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Titel: Sieben Siegel Autor: Annina
Manchmal müssen wir an etwas glauben, manchmal müsen wir auch an Magie
glauben, wenn wir nicht in tiefe Verzweiflung fallen wollen, so ist
das
Unsinnigste genug, um einen tiefen Glauben aufkommen zu lassen.
Ich bin verzweifelt und so glaube ich fest daran, dass das, was ich
nun tun werde, meine Verzweiflung beendet, mich dem Leben wieder gibt
und die rosige Farbe der Freude auf meine Wangen zaubert. Geschieht
dies
noch einmal, nur noch einmal?
Verzweiflung, Düsternis, ewige Dunkelheit, so befinde ich mich.
Doch heute will ich zur Tat schreiten, ich will es tun, all mein Leben
liegt ja darin. Wird die Dunkelheit dann von mir weichen?
Sieben Kerzen stelle ich um mich, hoch und schlank bilden sie einen
Kreis, in deren Mitte ich mich niederhocke, ich schreibe Zeichen auf den
Boden, wie ich sie auf der Schriftrolle sah, die ich in den Kellern des
weissen Turmes fand, die Bedeutung der Zeichen kenne ich nicht, noch
nicht, aber ich werde sie kennen.
Ich trage keine Waffen bei mir und
mein langes Haar verhüllt wie ein Vorhang mein Gesicht, wirr ist es,
denn seit das Unheilvolle geschehen ist, hat kein Kamm mehr mein Haar
berührt. Er liebte mein Haar, ich weiss es, oft strich er es mir aus den
Augen und wickelte eine Strähne um seinen Finger. Kosend lösten seine
Finger meine Zöpfe, bis mein Haar unsere Gesichter ganz einhüllte und
wir allein waren, mit uns, abgeschnitten von allem, was uns Böses
wollte, nur voller Liebe füreinander. Ich habe das Böse, was ihm
geschah, nicht aufhalten können, ich war zu schwach, doch nun will ich
gutmachen, was ich an ihm versäumte.
Sieben Kerzen habe ich und vor mir liegt die Schriftrolle versiegelt
mit sieben Siegeln.
Sieben Kerzen will ich entzünden und sieben Siegel will ich brechen,
eines nach dem anderen. Und breche ich das siebente Siegel, so werde
ich
die Schrift in der Rolle erblicken, ich kann die magischen Worte lesen,
die dort geschrieben stehen und der Wunsch meines Herzens wird mir
erfüllt, denn wenn das siebente Siegel erbrochen sein wird, komt er,
die Liebe meines Herzens, er wird kommen, er, Boromir kehrt aus dem
Reich der Toten zu mir zurück.
Wie lange Zeit ist vergangen, als Aragorn und Gimli ihm das Haar
ordneten, seine Waffen und seinen Schild auf ihn legten und ihn in
einem Boot auf die letzte Reise schickten. Ich selbst tat nichts, meine
Augen waren blind vor Tränen. Ich sah, wie das Boot, in dem er lag, auf
die Wasserfälle zuschoss, dann sah ich nichts mehr, eine gnädige
Ohnmacht hielt mich umfangen.
Doch ich bin seither nicht mehr in das Leben zurückgekehrt, Tag um Tag
liege ich ich auf meinen Knien und schaue den Wolken nach, wie sie
düster, vom Wind gepeitscht über den Himmel ziehen, und mir entfährt
mehr als einmal ein lauter Schrei " Boromir" und wieder " Boromir."
Gimli meint es gut mit mir, doch mit seiner rauhen Stimme und seinem
ungehobelten Gebahren tut er mir weh.
"Flenne nicht wie ein Weib, nimm deinen Bogen, es ist noch viel zu
tun, ehe wir uns hinsetzen und trauern können."
Aragorn ist anders, oft ruhen seine Augen auf mir und er versucht mich
liebevoll in den Arm zu nehmen. Doch ich stosse ihn von mir, ich kann
mich nicht überwinden, seinen Trost anzunehmen. Mit blicklosen Augen
starre ich vor mich hin, sie sind rot von allen meinen Tränen.
"Boromir ist in das Reich der Toten gezogen, niemals wird er
wiederkehren, denn sein Schicksal erfüllt sich ausserhalb der Welt", so
sagt Aragorn, " Du aber" so sagt er weiter, "du bist ein Elb und du
kannst die Welt nicht verlassen, auch wenn du in Mandos' Hallen
eingehen
wirst, niemals kann dein Schicksal auch das seine sein. Bescheide dich
damit und finde dich ab, beginne ein anderes Leben, verbanne die
Trauer,
lache, tanze, denn du bist jung und schön", so sagt er und er
versucht mir über das wirre Haar zu streichen. Ich will sein
Streicheln
nicht, ich will nicht, dass er mich berührt. Und ihm zum Trotze will ich
es heute tun. Gandalf rät mir ab, er will mich zurückhalten.
"Lasse mir die Finger von der schwarzen Magie, Legolas, " so sagt
Gandalf "Selbst ich traue es mir nicht zu, Tote zurück zu rufen und du
kannst mit den Mächten, die du bitten willst, nicht umgehen. Legolas,
du
wirst nur Schrecken hervorrufen. Lege die Schriftrolle wieder an ihren
Platz, dorthin, wo du sie gefunden hast, in die Keller des weissen
Turmes . Es ist eine Schriftrolle voller Unheil. Legolas, lege sie
zurück, denn wenn du diese Siegel erbrichst, werden Kümmernisse über
Arda kommen; nicht umsonst war sie so gut verwahrt.
Legolas, jedes Siegel bringt anderes und stärkeres Unheil. Du rufst
damit das Böse, bis es ganz Arda einnimmt. Eben haben wir das Böse
besiegt, willst du es wieder hervorrufen? Es wird diesesmal noch
schlimmer sein. Lege die Schriftrolle zurück, Legolas."
Doch ich höre nicht auf seine Worte und heute will ich tun, was ich
tun
muss. Boromir mein Leben, mein Alles, ich muss ihn wiedersehen, ich
muss
ihn wieder in den Armen halten. Wenn ich bedenke, dass er mich nicht
mochte, dass er mir aus dem Wege ging und mich seiner Ansprache nicht
für würdig hielt, muss ich doch lächeln. Wie nannte er mich doch?
"Prinzchen Niemand", oder "Herzlose kleine Bestie". Dabei sahen seine
Augen spöttisch drein, kühl streiften sie über mich hinweg und ich war
stets ausser mir vor Zorn, ich wusste nichts zu entgegnen. Nein, er
mochte mich nicht und ich hasste ihn seiner verächtlichen Blicke wegen,
die er mir zuwarf. Später dann, ja später fand er andere Namen für
mich,
Namen voller Poesie und Liebe, wie ich sie bei ihm nie vermutet hätte,
und ich, ich gab ihm Namen, die aus meinem übervollen Herzen kamen.
Wenn ich das siebente Siegel erbrochen habe, kommt er zu mir zurück.
Fest, ganz fest glaube ich daran. "Selbst , wenn es dir gelingen
sollte,
wenn trotz allen Unheils Boromir aus dem Reich der Toten wiederkehren
sollte, glaubst du, er wird noch der Boromir sein, den du liebtest?" So
sagt Gandalf wiederum, er will mich an meinem Tun hindern. Er weiss,
wovon er spricht, denn er ist mit der Magie vertraut. Doch ich lasse
mich nicht hindern, es bedeutet meinen Tod, wenn ich Boromir niemals
wiedersehen darf und ich vertraue darauf, das meine Liebe ihn wieder zu
dem macht, was er gewesen ist.
Nein, Gandalf darf nicht wissen, dass ich es doch tue, wüsste er es, er
würde es verhindern, mit aller seiner Macht.
Wieder zeichne ich auf dem
Boden und sehe zögernd auf die Siegel. Sie schimmern rot im Halbdunkel.
Ich beginne, mich zu fürchten. Gandalf hat sicher recht, was geschieht,
wenn ich die Siegel breche? Welches Unheil wird hervorgerufen und habe
ich das Recht, für mich und für meine Liebe dieses zu tun?
Ja, ich habe das Recht, so sage ich zu mir selbst, einmal, ein
einziges
Mal will ich mein Leben über das Leben der anderen stellen. Darf ich das?
Darf ich für mich und meine Liebe Unheil über die Welt bringen? Stets
und immer habe ich mein Wohl hinter das der anderen gestellt und so
werde ich das Wohl Boromirs und meines dieses Mal voranstellen. Ich
glaube fest daran, dass es auch Boromirs Wohl ist, was aber ist, wenn
Gandalf Recht hat, wenn er ein anderer ist, wenn er mich nicht mehr
liebt. Kann er mich noch lieben, im Reich der Toten? Dennoch, er wird
wiederkehren und er muss wiederkehren.
Bevor ich die Siegel erbreche
muss ich erst die Kerzen entzünden, es sind magische Kerzen, ich fand
sie auch in den Kellern des weissen Turmes, gut verborgen. In jeder
Flamme lebt ein Geist, die Flammen werden mir den Weg weisen, so sagte
mir der Wächter der Keller, auch er kennt die Namen nicht, doch
fürchtet er sich vor den Geistern, weshalb gab er mir das, was ich
suchte, hatte er Mitleid mit mir, oder sollte es etwas anderes als
Mitleid sein? Wie dem auch ist, er gab mir für einen Kuss auf meine
Lippen die Kerzen und für die Schriftrolle verlangte er weit mehr.
