein wirklich begehrenswerter Mann. Kein Wunder, dass sich Eowyn in diesen Mann verliebt hatte. Mit Schrecken erkannte Aragorn, dass es ihm genau so ergangen war. Er hatte sich in den jungen Mann verliebt in der Zeit, in der er an dessen Bett saß, ihn gepflegt hatte, seinen Körper und seinen Geist gleichermaßen kennen und schätzen gelernt hatte.  Nur, bis eben hatte er es sich nicht eingestanden wie weit dieses „schätzen“ des jungen Prinzen eigentlich ging.

        

Faramir ergriff den Kerzenhalter der dort immer noch auf dem Tisch stand, an dem er vorhin gesessen und ratsuchend in dem Büchlein geblättert hatte. Er verharrte eine kurzen Moment, und starrte blicklos auf die polierte Holzfläche, bevor er sich umwandte und zurück zum Bett ging. Faramir war sich immer noch nicht sicher, ob es richtig war, was er zu tun beabsichtigte. Allerdings hatte ihm die Art wie Aragorn auf seinen Kuss angesprochen hatte, ermutigt fortzufahren mit seinen Bemühungen den König vom bösen Einfluss des Palantir zu befreien.

Vorsichtig, damit kein flüssigen Wachs auf die Bettwäsche oder die Oberfläche des Nachtschränkchens tropfen konnte, stellte der Prinz den  Kerzenhalter ab.

Faramir bemerkte mit welch hungrigem Blick ihn Aragorn maß. Erstaunt stellte er fest, wie sich seine zarten Brustwarzen aufrichteten, und das bestimmt nicht weil ihm plötzlich kalt geworden wäre. Ganz in Gegenteil, dem Prinzen wurde immer heißer.

„So ist es besser, mein König, ich will dich sehen, und wie mir scheint, hegst du denselben Wunsch. Möchtest du noch mehr sehen?“

Der junge Mann stand im Schein der flackernden Kerze und begann sich langsam zu drehen und in den Hüften zu wiegen, ein leises Summen auf den Lippen. Zu der Melodie eines beliebten Tanzliedes begann er ganz langsam die Verschnürung seiner Hose zu lösen.

Aragorn leckte sich in einem Reflex über die Lippen. Der junge Prinz bewegte sich lasziv vor seinen Augen. Bedächtig löste er den Knoten, lockerte das Lederband  bis genügend Raum war, um die Hose von  den Hüften zu streifen. Faramir zögerte. Er war sich nicht sicher, woher diese plötzliche Fähigkeit kam, sich wie ein erfahrener Lustknabe zu bewegen. Aber es fühlte sich gut an, sich wie ein sinnliches Wesen zu fühlen, dessen einziger Lebenszweck dem Vergnügen diente. Nicht länger war er der traurige, in sich gekehrte zweit geborene Sohn Gondors. Der Faramir, der nun in ihm mit voller Wucht erwachte, war ein vollkommen eigenständiges Wesen.  Er sah, wie verlangend Aragorns Blicke auf seinem Schritt verharrten. An den geweiteten Pupillen, die die blauen Augen des Königs beinahe schwarz erscheinen ließen, erkannte Faramir, wie begierig der König darauf war, ihn nackt zu sehen.

        

Genau dieser Blick aus den sonst so ruhigen Augen ermutigte Faramir die Hose in einer einzigen, entschlossenen Bewegung abzustreifen, und die nun nutzlos gewordenen Beinkleider achtlos auf den Boden fallen zu lassen. Sein aufgerichtetes Geschlecht zeigte Faramir die Richtung, in die es nicht nur seinen Körper sondern sein ganzes Sein hinzog. Hin zu diesem so viel älteren Mann, dessen freundliche Überlegenheit seinem Prinzen gegenüber bisher nie darauf hingedeutet hatte, dass er mehr für Faramir empfinden würde, als Freundschaft.

Aber nun war die Maske gefallen. Weggerissen widersinniger weise durch Fesseln die ihm keine Ausflüchte ließen, durch Übermüdung und Zorn, weggefegt durch die nie gekannte Selbstsicherheit des jungen Prinzen. Diese entfesselten Blicke alleine genügten dass sich Faramirs Glied und seine Brustwarzen vor Erregung steil aufstellten.

Und so ermutigten sich gegenseitig Blicke, Körpersprache und Begierde, sich mit Körper und Seele einander zu zuneigen. Mit einer Eleganz von der Faramir nicht wusste, das er sie besaß, näherte er sich dem Bett.

Keiner von beiden sprach. Die Augen des einen hielten fordernden, verlangenden Blicken des anderen stand. Faramir streckte sich neben seinem König aus, und begann dessen Hemd zu öffnen. Ganz leicht strich er über die behaarte Brust, schob den Stoff auseinander, um mit beiden Händen dem weichen Flaum zu folgen, über einen flachen Bauch hinab zu einer Stelle, an der die Haare anfingen sich zu einem üppigen Busch zu verdichteten. Doch das Ziel seiner Begierde musste warten. Faramir zwang seine Hände zurück, und so umfasste er nun fordernd schmale Hüften. Aragorn gab dem Druck nach und drehte sich seinem Freund zu. Er musste ein Stöhnen unterdrücken, denn die Fesseln schnitten nun doch etwas unangenehm in die zarte Haut der Handgelenke. Aber was war der leichte Schmerz schon verglichen mit dem Anblick, der ihm ein so veränderter Faramir bot. Hatte er den jungen Mann bisher immer für scheu gehalten, so zeigte dieser sich nun äußerst bestimmend.

Faramir stemmte sich auf einen Ellbogen , um seinen König prüfend anzuschauen. “Ja, du willst mich, so wie ich dich. Aragorn, weißt du, wie schön du aussiehst, so gebunden?“ Der Prinz setzte sich nun ganz auf, um den gesamten Körper des Königs, der sich erleichtert zurück auf den Rücken drehte, mit seinen bewundernden Blicken liebkosen zu können. Langsam beugte er sich vor.  

Wieder legten sich weiche Lippen auf die des Königs. Diesmal kam Aragorn dem Kuss begierig entgegen. Willig öffnete er den Mund einen Spalt breit. Eine fordernde Zunge schob sich ohne zu zögern in das warme Dunkel.  Faramirs Hände waren unterdessen damit beschäftigt Aragorns Brustwarzen zu reizen. Mit kreisenden Bewegungen fuhr er um die dunklen Punkte, solange, bis  Aragorn im Versuch etwas mehr Druck auf die empfindsame Haut zu erhalten, den Rücken verlangend durchdrückte.

„So ausgehungert, mein König“ murmelte Faramir dicht an dessen Ohr. Die Fingerspitzen drückten etwas fester zu und drehten die nun zu kleinen Knospen angeschwollenen Brustwarzen leicht hin und her.

„Spürst du das? Wie dieser Kitzel direkt in deinem Schoß ein Feuer entfacht? Der Körper eines Mannes ist ein Wunder, und ich werde nicht müde, seine Reaktionen zu studieren.“ Faramir lachte ganz leise. „Wobei ich bisher immer nur Selbstversuche anstellen konnte. Noch nie war ich einem andere Mann so nahe. Wie ist das mit euch, mein König? Habt ihr im Feld Erfahrung gesammelt? Denn ich weiß wohl, dass sich Waffenbrüder zuweilen auch körperlich Trost und Mut zusprechen können.“

        

Aragorn musste schlucken. Natürlich wusste er, worauf Faramir anspielte. Aber darüber wollte er nicht reden. Das was sich hier zwischen ihnen abspielte, in diesem dunklen, nur von einer Kerze erhellten Raum, war etwas völlig anderes. Hier ging es um Vertrauen, um Heilung - ohh, er wusste, dass er mehr an dem sehenden Stein hing, als es gut für ihn war --, und um Liebe. Aber er war sich nicht sicher, ob Faramir gelingen würde, was zuvor noch niemandem, noch nicht einmal seiner geliebten Arwen, gelungen war.