Doch für Boromir bin ich bereit, alles zu geben, auch mich selbst.
Es
ist nun keine Zeit mehr, zu zögern, das hat ein Ende und mit zitternden
Händen entzünde ich die erste Kerze.
Erste Kerze, nun bist du entzündet. Meine Hände zittern zu sehr, liegt
es daran, dass die Flamme so unruhig ist? Einen langen Augenblick
flackert sie, die Flamme tanzt. Mit leiser Stimme spreche ich Worte,
ich weiss nicht, ob der Geist der Flamme sie hört, ich kenne ja seinen
Namen nicht.
"Geist dieser Flamme, ich entzünde diese Kerze für
Boromir,
dass er zu mir zurückkehrt in das Leben, zurück zu mir, wenn es dir
möglich ist, so hilf mir und weise Boromir den Weg zurück."
Ich lausche, es scheint mir, als hörte ich eine leise Stimme. Doch ich
muss mich getäuscht haben, denn um mich ist eine Stille, so, dass ich
meine sie mit den Händen greifen zu können. Nun brennt die Kerze mit
hoher, reiner Flamme. Ich starre sie an, kein Zeichen ist zu erkennen.
Ich hoffe so sehr, dass es die rechten Kerzen sind, die der Wächter mir
gab. Noch einmal rufe ich den Geist der Flamme an, meine Stimme wird
schrill vor Erregung. Nichts ist zu erkennen und die Verzweiflung hält
mich in ihren Klauen. Eine leise Stimme höre ich, Boromirs Stimme, die
ich ganz deutlich vernehme. "Gib doch nicht immer sofort auf, mein
Herz,
warte erst, ob dein Beginnen nicht doch Erfolg zeigt, gib nicht immer
gleich auf." Boromirs Stimme, habe ich sie wirklich gehört oder hörte
ich Worte, die er einst zu mir sprach? Nein, ich gebe nicht auf, seine
Worte sind mir alles und ich sehe, dass die Flamme sich mir zuneigt,
sie brennt ruhig weiter, sie flackert nicht, doch sie zeigt nun auf
mich. Ein leiser Rauch steigt von ihr auf, er zieht zu mir, er
verdichtet sich, als er mich erreicht und brennt in meinen
Augen. "Deine
Augen" so sagte Boromir, "deine wunderschönen Augen sind für mich die
Fenster zu einer anderen Welt." Er nahm mein Gesicht in seine Hände und
sah mir in die Augen, so tief, bis wir nur noch Augen füreinander waren
und seine Augen waren für mich die Fenster zum Glück. Seine Augen
wurden
Unendlichkeit für mich, dann spürte ich seine Lippen, seine Zunge, ganz
zart und liebevoll, bis meine Zunge das Spiel erwiderte und unsere
Lippen miteinander verschmolzen waren. Das Glück, wie lange musste ich
darauf warten, warum nur hasste er mich zu Beginn? "Ich hasste dich,
weil du so schön bist, weil dich jeder bewunderte und mein Stolz
verbot
es mir, mich in die Reihen deiner Bewunderer einzureihen." So sagte
mir
Boromir, als wir endlich unseren Stolz aufgaben. Welch langer Weg war es
bis dorthin, ich hasste ihn ja, weil er mich hasste und ich war stets
unsicher in seiner Gegenwart.
Beim Entzünden der zweiten Kerze ist meine Hand schon sicherer.
Nun
weiss
ich, dass der Geist der Flamme mich hört. "Geist der zweiten Flamme,
kennst du den Weg in das Reich des Todes? Wenn du ihn kennst, so zeig
ihn mir und weise Boromir den Weg zurück." Die Flamme der zweiten Kerze
flackert hoch auf und neigt sich mir zu, waagerecht brennt sie, ihr
Rauch verdichtet sich wiederum und zieht zu mir. Er vereinigt sich mit
dem Rauch der ersten Kerze und legt sich auf meine Haut. Wie oft
strich
Boromir mit seinen rauhen Fingern, die so unendliche Zärtlichkeit in
sich bargen über meine Haut. Lagen wir beieinander, so strichen seine
Finger über jede Stelle meines Körpers, seidenweich, wieder und wieder,
bis mein Mund vor Lust zuckte und mein Körper sich ihm entgegen bog,
bereit sich ihm völlig hinzugeben.
Meine Hände sind nun leer, doch sie wollen Boromir fühlen, sie wollen
ihn packen und rasch entzünde ich die dritte Kerze. "Geist der dritten
Kerze, ich weiss, dass du den Weg ins Reich der Toten kennst. Nimm
Boromirs Hand und führe ihn zu mir." Ich bin nicht mehr überrascht, als
sich auch diese Flamme mir zuneigt und der Rauch sich mit dem der
beiden
ersten vereinigt. Er ist viel dichter geworden, seltsam, dass
Kerzenflammen soviel Rauch absondern. Ich horche in die Stille, wird sie
nicht doch von leisen Stimmen unterbrochen? Boromirs Stimme, einst
klang
sie so.
"Schafft mir doch diesen kleinen Niemand vom Halse, hat Herr Elrond
keinen Besseren gefunden, der uns begleiten könnte? Er bringt ja gar
nichts zu Wege." In seiner Gegenwart war ich stets unsicher und so
verfehlten meine Pfeile eines um das andere mal ihr Ziel, wenn er mich
mit seinen spöttischen Augen musterte.
Nein, es sind keine Stimmen zu hören, die Stille wird immer dichter,
genau wie die Dunkelheit, die Flammen der Kerzen erhellen die
Dunkelheit
nicht, sie sind wie leuchtende Punkte, die auf mich zeigen. Meine Hände
zittern wieder, ich fühle eine solche Furcht, wie ich sie nie spürte.
Mit vor Angst zuckendem Mund schaue ich auf die Siegel, ruhig schimmern
sie im Dunkel, was wird sein, wenn ich sie erbreche, wird mein Herz
stehen bleiben, vor Angst, wenn ich doch schon beim Entzünden der
Kerzen
vor Entsetzen ganz bleich bin?
"Keine Angst, kein Entsetzen, komm mein Prinzchen, fürchte dich nicht,
ich halte dich. Du bist doch bei mir und dir wird nichts Böses
geschehen." So sprach Boromir zum ersten Mal liebevoll zu mir, ganz
unvermutet, in den Minen von Moria, als ich vor Furcht erstarrte vor
dem Balrog Morgoths. Seine Arme umfingen mich, und ich schmiegte mich
an
ihn, seine Lippen berührten mein Haar und meine Hände umfingen seinen
Hals, fester und fester drückte er mich an sich, ruhig, sicher spürte
ich das Schlagen seines Herzens und ich war geborgen, bei ihm, in und
an
seinem Herzen. Einen Augenblick lang legte ich meine Lippen auf die
seinen und er küsste mich, ein Kuss so voller Leidenschaft, wie ich ihn
niemals gefühlt hatte, wir fanden erst wieder zu uns selbst, als
Gandalf uns unwillig vorwärts stiess. Von diesem Augenblick an war
alles, was ich fürchtete, zerstoben im Sturm seiner und meiner
Gefühle.
Der Rauch der drei Flammen schwebt nun vor meinen Augen, er wogt
unruhig, verdichtet sich, löst sich auf, verdichtet sich wieder und nun
sehe ich es, ich erkenne es deutlich, aus dem Rauch sieht mich ein
Augenpaar an. Oh Valar, mich narren meine Sinne nicht, es sind Augen,
sie blicken starr, sie blinzeln nicht, sie sehen mir genau in die
meinen. Ich spüre, wie ich erstarre, ich kann mich nicht bewegen, sind
es.... ja, Valar, nein, ich darf sie nicht anrufen, vielleicht helfen
mir die Geister sonst nicht weiter. "Sie tun nichts umsonst," so warnte
mich Gandalf, "stets und immer fordern sie Tribut. Nimm dich in acht,
Legolas." Sie fordern Tribut, was werden sie fordern? Oh, ich weiche
zurück, ich weiss ja nicht, was ich geben soll, was sie fordern, das
hatte ich nicht bedacht als ich begann. Ich umklammere die
Schriftrolle,
als könnte mir daher Hilfe kommen, die Siegel drücken sich in meine
Hand. Sie brennen in meinen Händen. Die Augen, sie verflüchtigen sich
nicht, sie werden deutlicher, ich will sie nicht ansehen, doch ich
muss
es tun, sie zwingen mich, sie anzusehen, ich blicke in sie und ich
schreie auf. Es sind die Augen Boromirs, die mich ansehen, sie blicken
voller Kälte, so voller Eiseskälte, niemals blickte er so im Leben, er
ist fortgegangen, doch seine Augen sind hier und ich schreie, ich
schreie.
Ich schlage die Hände vor meinem Mund, es ist von Übel, wenn ich so
schreie, Gandalf könnte mich hören, er liess mich die vorigen Tage
nicht
aus den Augen. Zitternd kauere ich mich zusammen und starre entsetzt in
die Augen, die immer noch starr, ohne zu blinzeln in die meinen sehen."