Faramir sah genug, denn Aragorns Wangen hatten einen dunklen Ton angenommen und sein verlegener Blick sagte mehr als Worte es vermochten. Der Prinz wollte nicht auf diesem Thema beharren. Darüber konnten sie ein anderes mal sprechen. Anstatt dessen wandte er seine Aufmerksamkeit den bereits weit nach unten gerutschten Hosen Aragorns zu. Offenbar war der König zunächst ins Bett gegangen, bevor er sich dann doch mitten in der Nacht entschlossen hatte, in den Palantir zu sehen. Denn die Hose war nur nachlässig gebunden. Durch ihren Kampf hatte sich die Verschnürung noch weiter gelockert. Mit einem versonnen Lächeln zupfte Faramir an der Verschnürung bis die Hose haltlos die Hüften herunter rutschten. Was der junge Mann zu sehen bekam, ließ ihn die Luft anhalten.

Ein zaghaftes Klopfen riss den Prinzen aus seiner Starre. Hastig warf er eine Decke über den halbnackten Körper des Königs.

„Moment, ich bin gleich da“ Faramir schlüpfte in den Abendmantel, der verloren auf den Boden lag, ergriff den Kerzenhalter und ging, mit einem letzten bedauernden Blick auf den gut zugedeckten Aragorn , zur Tür. Er wusste, wer davor stehen würde.

 

Aragorn versuchte einen Blick auf die Person, die vor der Tür wartete, zu erhaschen. Doch Faramir war zu schnell durch den schmalen Spalt geschlüpft, als das er hätte erkenne können, wer es wagte, mitten in der Nacht den königlichen Gast zu stören.

Aragorn spürte überdeutlich seinen Körper, verstärkt noch durch das weiche Material, das ihn bedeckte. Seine Erregung, die durch ihn hindurch floss, und nur langsam abebbte, wunderte ihn. So leicht hatte ihn bisher niemand reizen können.  Zu seiner Überraschung, und kaum eingestandenen Freude, kam Faramir bereits kurz nachdem er das Zimmer so überstürzt verlassen hatte, wieder zurück. In einer Hand trug er nun ein Tablett, auf dem, soviel Aragorn erkennen konnte, eine Kerze, ein Krug und noch einige kleinere Gefäße standen. Ohne sich lange mit einer Vorrede aufzuhalten, kam der junge Mann gleich zum wesentlichen Punkt seines kurzen Ausflugs.

„Die herzlichsten Grüße von Eowyn. Sie war eben hier, um den Palantir abzuholen.“ Faramir trat an den Nachttisch, um seine Last abzustellen. „Sie ist bereits jetzt auf dem Weg nach Gondor, um Arwen den sehenden Stein in Verwahrung zu geben. In Elbenhand ist der Palantir sicher.“ Mit einem schelmischen Grinsen fügte er hinzu: „Meine liebste Frau ist ganz begierig ihre schöne Freundin zu besuchen. So wie ich begierig bin, euch als meinen Gast hier zu haben und verwöhnen zu können.“

Aragorns Augen hatten sich vor Schreck und Entsetzen geweitet. Unbeherrscht riss er an den Fesseln. „Binde mich los, dieser unsinnige Ritt muss verhindert werden. Was für eine blödsinnige Idee. Was wenn Eowyn und der Stein in feindliche Hände fallen? Wir müssen versuchen, sie einzuholen. Der Palantir muss zurück zu mir. Los, Faramir, steh da nicht so tatenlos rum, binde mich los.“

Während sich Faramir ein winziges bisschen vorbeugte, den Kerzenhalter in der Hand, um seinem König besser in die Augen sehen zu können, bäumte dieser sich plötzlich und unbeherrscht in der engen Verschnürung auf. Die leichte Decke glitt über den sich heftig windenden Körper langsam zu Boden. Bei den vergeblichen Versuchen, sich zu befreien, stieß Aragorn an die Kerze, die der Prinz dicht über den König hielt. Flüssig heißes Wachs ergoss sich dabei über die feine Linie die die beiden Brustmuskel voneinander trennte.

Ein Schrei, dann herrschte Stille.

Faramir stellte mit zitternden Händen die Kerze beiseite, ohne auch nur einmal die Augen von Aragorn zu wenden, der tief und keuchend atmete.

Die blau-grauen Augen hatten die Farbe der stürmischen See angenommen. Aragorn spürte nicht nur den plötzlich brennenden Schmerz. Nein, es war, als ob er urplötzlich auf sich selber zurück geworfen würde. Als ob sich eine Umklammerung von ihm löste, ihn gehen lassen musste. Voller Ehrfurcht hörte er in sich hinein. Er vergaß zu reden, er vergaß alles um sich herum, nur dieses Gefühl des herausgerissen Werdens war noch vorhanden, und noch etwas, das er nicht näher zu benenne wagte, war da. Nein, nicht etwas, jemand. Dieser jemand sprach zu ihm. Wie durch eine umhüllende Schicht hörte er die Worte seines Prinzen:

„Ich kann dich nicht losbinden. Aber ich werde dich befreien, ich verspreche es.“ Faramir öffnete eilig seinen Abendmantel und ließ den schweren Stoff zu Boden gleiten. Im nu war er nackt. Mit einer Hast, als ob ihm Sauron selber auf den Fersen wäre, riss er Aragorn die Hose herunter, so weit es die Fesseln eben erlaubten.

Dann setzte er sich rittlings auf seinen König. Die Beine rechts und links von dessen Hüften untergeschlagen, ihre beiden halbsteifen Glieder dicht aneinander geschmiegt, hatte Faramir  einen herrlichen Blick auf den beinahe vollständig entblößten Körper. Das Hemd war offen, zu beiden Seiten der Brust und des flachen Bauches heruntergerutscht umrahmte es schmeichelnd den Oberkörper. Der weiche Stoff schien den Körper zu streicheln, wobei die blaue Hülle noch den freien Blick auf die sehnigen Arme versagte.  Die behaarte Brust hob und senkte sich in hektischen Atemzügen. Mit beiden Händen begann Faramir das schnell erkaltende Wachs über die breite Brust zu verstreichen. Die feinen Härchen verklebten zu Büscheln und zogen bereits jetzt unangenehm an der Haut.

Der Prinz ließ von der Brust ab. Seine Hände wanderten weiter, tiefer, zum Zentrum der Lust eines jeden Mannes.

Andächtig streichelte er das wieder zum Leben erwachende Glied seines Königs. Nahm es wie ein kleines hilfloses Tier vorsichtig in seine warmen Hände. Seinen eigenen Penis berührte der Prinz ebenso, umfasste dann beide stolz aufragenden Glieder mit seinen Händen, und rieb die weiche Haut aneinander, was ein unterdrücktes Keuchen aus Aragorns Kehle zwang.   Faramir beugte sich vornüber um genau die feine Struktur von Aragorns Geschlecht und jede Ader sehen zu können. Er  herzte, liebkoste, und  küsste mit Hingabe das immer mehr anschwellende Stück königlicher Manneszier.

„Du bist wahrlich prächtig, an allen Stellen deines anbetungswürdigen Körpers. Und genau das will ich nun tun, dich anbeten, mein König.“

Während Aragorn mit stetig wachsender Faszination zugesehen hatte, wie sich der junge Mann konzentriert ihrer beider Lust widmete, waren die Gedanken an den Palantir immer weiter in den Hintergrund gerückt.