Boromir" flüstere ich leise, "Boromir, sieh mich nicht so an, ich
fürchte mich vor deinem Blick. Warum siehst du mich so an, warum, sage
es mir doch.
Kannst du mich nicht mehr lieben? "
Ich entzünde rasch die vierte
Kerze und schliesse fest die Augen, um nicht sehen zu müssen, wie ihr
Rauch zu den vorigen zieht. Ich sehe nichts, aber ich spüre den Rauch.
Langsam wage ich zu blinzeln, auch ohne dass ich den Geist der Flamme
ansprach, brennt die Kerze, indem sie waagerecht auf mich zeigt.
Boromirs Augen blicken mich starr an und ich sehe, dass im Rauch ein
Mund erscheint, sein Mund. Er lächelt, aber es ist ein grausames
Lächeln, nie sah ich ihn so lächeln. Boromirs Lächeln, wann war es, als
er mich zum ersten mal anlächelte, nach unserem Kuss in den Minen von
Moria?
War es in Lorien? Ja, es muss dort gewesen sein, aber ich kann mich
nicht erinnern, weshalb kann ich das nicht? Mit aller Gewalt zwinge ich
die Erinnerung hervor, ich will ihn sehen, so, wie ich ihn einst sah,
sonst kann ich dieses hier nicht aushalten. Legte er mir dort die Hand
auf die Schulter? Lächelte er dort das liebevolle Lächeln, das allein
mir
galt? Oder folgte er mir? Ja, ich glaube, er folgte mir, ich kannte in
Lorien eine Lichtung, weitab von allem, was lebte, ich war schon in
Lorien gewesen. Nein, er folgte mir nicht, war es nicht so, dass wir
gemeinsam gingen? Zuerst gingen wir Hand in Hand nebeneinander und dann,
ja so war es, ich kann nicht klar denken und Schweiss steht auf meiner
Stirn. Wir blieben ab und zu stehen, um uns zu küssen, war es nicht
so? Unter liebevollen, erst zarten und dann leidenschaftlichen Küssen
liess er sich mit mir in den Armen in das weiche Gras sinken. Er deutete
meine Tränen falsch, er dachte, er wäre zu rauh, und ich wollte, ich
wäre unschuldig gewesen. "Hörst du Boromir, ich wollte ich wäre
unschuldig gewesen, es tat mir so leid." Der Mund bewegt sich, eine
leise Stimme ist zu hören, es ist unverkennbar Boromirs Stimme. "Kleiner Hurenjunge, hast du mich nicht betört? Du hättest gewollt, dass
ich mit aller Kraft zustosse, es konnte dir doch nie hart genug sein.
Du hast so unschuldig getan, dass ich es nicht zuwege brachte, hattest
du mit einem mal Lust auf ein bisschen leichten Beischlaf? Du wollstest
mir die Lust nicht gönnen, stimmt es? Stimmt es nicht, Hurenstück?" Ich
bin so entsetzt, ich strecke meine Hände nach dem Mund aus." Boromir,
das ist nicht wahr, ich habe dich geliebt und ich wollte es wirklich.
Ich kann doch nichts dafür, dass ich die Liebe zuerst von meinem Vater
lernte und dann von vielen, die mich bewunderten. Ich habe es dir
gesagt, ich habe es dir doch gesagt." Meine Stimme klingt schrill vor
Hysterie, dann geht sie in einem Schluchzen unter.
Dort in Lorien sagte ich es ihm und er zog mir unter zarten Küssen
meine Kleidung aus, ein Stück nach dem anderen und liess auf jede
Stelle
meines Körpers, die er nackt sah, einen Kuss folgen. Ich selbst tat
nichts, wie gelähmt, aber gelähmt vor Freude, lag ich und Tränen
standen
in meinen Augen.
"Doch," sagte er leise und strich mir über die Augen und die Lippen.
"Doch Legolas," zum ersten mal nannte er mich beim Namen "Du bist
unschuldig, du bist es wieder, nun ganz allein für mich."
"Dreckstück, Hure, mit jedem hast du es getrieben, mit jedem. Und du
kannst dafür. Du wolltest es so." Ich verberge meinen Kopf in meinen
Armen und halte mir die Ohren zu, um die Stimme nicht mehr zu hören.
Andere Worte, liebevolle und zarte Worte höre ich nun." Komm, mein
Kleines, meine kleine Blume, willst du es denn wirklich?" Heftig
schlang
ich die Arme um seinen Hals.
"Ja," jubelte ich, nur "ja". Er ging so unendlich behutsam vor, als
könnte er mich zerbrechen und ich genoss es, es war schöner, als ich
es
je erlebt hatte und niemals hätte ich geglaubt, dass der rauhe Krieger
so zärtlich sein konnte. Er hielt meine unruhigen Hände mit einer Han,d
mit den Fingern der anderen strich er über meinen Körper, leicht und
zart, wie ein Blatt, das vom Baum fällt. Vorsichtig fuhren seine Lippen
über mein Glied und ich sah und hörte nichts mehr, ich bestand nur noch
aus Gefühlen und Sinnen. Als er sah, dass ich bereit war, ihn zu
empfangen, allzu bereit, drang er behutsam in mich ein, ganz
vorsichtig, um mir nicht weh zu tun .Wir fanden beide gleichzeitig
Erfüllung und in seinen Armen bekam das Glück einen Namen. Boromir.
Der Mund vor mir verzerrt sich. "Hätte ich doch richtig zugestossen,
gleich von Anfang an, ich hätte mehr davon gehabt.
Du? Du warst das doch gewöhnt. Ich liess mich nur von dir einwickeln.
Du tatest so unschuldig." Ich schreie wieder. "Es war der Himmel,
Boromir, hörst du? Es war Himmel, so wunderschön war es."
Der Mund
öffnet sich wieder, aber bevor er sprechen kann, fahre ich schreiend in
die Höhe und entzünde die fünfte und die sechste Kerze, ich schreie
immer wieder. "Das ist nicht wahr, was ich hier höre, es kann nicht
wahr
sein. Niemals habe ich so etwas von dir gehört, Boromir. Das bist nicht
du, das bist nicht du, das bist nicht du...." Wie oft ich diese Worte
wiederhole, weiss ich nicht, ich weiss nur, dass ich unaufhörlich den
gleichen Satz sage. "Das bist nicht du." Einen Augenblick sehe ich
nur
Schwärze vor mir, schwanden mir die Sinne?
Der Rauch der Kerzen zeigt nun Hände. "Valar, ich will es nicht mehr,
ich kann nicht mehr." Die Hände bewegen sich auf mich zu und ich weiche
zurück. Ich bewege mich ungeschickt vor Grauen und ich trete auf das
erste Siegel der Schriftrolle, es bricht." Ich wollte es nicht mehr,
hörst du Gandalf? Es ist nicht Boromir, den ich gerufen habe. Ich will
Boromir, ihn wollte ich, nichts Böses. Boromir, wo bist du? Komm doch,
bitte komm." Was wird nun geschehen, ich spüre schon Entsetzliches,
und
ich kann es nicht mehr beenden, die Hände kommen immer näher, "Hilf
mir,
hilf mir doch Gandalf."
Gandalf hört mich nicht, niemand hört mich, ich sehe entsetzt auf die
Hände, einen Augenblick sieht es aus, als wollten sie sich um meinen
Hals legen, sie lassen aber wieder von ihren Tun ab und legen sich um
meine Schultern. Sie stossen mich vor die siebente Kerze, sie wollen,
das ich sie entzünde und ich wage es nicht, mich zu widersetzen.
Alle
sieben Kerzen zeigen mit ihrer Flamme auf mich, ich bin in ihrem Kreis
gefangen und kann nun nicht mehr entkommen. Stöhnend kauere ich mich
zusammen und sehe auf das zerbrochene Siegel. Es ist in der Mitte
durchgebrochen, und ich beginne zu zittern, das Böse, jetzt meine ich
es
zu erkennen. Zögernd erhebe ich den Kopf und sehe auf die Augen und den
Mund. Nun formt sich ein Gesicht aus dem Rauch der Kerzen, es ist
Boromirs Gesicht. Sein Mund öffnet sich wieder, er beginnt zu sprechen.