Je mehr Faramir streichelte, massierte, und den mittlerweile zuckenden Penis Aragorns ab und an mit seinem sinnlichen Mund küsste, erst die noch die Spitze umhüllende Vorhaut, dann die Seiten um vorsichtig zu guter Letzt den inzwischen freigelegten Kopf seines prall angeschwollenen Schaftes  mit seinem Mund zu umschließen, um so mehr konzentrierte sich Aragorn auf den Körper, der so bestimmend über ihm thronte. Die drängende Sehnsucht nach dem Palantir verblasste mit jeder Berührung Faramirs mehr, bis der sehende Stein zu einer bedeutungslosen Erinnerung schrumpfte.

        

Ein Laut der Enttäuschung entfuhr dem König, als Faramir seinen Zuwendungen einstellte, um sich zum Nachttisch hin zu strecken. Er hielt plötzlich einen kleinen Flakon in der Hand, in dem für gewöhnlich heilsame Öle aufbewahrt wurden.

Ein Bein schwang Faramir über den Körper Aragorns, der zwischen totaler Hingabe und erregter Anspannung schwankte, um sich neben ihn kauern zu können.

„In meinem Ratgeber steht, dass der Besessene vorbereitete werden muss. Das Beste wird sein, wenn ich genau erkläre, was ich tun werde. Dann, mein König, wird die Prozedur für euch hoffentlich nicht zu unerfreulich werden.“

Mit einem leisen „Plopp“  wurde der Korken aus dem Behälter gedrückt, und Faramir goss sich eine großzügige Menge der aromatisch duftenden Flüssigkeit in die Handfläche.

„Mit dem Öl werde ich euren Eingang vorbereiten, und versuchen, euch zu dehnen, damit ich in euch dringen kann.“

Gründlich tauchte der Prinz einen Finger in seine Handfläche, und versicherte sich, das dieser üppig mit Öl bedeckt war, bevor er sich der versteckten Öffnung  Aragorns näherte.

Dessen Beine waren durch die Fesselung leicht gespreizt, und so fiel es Faramir nicht schwer, seinen Finger zwischen den zitternden Beinen Aragorns hindurch gleiten zu lassen. Der junge Mann bewegte seinen Finger behutsam über die Haut, die dort zwischen den Oberschenkeln besonders zart war. Plötzlich schien er alle Zeit der Welt zu haben. Langsam, an der Stelle knapp unter den Hoden beginnend, strich er die Spalte entlang, bis er zu der kleinen angstvoll zugekniffenen Rosette, dem Ziel seines Begehrens, kam.

„Aragorn, bitte, vertraue mir. Ich werde alles daran setzten, dass es so angenehm wie möglich für dich wird. Konzentriere dich nur auf meine Berührungen. Vergesse alles andere.“

In kleine Kreisen streichelte er, kaum dass er die empfindsame Stelle dort berührte, über das verkrampfte Stückchen Haut. Streichelte, immer wieder, fuhr nun auch längs darüber, machte aber keine Anstalten einzudringen. Langsam entspannten sich die Muskeln unter den gleichmäßigen, immer wieder kehrenden Berührungen. Und immer noch machte Faramir keine Anstalten einzudringen. Obwohl die Öffnung nun bereits ein winziges Stückchen aufklaffte, so als ob sie neugierig wäre, was sich dort an ihrem Rand abspielte.

Aragor hatte die Augen geschlossen, und bewegte den Kopf langsam von einer Seite zur anderen.

„Faramir,....“ der König seufzte.

„Ja, mein, König? Ich höre. Was möchtest du? Was kann ich für dich tun?“ Der Prinz beugte sich vor, so dass sein Gesicht den gut gestutzten Bart Aragorns streifte. Kurz war er versucht, Aragorn zu küssen. Dennoch, er durfte sich nicht ablenken lassen. Gnadenlos fuhr er mit seinen gleichförmigen, leichten Bewegungen an der inzwischen pulsierenden Öffnung fort.

„Faramir, es ist schon eine Weile her, sei behutsam.“ Der Prinz konnte sehen, das diese wenigen Worte dem König schwer gefallen waren, und plötzlich wurde ihm klar, wer dieser andere gewesen war, der den König besessen hatte. Sein bisher neckender Finger drang langsam zwischen die Hautfalten, tiefer, passierte einen festen Muskelring, und war plötzlich umhüllt von weicher Hitze. Aragorn stöhnte unterdrückt auf. Erschrocken wollte sich Faramir zurückziehen, doch Aragorns heisere Stimme stoppte ihn. „Nein, mach weiter, es ist gut so“, der dunkelhaarige Mann hatte die Augen halb geschlossen, und betrachtete wie in Trance das konzentrierte Gesicht Faramirs, der in seinem Bemühen seinem Geliebten Freude zu bereiten, seinem älteren Bruder ähnlicher denn je sah.

        

Faramir hatte sorgfältig in dem Buch des Istrari gelesen. Dort war beschrieben, dass tief im Innern eines Mannes  ein Punkt, eine Verdickung zu finden war, die zu berühren  höchsten Genuss verschaffen konnte. Der Prinz bemühte sich genau  diese Stelle zu finden. Er drehte seinen Finger, bohrte ihn tiefer hinein, versuchte mit der Fingerspitze etwas zu ertasten. Vorsichtig winkelte er den Finger ein klein wenig an. Da! Da war etwas. Behutsam strich er über die Verdickung, Aragorn wimmerte. Faramir wiederholte die Berührung und der König wand sich lustvoll in den Fesseln. „Mehr, bitte Faramir, nehme noch eine Finger, ich muss mehr von dir spüren.“

Aber auch dieser eine Finger mehr, und auch ein weiterer Finger reichten nicht aus. Der König wand sich wie im Fieber auf dem Bett. Längst hatte er die Fähigkeit verloren, seine Wünsche in Worte zu kleiden. Er flehte mit den Augen, mit seinem Körper, mit seiner Stimme. Er flehte den Prinzen an, ihn zu nehmen, ihn vollständig zu durchdringen, ihn absolut zu spüren.

Faramir hatte voller Faszination die Veränderung seines Königs beobachtet. Der Kampf zwischen ihnen war längst vergessen. Satt dessen war der Wunsch nach Nähe, nach Vereinigung, nach Inbesitznahme, nach Verschmelzung in ihnen beiden immer stärker geworden. Faramirs Glied schmerzte vor Erregung. Aus dem kleinen klaffenden Schlitz an der Spitze seiner zum bersten angeschwollenen Männlichkeit tropften unaufhaltsam klare Tropfen der Lust. Farmirs steifes Geschlecht zitterte verzweifelt aus Mangel an Zuwendung, denn sein Herr schenkte jede Berührung, jede Reibung und jedes feste Umfassen dem Geschlecht seines Königs. Der Gondorianer setzte seine warmen, geschickten Hände nur für die Lust seines Königs ein. Sich selber schien er völlig vergessen zu haben, verloren in der Hingabe an den Mann, den er insgeheim schon so lange liebte und begehrte.

Die Augen beider Männer glänzten und enthüllten die Lust die sich in ihren Körpern und ihren Seelen aufbaute. Aragorn erkannte in dem nach innen gerichteten Blick in Faramirs tief blauen Augen, dass der Prinz von Ithilien ihn ewig in der Schwebe dieser unerträgliche  Erregung halten würde, ihm die herbeigesehnte Erlösung, den Höhepunkt versagen würde, wenn er ihn nicht ausdrücklich darum bitten würde, wenn er ihm nicht die Erlaubnis geben würde, seinen Körper zu erobern.

Wie anders ist er darin doch seinem Bruder, dachte Aragorn. Boromir hätte sich längst das genommen, von dem er der Ansicht war, dass es ihm zustand. Oh, ja, dieser Sohn Gondors hatte niemals solche Zurückhaltung, und  Zweifel gekannt wie Faramir. Aber gerade das machte Faramir zu einem mächtigeren Mann als es Boromir jemals gewesen war. Ein Mann der über das Herz des Königs, über dessen Schoß, dessen Lust und letzten Endes über dessen Liebe gebot.