Klagend ist seine Stimme: "Legolas, mein kleiner Legolas, fahre fort,
befreie mich, hole mich zu dir, es ist so kalt hier, solche Eiseskälte
herrscht hier, komm, wärme mich." Es ist Boromirs Stimme, wie ich sie
immer noch höre, und die Hände umfangen mich, sie streicheln meine
Wangen, sie ziehen mich empor, nahe zu sich. Mir wird übel, ich kann
nicht stehen, fast ist es mir, als sollte ich fallen, ich kann mich
nicht auf den Beinen halten, was ist das nur, niemals habe ich solches
verspürt, warum nur kann ich nicht mehr stehen... "Komm, mein
Herz ,meine
kleine Blume " sagt Boromirs Stimme, "komm zu mir, wärme mich." Ich
gebe
der Stimme nach, leise, schmeichelnd ist sie, wie gern will ich Boromir
wärmen, dann sehe ich wieder in die Augen, sie blicken noch kälter und
mit eisigem Hohn auf mich. Ich will schreien, aber ich kann es nicht
mehr, meine Stimme gehorcht mir nicht und mit einem Seufzer sinke ich
zu
Boden. Boromirs Stimme, wo sagte er nur "meine kleine Blume", ja, es war
in Lorien, als er mich zum ersten mal liebte. Ich fahre mir über die
Stirn, sie ist mit kaltem Schweiss bedeckt "Meine kleine Blume", fast
muss ich nun lächeln. Nie hätte ich solche Worte vermutet unter der
rauhen Hülle. Nie hätte ich geglaubt, dass der Krieger aus Gondor, der
so geschickt und mit solcher Kraft das Schwert führte, so zärtlich sein
könnte. Er war zärtlich allein zu mir, nur zu mir sprach er solche
Worte, nur mit mir lachte er und nur mit mir war er übermütig. Ich sehe
ihn lachen, als wir uns die Kleider vom Leib rissen und und den Fluss
sprangen, er versuchte mich einzuholen, aber an Schnelligkeit war ich
ihm weit überlegen. "Fang mich" rief ich übermütig,
warf schnell
meine
Kleidung von mir und sprang in das kalte Wasser. Wenige Augenblicke
später war Boromir neben mir, wir spritzten, lachten und versuchten
uns
unter die Wasseroberfläche zu drücken, wie Kinder, die nichts Böses
vom Leben wissen, bis wir uns umarmten und uns im kalten Wasser des
Flusses liebten. Zärtlich, stürmisch.
Oh, Boromir, meine Sehnsucht ist
so gross nach dir, ich will dir ja gern helfen, aber ich kann den Kopf
nicht einmal heben, was soll ich denn tun? Die Stimme Boromirs spricht
wieder, sie trieft nur so vor Hohn. "Mein Herz, du willst nicht zu mir
kommen? Steh auf, komm in meine Arme." Abwehrend strecke ich die Hand
aus, ich kann nur noch schwach meinen Kopf bewegen, aber ich will
nicht,
ich will nicht in die Nähe dieses Wesens, das da mit der Stimme meines
Geliebten spricht." Manchmal," sagt die Stimme, "Manchmal bist du gar
nicht so dumm. Du hast ganz richtig erkannt, dass du nicht Boromir
zurückgerufen hast. Du wirst mir gehorchen, das weiss ich, nicht
wahr,
mein Herz, meine kleine Blume? So nannte er dich doch. Du musst die
Siegel brechen, eines nach dem anderen. Hättest du auf den Magier
gehört, so hättest du mich nicht befreien können. Du hast mich befreit
und dafür bin ich dir beinahe dankbar. Legolas, du hast das Unheil
gerufen, du hast mich gerufen und du wirst dem Unheil ins Gesicht
sehen können, du allein, darauf kannst du stolz sein, Legolas, mit
deiner Hilfe werde ich stark sein, so stark, dass mir niemand mehr
wiederstehen kann. Dafür werde ich dich belohnen, Legolas, wenn du das
siebente Siegel gebrochen hast, wirst du die Belohnung erhalten. Sieh zu
mir" Die Hände fassen an meine Schultern, sie greifen ganz sacht nach
mir, noch haben sie nicht viel Kraft, aber ich bin so schwach, dass der
leichte Ruck mich aufrichtet. Mein Kopf fällt nach vorn, ich kann
nicht, nein, ich kann nicht, ich will vor Entsetzen wieder schreien,
aber ich höre meine Stimme nicht mehr." Du wirst alle Siegel brechen, dazu benötige ich dich, denn ich kann
es
nicht selbst tun. Legolas, beim siebenten Siegel wirst du etwas
erblicken, nein, mein kleines Dummchen, keine magischen Worte, wie man
dich glauben machte, du wirst etwas ganz anderes sehen. Du wirst
erkennen, wie dumm ihr doch alle seid, Menschen wie Elben. Und dann
gehörst du mir, Legolas, niemandem sonst, nein, du gehörst dann nicht
mehr Boromir, sondern mir und du kannst mir glauben, alles, was du
bisher erlebt hast, wird ein Nichts sein gegen das, was dann auf dich
zukommt. Breche das zweite Siegel, Legolas, tue es, je schneller die
Siegel gebrochen sind, um so eher bin ich bei dir." Ich kann nicht
mehr
schreien, ich liege auf dem Boden und strecke abwehrend eine Hand gegen
das undeutliche Gesicht und die Hände aus. " Valar" flüstere ich
"könnt
ihr mir helfen? Ich habe euch beleidigt, aber helft mir."
Zusammengerollt liege ich im Kreis der brennenden Kerzen, niemand hört
mich. Die kalten Hände tasten über meinen Körper. "So ist es gut,
mein
Kleines, nimm nun das zweite Siegel, nimm es in die Hände, komm, brich
es."
Noch einmal flüstere ich leise. "Wirst du mir Boromir zurückgeben, wenn
ich tue, was du willst?"
Die Finger an meiner Wange streicheln mich fast zärtlich.
"Vielleicht werde ich Boromir zurück gehen lassen, es kommt ganz auf
dich an. Aber glaube mir, du wirst Boromir nicht mehr wollen, du wirst
nur noch mich sehen. Willst du, dass ich Boromir gehen lasse, auch wenn
du
ihm nicht mehr gehören kannst?"
Selbst um diesen Preis bin ich dazu bereit, denn Boromir soll leben.
"Ja" flüstere ich und mit kraftlosen Händen breche ich das nächste
Siegel.
Und was kam dann? Ich kann mich nicht erinnern, alles schwimmt vor
meinen Augen, ich halte sie fest geschlossen, ich will nichts mehr
sehen
und ich kann auch nichts mehr sehen. Nun ist es fast schön. Ich höre
Klänge, ist das Musik? Es sind wunderbar zarte Klänge und immerzu
streicheln mich Finger, ganz zärtlich, das ist Boromir, seine Hände
sind
so zart, oh, ich kann mich nicht bewegen, aber ich gebe den
streichelnden Händen nach und biege mich ihnen entgegen. "Boromir,
Boromir, ich gebe dich zurück ins Leben, du lebst, ganz gleich was mir
geschieht.
"Wenn wir leben, mein Herz," so sagte Boromir an jenem
letzten Abend, "wenn wir alles überleben, bleibst du dann immer bei
mir?" Meine Stimme klang schrill vor Erregung "Rede mir nicht vom
Sterben, Boromir, du bist die Kraft und das Leben selbst." Lächelnd
wickelte er eine Strähne meines Haares um seinen Finger." Aber mein
Kleines, eines Tages werde ich sterben, ich werde alt sein, meine Zähne
werde ich verlieren und ich werde schwach sein. Du bleibst dagegen
immer
jung und schön, wirst du mich dann verlassen?" Heftig schlang ich
die
Arme um ihn. "Nie, nie werde ich dich verlassen, wenn du alt und
schwach bist, werde ich dich pflegen und wenn du stirbst, werde ich
für
immer an deinem Grab bleiben."
Es kam alles anders, als wir es uns erträumten, aber noch kann ich ihn
ins Leben zurückrufen, wenn ich alles tue, was das Wesen mir gebietet.
Mir ist, als packen die Hände fester zu, ich glaube, ein
Schmerzenschrei entfährt mir, aber es ist nur ein leises Stöhnen, ich
habe längst nicht mehr die Kraft zu schreien. Habe ich die Siegel
gebrochen? Ich kann mich nicht erinnern. Ich spüre nur die Kraft, die
in
den Händen ist, sie fahren über meinen Körper, sie richten mich auf,
sie
führen meine Hände und geben mir die Siegel, dass ich sie breche, ich
tue es, dann sinke ich zurück. Ich spüre seine Anwesenheit durch die
Kälte, die von ihm ausgeht. " Brich nun das siebente Siegel, Legolas,
brich es." Ich will etwas sagen, aber ich kann die Lippen nicht
bewegen,
und doch höre ich meine Stimme. "Wenn ich das Siegel breche, lässt du
mich Boromir sehen?" Ein leiser Hauch ist die Antwort, ich höre die
Stimme, aber dringt sie an mein Ohr, oder ist sie nur in meinen
Gedanken.? "Du kannst Boromir niemals sehen, denn du kannst nicht in
das
Reich der Toten gehen." Und ich höre deutlich meine Antwort: "Aber
ich
bin doch tot, ich bin gestorben." Wieder streicheln mich die Hände. "Du
gehst nicht mit mir in das Reich der Toten, ich werde mit dir in ein
anderes Reich gehen, dessen Namen man hier nur mit Grauen ausspricht,
aber du wirst dort sein, mit mir." "Lässt du Boromir aus dem
Totenreich
zurück ins Leben?"
Beide Hände legen sich nun fest um mein Gesicht. Ich
versuche es zu befreien, ist es so, dass ich zu schwach bin, oder ist
die Kraft der Hände viel mächtiger geworden? "Nein Legolas, Boromir ist
tot und kehrt nie wieder, finde dich damit ab." Ich versuche, mich
aufzubäumen, aber er drückt mich nieder." Du hast gelogen, du hast
gelogen." Kein Schrei, nur ein leises Schluchzen entfährt mir. "Lass
mich gehen, lass mich bitte gehen." Die Stimme ist leise, gefährlich
leise. "Ich lasse dich niemals gehen, Legolas." "Doch, ich werde
gehen, ich werde dich verlassen." Lautlos ist mein Schrei. "Du wirst
mich niemals mehr verlassen Legolas,
niemals." "Warum, warum nur?"