„Faramir, komm zu mir, ich will dich spüren, völlig, uneingeschränkt, sofort.“

Der Prinz hielt inne in seinen Zärtlichkeiten. Die Finger der einen Hand umfassten ruhig und sicher das pralle Glied Aragorns, während die andere Hand zu einem Teil zwischen den runden festen Pobacken vergraben war. Aragorn sah in seiner Erregung königlicher aus als je. Wie könnte Faramir jemals einem Befehl seines Gebieters widerstehen? Sachte löste er sich für einen winzigen Moment von dem begehrten Mann.

Mit einer beinahe beiläufigen Bewegung durchtrennte Faramir die Fußfesseln, platzierte ein Kissen unter das Gesäß Aragorns, damit für sie beide die Vereinigung noch erregender würde und glitt zwischen die willig gespreizten Beine. Während sich der Prinz ganz langsam in ihm versenkte, schlang Aragorn die Beine um die schlanke Hüften und dem muskulösen Hintern des Prinzen von Ithilien, um den jungen Mann so näher auf sich und in sich zu ziehen.

Die Körper der Männer bewegten sich in einem ruhigen, gleichmäßigen Rhythmus, zusammen in einem fließenden Gleichklang, langsam, intensiv empfindend, tief, bedächtig, bis Aragorns Umklammerung fordernder wurde, Faramir zu mehr Eile antrieb, den Körper des geliebten Prinzen in einem schnellen Heben und Senken verschlingend.

Faramirs Augen waren tiefblaue Seen reinster Lust. Mit keinem Wimpernschlag wandte er den Blick vom in der Extase veränderten Gesicht Aragorns. Fast schien es, als ob der König Qualen durchleiden würde. Während der Herrscher über Mittelerde seinen Höhepunkt erreichte, verkrallte Faramir die Hände in Aragorns Brust. Das Zusammenziehen um sein Geschlecht tief verborgen in Aragorns Körper, die Feuchtigkeit, das Zeichen der Lust Aragorns zwischen sich ließ Faramirs nur noch mühsam aufrecht erhaltene Beherrschung zusammenstürzen, und während er sich zitternd in Aragorn ergoß, zogen sich seine Finger reflexartig zusammen. Von Aragorns Lippen löste sich erneut ein Schrei. Ein Schrei in dem Lust gepaart mit Schmerz und Erschrecken mitschwangen gellte durch das dämmrige Schlafzimmer.

Farmir schmiegte sich zitternd an seinen König, legte beruhigend die Arme, um den in den Nachwehen der Lust zuckenden Körper. Der Prinz versuchte zu Atem zu kommen. Dann hob er langsam den Kopf, und lächelte den erschöpften, verschwitzten Mann unter sich an.

„Ich glaube, jetzt kann ich dich losbinden.“

„Was hast du angestellt, Faramir, was war das eben?“ Aragorn versuchte, eine Blick auf seine Brust zu erhaschen. Mitten zwischen den Brustmuskeln, in der kleinen Vertiefung brannte ein schmerzhaftes Feuer.

„Willst du es sehen? Dann komm.“ Faramir glitt aus dem Bett, und streckte seinem König die Hand entgegen. Zusammen wie Kinder, Hand in Hand betraten sie den Baderaum. Dort sah sich Aragorn gespiegelt, neben sich Faramir, der ihn immer noch, diesmal durch die Reflextion des  Wandspiegels anlächelte.

„Ich habe, wie es in dem Buch des Istari empfohlen wurde, markiert was nun mir gehört.“

Aragorn starrte auf ein kleines Stückchen bloße Haut, mitten auf seiner Brust. Dort, wo sich bis eben noch  gleichmäßig kurze Haare gekringelt hatten, war, im Spiegel verdreht, ein „F“, völlig haarlos, und für alle Zeiten sichtbar.

Der König lächelte.


~~~~~