Die Hände greifen fest zu und nageln mich auf den Boden. Lippen nähern
sich den meinen, ich kann ihre Kälte fühlen. "Weil ich dich liebe,
Legolas." Meine Stimme klingt wieder und noch einmal entfährt mir ein
Schrei. "Du... liebst.... mich..... du?" Die Lippen pressen sich auf
die
meinen, ich kann ihnen nicht ausweichen, sie sind eisig, Ekel steigt in
mir hoch. Als sie sich von mir lösen, muss ich mich erbrechen. "Boromir, hilf mir, er hat gelogen, er will dich nicht gehen lassen."
So
schwach ich bin, ich richte mich auf und öffne die Augen. Er steht vor
mir, er in Boromirs Gestalt. Noch sind die Wunden zu sehen, die die
Orcpfeile ihm zufügten, doch seine Augen sind nicht die Boromirs, sie
glühen, nein es ist nicht Boromir, ich täusche mich nun nicht mehr. Ich
sinke nieder und umfasse seine Knie. "Ich bitte dich, lass Boromir
gehen, ich will tun, was du willst, ich werde gehen, wohin du willst,
bitte, ich bitte dich....." meine Stimme erstirbt, mein Kopf fällt auf
seine Füsse.
"Nun, fast rührst du mich, meine kleine Blume, vielleicht, nein, ich
werde Boromir zurück ins Leben lassen, aber es gibt nichts umsonst,
er wird zusehen, bei dem, was ich mit dir beginnen werde, und er wird
wünschen, dass er zurückkehren darf in das Totenreich. Ich werde mit
dir
auf der Erde bleiben, solange, bis sie vernichtet ist und nichts
Lebendes mehr zu finden sein wird. Dann beginnt für dich die Qual und
sie wird ewig sein." Welche Qual, ich höre nur noch, dass Boromir
zurückkehrt, er kommt und ich habe ihn gerettet, er kommt. Das Wesen
mit
Boromirs Gesicht reisst mich in die Höhe. "Hier, nimm das siebente
Siegel, nimm es Legolas." Drohend ist seine Stimme. "dann kehrt
Boromir
zurück, er wird sehen, wie dein zarter Leib unter dem meinen alles, was
ich dir geben werde, in sich aufnimmt, vielleicht bereitet es ihm ja
Vergnügen, zusehen zu dürfen und vielleicht wird er von mir lernen
können, mein Kleines, gleich ist er hier, freust du dich auf mich,
mein
Herz? Hier, nimm das Siegel und breche es." Leise Worte spreche ich,
um ihn nicht mehr hören zu müssen. "Für Boromir und dass er leben möge,
dass er glücklich sein möge, mein lieber Boromir," mit einem Lächeln
auf den Lippen sinke ich zu Boden, das zerbrochene siebente Siegel fest
in meinen Händen.
Die Farben der Finsternis, nun sehe ich sie, ich erkenne sie, es ist
meine letzte Erkenntnis hier auf dieser Welt, die schön war für mich,
mit ihren bunten Farben, mit den Farben der Sonne und des
Sternenlichts, nun sehe ich nur noch eine Farbe, schwarz. Das Schwarz
des Bösen hat viele Schattierungen, gerade soviel, wie das Böse Namen
hat. Welchen Namen hat das Böse, werde ich ihn erfahren? Ich muss ihn
nicht mehr erfahren ich brauche ihn nicht mehr zu wissen, alles ist für
mich zu Ende. Als nächstes kommt der Schmerz, brennend ist er, wie
feurige Pfeile bohrt er sich in meinen Körper , solchen Schmerz erlebte
ich nie, ich will schreien, ich will.... ich kann nicht, nein, nein,
ich
kann nicht, hilf mir, wer auch immer, ich weiss nicht mehr, wen ich
rufen soll, es brennt in mir, es brennt so entsetzlich und ich bin
kraftlos. Entsetzte Schreie dringen an mein Ohr, aus weiter Ferne
scheinen sie zu kommen, wessen Schreie höre ich. Boromirs Schreie sind
es, ich kenne diese Stimme, rauh und abweisend, liebevoll, zärtlich,
doch ich hörte ihn nie schreien, er starb lautlos, weshalb höre ich
seine Schreie? Entsetzen klingt in ihnen, Boromir, was tut man dir an,
dort, wo du bist. Der Schmerz, ich kann ihn nicht mehr
ertragen. Dunkelheit umgibt mich, eine Ohnmacht erlöst mich und langsam
verebbt der Schmerz, selbst die Schwärze scheint sich in ein graues
Nichts aufzulösen. Ist das das Licht? Langsam löst sich das Grau auf,
ja, es ist Licht.
Zögernd öffn ich die Augen. Umrisse schälen sich aus dem Nichts, ein
Bild formt sich. Meine Tränen lassen die Formen wieder verschwimmen,
ich kann nichts mehr erkennen.
Zögernd sanft streicheln Finger mein Gesicht, ich fühle, dass Tränen
auf meine Haut tropfen, wer weint denn um mich, wer nur, kann denn noch
jemand um mich weinen nachdem, was mit mir geschehen ist? Das Licht
dringt in meine Augen, ich erkenne ein Gesicht, das sich über das meine
beugt, ich öffne meine Lippen, Boromir, es sind Boromirs Augen, die
mich
ansehen, sie sind dunkel vor Schmerz und sie stehen voller Tränen.
"Boromir" ich versuche nach seiner Hand zu greifen, und er nimmt meine
Hand in die seine. Er vermag keine Worte zu sprechen, alles an ihm ist
Entsetzen. Boromir, du bist hier, du bist wirklich hier. Seine Stimme
klingt, es ist wahrhaftig seine Stimme
"Legolas, mein Herz, Legolas...." Meine Hände sind wie Eis, Boromirs
warme Hände vermögen sie nicht zu wärmen und ich fühle, wie sich die
Kälte in mir ausbreitet.
Eine kalte Stimme höre ich nun, es ist auch
Boromirs Stimme und sie klingt doch ganz anders, ein seltsamer
metallischer Laut.
"Es ist genug, du hast ihn gesehen, du siehst, ich habe mein Wort
gehalten, Boromir ist zurückgekommen, das verdankt er allein dir. Du
bist gefügig, mein Kleiner, es gefällt mir fast und du hast eine
Belohnung verdient. Boromir wird ungestört auf Erden wandeln dürfen,
ihm
wird sogar ein hohes Alter beschieden sein." Dort im Kreis der immer
noch brennenden Kerzen steht Boromir ein zweites mal, mit den glühenden
Augen, und der kalten Stimme, während mein Boromir mich umklammert,
schluchzend, verzweifelt. Das Wesen dort, wie soll ich es nennen, das
Wesen tritt hinter ihn und legt ihm die Hand auf die Schulter. Boromir
erstarrt, nur seine Augen leben noch. "Du wirst alles vergessen haben,
wenn du erwachst, alles, du wirst dich nicht mehr an diesen kleinen
Elben erinnern. Du wirst Söhne zeugen, die deinen Namen weitertragen.
Ich bin grosszügig, du siehst es, denn ich bin gut gestimmt, Legolas
ist köstlich, sein Leib bereitet mir ein ausserordentliches Vergnügen
und du hast zugesehen." Er nimmt die Kerzen und zerbricht sie, eine
nach
der anderen, dann legt er mir die Schriftrolle mit den gebrochenen
Siegeln auf die Brust.
Ich versuche mich aufzurichten, doch seine Hände drücken mich auf den
Boden. "Du wirst jetzt schlafen und wenn du aufwachst, mein Liebchen,
wird mir nicht nur dein Leib, sondern auch deine Seele gehören und du
willst dann nicht mehr von mir gehen, du wirst mein zweites Ich
sein."
Wer ist es, er kann nicht der Tod sein, dieser ist grausam, aber nicht
böse. Ich werde nicht ruhen, bis ich erfahren habe, wer er ist, wen ich
gerufen habe. War es falsch, ihn zu rufen? Hätte ich auf Gandalf hören
sollen? Ist Boromir nur zurückgekehrt um im ewigen Schmerz langsam ein
zweites mal zu sterben? Nein, er soll glücklich sein, er soll mich
vergessen, aber was ist mit mir, Valar, was wird aus mir? "Schlafe,
Legolas, schlafe und vergiss." Ruhig monoton klingt die Stimme.
Meine Lider werden schwer, ich werde schlafen, ich werde nichts mehr
wissen, ich werde vergessen und es ist gut so, und doch, mit heller
Stimme ruft noch einmal das Leben
"Legolas" und noch einmal, "Legolas" Boromirs Stimme ist es, warnend
und drängend. "Schlafe nicht; Legolas, tu nicht, was er dir gebietet,
vergiss nicht......." Mein Geist ist hellwach, nein, ich werde nicht
schlafen und ich werde nicht vergessen.
Boromir kniet noch neben mir,
er kann sich nicht bewegen, nur seine Augen leben, sie sehen mich an,
voller Liebe und voller Schmerz über unsere Hilflosigkeit. Kraftlos
drücke ich seine Hand. "Vergiss auch du nicht Boromir, vergiss nicht,
wenn du aufwachst, hilf mir, Boromir." Er kann nicht sprechen, aber
seine Augen sagen mir, dass er sich erinnern wird. Die Schatten senken
sich über mich und alles verschwimmt wieder vor meinen Augen. Boromir
Stimme klingt in mir "Ich werde nicht vergessen, Legolas, und du,
erinnere dich, schlafe nicht, schlafe niemals und wenn ich lebe, dann
finde ich dich." Mein Geist ist hellwach, nein, ich vergesse nicht,
ich
stosse die Schriftrolle von meiner Brust. Wer sagte doch noch, ich höre
es deutlich, stark wie der Tod ist die Liebe und wenn Boromirs Liebe
stark genug ist, wird er mich finden. Wenn sie ........es ....ist
Boromir!!!!!!!!!!!!!!!!!!!...............
Ich erinnere mich, ja, ich erinnere mich an alles, " Boromir" leise
nur in mir rufe ich, damit er es nicht hört, damit er weiterhin glaubt,
ich würde vergessen, ich hätte vergessen. Ich vergesse nicht, alles ist
so deutlich, Boromirs Gesicht, seine Augen, er ist wieder auf Erden.
Über Äonen führt mein Weg, leuchtende Kaskaden von Lichtern, Lichter
der
Sterne gleiten an mir vorüber, dann spüre ich, wie mein Körper langsam
zu Boden sinkt. Es umgibt mich Kälte und ich bin von grenzenloser
Dunkelheit eingehüllt. Ich fühle eisige Hände auf meinem Körper. Sie
halten mich fest, so fest, ich kann mich nicht bewegen. Ich höre die
Stimme meines Herrn, denn nun ist er mein Herr, allein kann ich nichts
mehr gegen seinen Willen tun. Er zeigt sich mir noch immer in Boromirs
Gestalt, doch er ist mir widerlich, ich kann seine Hände nicht ertragen
und der Gedanke an das, was er wieder und wieder mit mir tun
wird,
bringt mich zum Wahnsinn." Jetzt bist du daheim, mein Kind, nun
brauchst du dich um nichts mehr zu sorgen." Seine Hände tasten
forschend über meinen ganzen Körper. Sie drücken zu, mit einem
schmmerzhaften Griff, er entlockt mir einen schrillen Schrei, ein
rasender Schmerz durchzuckt meinen Körper. "Wehre dich nicht, es
bereitet mir Vergnügen und dir nur Schmerz, gewöhne dich daran, ich bin
dein Herr und du bist mein Sklave, ich kann mit dir tun, was ich will.
Glaubst du, ich hätte nicht bemerkt, dass du nicht vergessen hast?
Nichts aber auch gar nichts kannst du tun, ohne das ich es bemerke. Du
sollst selbst sehen, wie deine Gefährten an dich denken. Sieh hin." So
gebietet er und ich sehe finstere Wolkenberge, sie biegen sich und sie
krümmen sich, als hätten sie ein eigenes Leben, furchtbare Gestalten
kann
ich erkennen." Siehst du sie, Legolas? Es sind die Geister der
Finsternis, und du bist ihr neuer Herr, nach mir. Du wirst in drei
Tagen
ein Geschöpf der Finsternis werden du wirst genau wie sie, bereite
dich darauf vor. In drei Tagen, Legolas." Er drückt meinen Kopf auf den
Boden. "Sieh hin, Legolas, sieh genau hin."
Drei Tage, was sind drei
Tage, nichts sind sie, doch Boromir wird sich erinnern, er muss sich
erinnern. Ich will Boromirs Namen rufen, doch er presst seine Hände auf
meinen Mund. Ich kann mich nicht mehr regen und alles wird für mich zu
Ende sein, wenn Boromir sich nicht an mich erinnert. Ich werde nicht
mehr
ich selbst sein, ich werde verlöschen und ich werde ein Teil der
Dunkelheit, eine furchtbare Gestalt am nächtlichen Himmel. ""Boromir"
flüstere ich, " Boromir, schlafe nicht, vergiss mich nicht, erinnere
dich." Ich kann sehen, ich kann alles sehen, was in MinasTirith vor
sich
geht und ich sehe Boromir, er liegt noch auf den Knien so, wie ich ihn
verlassen musste, dann regt er sich, er nimmt eine der zerbrochenen
Kerzen in seine Hand und es ist, als sähe er mich, er sieht sich
suchend
um. Ja, den Valar sei Dank, er erinnert sich, seine Liebe ist stark,
doch dann, entsetzt will ich schreien, er hebt die zerfetzte
Schriftrolle auf und betrachtet die Bruchstücke des siebenten Siegels."
Nicht, Boromir, nicht, rühr sie nicht an, berühre das Siegel nicht."
Boromir verlässt mit festen Schritten das Gemach und er erinnert sich
nicht mehr. "Boromir" flüstere ich, " Boromir, schlafe nicht,
vergiss
mich nicht, erinnere dich." Valar... er erinnert sich...
nicht.....Verzweifelt schluchze ich, denn Boromir trägt die Rolle bei
sich, er vergisst mich ihretwegen.
Jubelnde lachende Gesichter tauchen
vor meinem Auge auf, ich sehe Boromir inmitten der Gefährten. Jeder
umarmt ihn, die Freude ist grenzenlos, ich sehe Boromir in den Armen
Aragorns, in den Armen seines Bruders und niemand fragt, wie das Wunder
geschah. Wie kann das möglich sein, niemand fragt, niemand, nicht
einmal Boromir. Nicht ein einziger der Gefährten verschwendet auch nur
einen Gedanken an mich, niemandem fehle ich, es ist entsetzlich. Mein
Herr hebt mein Kinn mit eiserner Hand, es schmerzt, wie alles was er
mit
mir beginnt, doch weit mehr schmerzt mich, dass ein Jeder mich
vergessen
hat. "Ich habe dir Qualen versprochen und ich halte jedes Versprechen."
Mein Herr hat recht, das sind die stärksten Qualen.
Eine Stimme,
fordernd, drohend ist zu vernehmen. "Wo ist Legolas, sagt doch, wo ist
er?" Mahnend verdrängt sie den Jubel, alles schweigt betreten. Gimli,
lieber Gimli, rauh warst du stets zu mir, aber für diese Worte liebe
ich
dich. Boromir runzelt die Stirn, kann er sich nicht erinnern an den
Namen Legolas? "Boromir", höre ich mich rufen, "wirf die Rolle von dir,
erinnere dich.I ch warte auf dich, ich warte so sehr" Gimli fährt ihn
zornig an: "Erinnere dich an Legolas, vergiss ihn nicht." Boromir hält
die Rolle noch in der Hand, zornig entreissst Gimli sie ihm und wirft
sie auf den Boden." Denke an Legolas." Ich spüre die Schmerzen nicht,
die
die Hand meines Herrn mir zufügen, sie hinterlässt tiefe Spuren auf
meiner Haut, aber es ist mir gleich. Hoffnung ja, Hoffnung erfüllt mich
und nun könnte ich jubeln. Ich sehe Boromirs Gesicht, Freude, Liebe und
Schmerz ist in ihm zu lesen, "Legolas" und noch einmal "Legolas, oh
Valar, helft ihm." "Boromir", schreie ich und lauschend hebt Boromir
den
Kopf, hört er meine Stimme? Als nächstes erblicke ich Gandalf, sein
Gesicht ist voller Schmerz. "Ich wusste es", höre ich ihn sagen, "doch
ich konnte nichts dagegen tun, er ist ein Kind der Finsternis und er
ist
verflucht." Auch das gehört zu meinen Qualen, ich liebte Gandalf und
er
gibt mich so leicht auf. Ein triumphierendes Lächeln ist auf dem
Gesicht
meines Herrn zu sehen. Weshalb lächelt er, denn Boromir und Gimli
werden mich suchen und sie werden mich finden. "Höre, Gandalf" ertönt
Boromirs Stimme, "selbst wenn du ihn verfluchst, ich liebe ihn, er wird
niemals ein Kind der Finsternis sein, er ist ein Kind des Lichtes."
Jubel ist in mir, grenzenloser Jubel, Boromir erinnert sich an mich, er
denkt an mich, der Herr allen Übels kann mich nun nicht mehr
schrecken.
"Freue dich nicht zu früh, mein Kleines," sagt mein Herr in meinem
Nacken. " Sie werden dich niemals finden, meine Macht ist grenzenlos
und ich werde es nicht zulassen.Denn mein Begehren nach dir ist vom
Wahnsinn geprägt und du wirst dich mir immer und immer wieder
hingeben,
bis in den Wahnsinn. Niemals, Legolas, finden sie dich, und niemals in
drei Tagen, nur solange ist noch Zeit für sie."
"Wenn ihr geht ihn zu suchen und zu finden, Boromir und Gimli", sagt
Gandalf," dann werde ich mit euch gehen, aus einem einzigen Grunde,
wenn
er bereits ein Kind des Bösen ist, werde ich ihn vernichten. Denn das
Böse darf nicht leben". Boromir, Gandalf und Gimli also, sie werden
mich suchen. Sie allein denken an mich, wenn auch aus verschiedenen
Gründen. Oh Valar, gebt, dass sie mich finden, vor ablauf der drei
Tage,
denn danach ist es zu spät. "Komm, du hast genug gehört", sagt mein
Herr, "mach dich bereit, mich zu empfangen, du sollst heute ein ganz
besonderes Vergnügen empfinden." Fügsam lege ich mich nieder und
entferne mein Gewand. Was ich auch spüren werde, es wird mich nicht
verletzen, ich werde keine Qual spüren, Boromir hat sich auf den Weg
gemacht, um mich zu finden Es gibt eine Hoffnung, eine winzige
Hoffnung, "Valar, gebt, das sie mich finden, vor Ablauf der drei Tage.
Valar, bitte."
Ich schliesse fest die Augen, was nun kommt weiss ich, der Schmerz
wird entseztlicher sein, als er bisher war, ich kann ihn nicht
ertragen,
doch kein Schrei löst sich aus meiner Kehle. Denn ich höre nur Boromirs
Stimme. "Ich liebe ihn und er ist ein Kind des Lichts."
Ja, Boromir, mein Liebster, was auch geschieht, ich bin ein Kind des
Lichts.
"Du wirst leben, Boromir, und wir werden das Licht sehen", habe ich
das
wirklich gesagt? Wo ist das Licht jetzt, ich sehe um mich nur
Dunkelheit. Boromir, du bist das Licht, das einzige Licht hier.
Ich kauere mich in einem Winkel zusammen, so dass ich glaube mich so
schützen zu können. Ich weigere mich, mein Haar zu ordnen und ich trage
nur eine Kutte, auf das Geheiss meines Herrn, sie ist schnell
abzustreifen, wenn er kommt und mich quält. Ich bin bei vollem
Bewustsein und er sprach davon, mich bis zum Wahnsinn zu lieben, in
diesen drei Tagen, ich soll vor Schmerz wahnsinnig werden, er will in
seiner unaussprechlichen Bosheit, dass ich nicht mehr ich selbst bin,
dass ich mich freiwillig in das Vergessen stürze. Er kann mich zwingen,
ein Geschöpf der Finsternis zu werden, doch es bereitet ihm Vergnügen,
zu sehen, wie ich mich mehr und mehr vom Leben entferne. Und ich merke,
ich entferne mich, keine Ohnmacht erlöst mich mehr, wenn er kommt, ich
erlebe alles bei vollem Bewustsein. Widerlich ist es, wenn sein
fauliger
Atem mein Gesicht streift, wenn seine Zähne sich in meine Lippen
schlagen, so dass das Blut hervortritt, wenn er eiskalt und doch
brennend in mich eindringt. Doch nun war er schon geraume Zeit nicht
hier, ich weiss nicht, wieviel Zeit vergangen ist und sie ist kostbar,
sie ist schon fast vorüber, die Zeit, die ich noch habe, Boromir muss
mich finden. Sonst ist alles zu spät.
Düstere Wolken, die Diener meines Herrn, sind bei mir, sie sollen
meine
Wünsche erfüllen, wenn sie nicht den Befehlen des Herrn zuwiderhandeln.
Einer von ihnen zeigt Mitleid, wie kann das angehen, Geister der
Finsternis zeigen Mitleid? Er streicht mir mit seinen durchsichtigen
Händen über den Kopf. "Mein junger Herr", so sagt seine Stimme", sei
nicht verzweifelt, du wirst einfach vergessen. Wenn du über das Böse
gebietest und alles Böse in dieser Welt hervor rufst, so wirst du es
nicht mehr wissen, nicht selbst erleben, nichts wird von dir mehr sein,
keine Gefühle wirst du mehr haben, tröste dich damit, junger Herr." Er
will mich trösten, ich weiss nicht, weshalb, aber gleichviel, ich bin
Legolas, ich bin Legolas und ich fühle und ich liebe und ich will
immer
und immer lieben. Ich kann meine Gefährten sehen, sie reiten stetig, ohne
Rast reiten sie, aber sie sind unruhig, sie finden den Weg nicht und
ich
kann ihnen den Weg nicht weisen, denn sie sehen mich nicht " Boromir,"
rufe ich, "folge den Wolken, Boromir, reite schnell, denn fast ist es
zu
spät." Hört Boromir mich? Fast scheint es so, denn er hebt lauschend
den Kopf und gibt seinem Pferd die Sporen, den düsteren Wolken
entgegen.
Boromir, Gandalf und Gimli, sie sind von Furcht geschüttelt, denn die
Geister stossen klagende Laute aus. Und doch reiten sie, sie kommen, um
mir beizustehen, sie allein haben mich nicht vergessen. Ich fühle,
meine
Zeit ist vorüber, bald werden sie kommen, um mich zu holen, sie werden
mein Haar ordnen und mich in prächtige Gewänder hüllen auf meinem
letzten Gang als Legolas, der Waldelb. So lange nur kann ich noch
fühlen, so lange noch kann ich in Liebe an Boromir denken und so lange
kann ich ihn noch sehen, nur so lange. Doch was werden sie dann mit mir
tun? Ich weiss es nicht und ich fürchte mich davor, vor dem
Unbekannten.
"Boromir!" mein Schrei hat ihn erreicht. Mit grimmigen Blick treibt
er
Gimli an und er widerspricht Gandalf, der ihm warnen will. Gandalf
will
nicht den Wolken folgen und es ist mir, als wollte er mich meinem
Schicksal überlassen, nein, nicht meinem Schicksal, er will mich
vernichten, aus diesem Grund folgt er Boromir, denn ich kann ihre
Gedanken sehen, ich kann sehen, was meine Gefährten denken. Gandalf,
was
habe ich dir nur getan, dass du so böse Gedanken hegst. Gandalfs
Gesicht ist von Zorn gezeichnet. "Ich hasste dich schon immer,
kleiner
Elb, doch dieses mal hast du den Bogen überspannt. Liebenswürdig und
freundlich warst du zu allen, aber nicht zu mir. Trotzdem wollte ich
dich warnen, aber hast du meine Stimme gehört? Hast du getan, was ich
dir sagte? Nein kleiner Elb, du warst trotzig und weshalb? Hast du es
getan, um das Drängen deines Fleisches zu befriedigen? Aus diesem Grund
allein hättest du die Strafe verdient, kleiner Elb, denn du bringst
deswegen der Welt Unheil und ich werde nicht ruhen, bis es dich nicht
mehr gibt." Ich liebte Gandalf, ich liebte ihn doch, doch Gandalf
reitet weiter, er hat ein Ziel. Gimlis Gedanken dagegen trösten mich.
"Kleiner Legolas, dumm bist du gewesen, aber ich verstehe dich,
du
liebtest mit deinem stürmischen Herzen, auch ich liebe dich und ich
wünschte mir, du liebtest mich auch ein wenig, ein wenig nur, und
bald wirst du wieder bei uns sein, das verspreche ich dir, ich gebe
dafür mein Leben, wenn es denn sein muss." Boromirs Gesicht ist
undurchdringlich. "Es gibt keine Hoffnung, Legolas, finde ich dich
nicht,
so sterbe ich ein zweites Mal, von eigener Hand und diesesmal wird es
endgültig sein, mein armes Herz, meine kleine Blum,e und dein Opfer war
ganz umsonst." Nicht umsonst, Boromir, es war nicht umsonst." "Lebe"
rufe ich ihm zu, "lebe, es gibt immer eine Hoffnung."
Boromir braust auf seinem Pferd dahin, wie einer meiner Pfeile, "Den
Wolken nach, Gandalf und Gimli, kommt, reitet, als wäre der Böse selbst
hinter uns reitet der Dunkelheit entgegen und im Dunkel finden wir
vielleicht das Licht." Ich sinke zurück, die Zeit ist vergangen, die
Zeit ist vorbei, sie haben mich nicht gefunden. Die Geister treten ein, um mich zu schmücken, es ist alles aus.
Alles ist für mich zu Ende.
Boromirs Stimme höre ich noch ein letztes Mal, ehe sie für immer
erlichscht. "Jetzt weiss ich es, es gibt eine Hoffnung; Legolas, es
gibt immer noch eine Hoffnung, selbst wenn das Ende zu nahen scheint,
gib nicht auf Legolas, ich liebe dich und du wirst mit mir im Licht
sein, gib nicht auf Legolas, siehst du das Licht, ich finde dem Weg." Seine Stimme erstirbt. Meine Zeit ist vorbei, und doch, Boromirs Liebe
ist stark, wie der Tod, seine Hoffnung ist stärker als der Böse und
ich,
wenn ich nun gehe, ich will lieben und ich will hoffen, solange ich
das
tue, bin ich Legolas, ich bin Legolas, ich bin....... Legolas' Stimme ist verstummt. Boromir spricht Brausen wir dahin am Rande der Unendlichkeit oder der Ewigkeit? Ist es
die Ewigkeit selbst?
Ich weiss es nicht, ich folge den düsteren Wolken. Die Pferde werden
den mörderischen Ritt nicht länger aushalten, ich spüre, dass sie
zusammenbrechen werden. Wir müssen rasten, nie erreichen wir sonst
unser
Ziel. Unser kleiner Kreis ist stumm, Gimli lässt sich erschöpft zu
Boden
sinken. Und Gandalf? Ihm ist keine Müdigkeit anzumerken, er sitzt stumm
und sieht nach innen. Ich selbst, nun, ich kann mich nicht
niederlassen, jede Fiber in mir schreit, weiter, reite weiter, fast ist die Zeit
vorbei. Zeit, für Legolas war die Zeit nichts, sie gehörte einfach nicht
zu ihm. Als unsere Liebe begann, wurde die Zeit für ihn greifbar. Er
lebte mit meiner Zeit. "Boromir, wenn deine Zeit einst abgelaufen ist,
ist auch meine Zeit vorbei, ich werde an deinem Grab sitzen und die
Ewigkeit verstreichen lassen, ewig werde ich mich erinnern." Nun ist
die Zeit für ihn greifbar nahe gekommen, drei Tage, drei furchtbar
kurze
Tage. Legolas, mein Herz, meine kleine Blume, alles an Legolas erinnerte
mich an eine Blume, nein, nicht an eine Rose oder Lilie, welche so
leicht dahinwelken, sondern an eine kleine wetterharte Blume, wie sie
am
Wegesrand wächst, die sich, selbst wenn sie niedergetreten wird, wieder
aufrichtet. Legolas, alles in mir ist Schmerz, dass ich zurückgekehrt
bin und dich nicht mehr vorfinde. Das Reich des Todes ist nicht
schrecklich, furchtbar war nur, dass ich von dir getrennt wurde. Du
hast
mir das Schrecklichste gebracht, dass es gibt, in deiner übergrossen
Liebe, denn wie soll ich weiterleben, wenn ich dich nicht finde, wenn
die
Zeit abgelaufen ist für dich.
Ich hebe lauschend meinen Kopf. Legolas'
Stimme ist es, angstvoll drängend. "Folge den Wolken, Boromir, reite
schnell, denn fast ist es zu spät." Ich nehme mein erschöpftes Ross am
Zügel und schwinge mich in den Sattel. "Kommt, wir müssen reiten, die
Zeit drängt." Gimli fügt sich mit einem Seufzer und Gandalf sieht mich
lange an. "Die Rösser sind müde, Boromir, du reitest sie zuschanden,
ich weiss, dass wir ihn finden, denn ich weiss, wen er gerufen hat."
Aber auch er besteigt sein Ross und folgt uns in das Abenddämmer, klar
ist der Himmel im Schein der untergehenden Sonne, doch dort, wo sie
untergeht, steigen langsam und stetig Wolken auf. Ich treibe mein Ross
zu höchster Eile an. "Gandalf, wen hat Legolas gerufen, sag es." "Ich
habe ihn gewarnt, den kleinen Dummkopf, ich wusste, dass es diese Rolle
gab, seit vielen Zeitaltern ist sie verborgen, weil das Böse selbst
darin eingeschlossen war, versiegelt mit sieben Siegeln. Sauron war nur
ein schwacher Abglanz davon. Legolas glaubte, es wären magische Worte,
die dich aus dem Totenreich wieder ins Leben brächten, du bist ins
Leben
zurückgekehrt, denn das Böse gebietet auch über den Tod, doch um
welchen
Preis, das Böse ist nun entfesselt und herrscht unangefochten über die
Erde." "Kann man das Böse denn nicht wieder in die Schriftrolle
bannen?" Meine Stimme klingt bang. "Nein, Boromir, wie sollte man wohl
die sieben gebrochenen Siegel wieder zusammen setzten und so die Rolle
wieder versiegeln? Du hast die Rolle doch gar nicht mehr, denn Gimli
nahm sie dir aus den Händen". "Boromir" und wieder "Boromir, meine
Zeit ist abgelaufen, sie ist vorbei" Legolas' Stimme angstvoll, dann
voller Trauer.
"Sie kommen Boromir, sie kommen, um mich zu holen, sie nehmen
mich.............." Legolas' Stimme erstirbt, ich höre sie nicht mehr.
Verzweifelt gebe ich meinem Pfred die Sporen und mit letzter Kraft stürmen
die Rösser dahin.
Der Himmel hat sich nun verfinstert, die Nacht ist
angebrochen, höher und höher türmen sich die Wolkengebilde, es scheint
mir, als tanzten sie, ja, es ist ein Reigen, den wir dort am Himmel
sehen. Gandalf sieht geisterbleich aus. Er weiss, was dort vorgeht" Sie
feiern die Ankunft ihres neuen jungen Herrn, der mit dem Herrn alles
Bösen nun über sie gebieten wird. "Legolas" rufe ich, "Legolas, es
gibt
noch Hoffnung, halte durch." Spüre ich nur die eherne Stimme, die mich
einhalten lässt? Nein, auch Gandalf und Gimli halten ein und wir sehen
uns mit bleichen Gesichtern an." Die Zeit ist vorbei" sagt die Stimme und noch einmal,
"Kehrt nun um,
die Zeit ist abgelaufen."
Legolas' Zeit ist abgelaufen, wie ein Rasender werfe ich mich zu Boden. "Sieh, Boromir" die Stimme des kleinen Kriegers zittert vor Furcht. Ich
hebe den Kopf, dort am nächtlichen Himmel steigt eine neue Wolke auf, sie ist weiss, durchsichtig fast, es ist mir, als sehe ich langes
Haar wehen, und die dunklen Wolken verneigen sich vor ihr.
Mein Schrei ist unmenschlich, so schreit kein Mensch, sondern ein
verwundetes Tier. "Legolas" und nocheinmal "Legolas" Ich vergrabe mein
Gesicht in der kalten Erde und ich greife zu meinem Dolch, alles war
umsonst. Ich will den Dolch gegen mich richten, doch Gimli hält meine
Hand zurück. Eine leise Stimme klingt in mir, in meinem Inneren. "Und
ich
liebe und ich hoffe, ich bin Legolas." Gandalf legt mir die Hand auf
die Schulter, zum ersten mal zeigt sich der Anflug eines Lächelns auf
seinem finsteren Gesicht. "Ist deine Liebe so schwach? Bist du bereit,
dein Leben zu geben, selbst um den Preis, dass du Legolas niemals
wiedersehen wirst?" "Ist denn noch Hoffnung?"
Gandalf schüttelt den Kopf, "Nein, es sei denn, dass du den Herrn der
Finsternis in die Schriftrolle zurückzwingst und die sieben
unversehrten Siegel wieder anbringst. Die Siegel sind zerbrochen und
der Herr der Finsternis wird dich töten oder Legolas, der neue Ungeist
wird es tun. "Legolas wird mich doch nicht töten, er liebt mich,
Gandalf." "Es ist nicht Legolas, vergiss das nicht, vergiss es
niemals." "Wird Legolas wieder das, was er war?" Wieder schüttelt
Gandalf den Kopf,
"Auch er muss gebannt werden, er wird nicht mehr Legolas sein." Über
Gimlis Gesicht laufen Tränen, still sitzen wir beieinander.
Ich sehe zu der weissen Wolke hinauf, deutlicher erkenne ich nun das
Haar und das Gesicht, das Gesicht meiner Blume. Es ist schön,
furchtbar
in seiner Schönheit und von ihm geht Kälte aus, so, dass ich vor Grauen
mein Gesicht verberge.
Ich höre die Stimme tief in mir. "Ich bin Legolas, und ich liebe dich
und ich hoffe, ich hoffe, ich hoffe auf dich."
Es ist wider alle Vernunft und doch, ich will die Hoffnung meines
Legolas sein und den Herrn allen Übels wieder in die Schriftrolle
bannen, wenn es mir auch gelingen sollte, was geschieht dann mit
Legolas? Auch ich liebe und ich hoffe, dass doch nicht alles vorüber
ist, nur die Hoffnung bleibt Hoffnung für mein Herz. Und meine kleine
wetterharte Blume.
Der Nachtwind, wir sind allein mit ihm und den drohenden Geistern am
Horizont. Und einer von ihnen ist Legolas. Nein, nicht einer von ihnen,
er ist ihr neuer Gebieter. Unsere Zähne klappern, vor Kälte und vor
Furcht. Müde bin ich, müder, als ich es war, als mich die Orcpfeile
trafen. Sterbensmüde, denn das, was wir uns vorgenommen haben, hat
keinerlei Aussicht auf Erfolg. Gandalf weiss es, ja Gandalf, er hat
Erfahrung, er weiss..... "Schlafe nicht, Boromir" tönt seine Stimme,
"schlafe niemals, wer liebt, schläft nicht." Ich schlafe nicht,
Gandalf, ich schlafe........
Freundliche Bilder ziehen an meinem Auge
vorüber. Legolas tanzt über das Gras im Nachtwind, denn nur, wenn die
Gefährten schliefen, konnten wir uns heimlich fortstehlen, um uns in
den
Armen zu halten. Legolas tanzt, sein schöner Körper bewegt sich
gescheidig und übermütig hält er sein Gesicht in den Regen. "Boromir,
Liebster, komm, tanze mit mir." Lächelnd sehe ich ihm zu. "Ich kann
nicht
tanzen, mein Herz." Lachend zieht er mich in seine Arme und schmiegt
sein
regennasses Gesicht an das meine." Sieh die Regentropfen, sieh, dort
geht
der Mond auf und verdrängt den Regen und morgen die Sonne, Boromir, das
ist das Licht in im Leben, dem Leben mit dir." Ich halte seine warme
Gestalt in meinen Armen, alles an ihm ist Wärme und lachend und kosend
tanzen wir durch den schweigsamen Wald. Trotz des bleichen Mondlichtes
scheint Legolas zu leuchten, von innen. Und ich kann es immer noch
nicht
fassen, dass dieses Geschöpf des Lichtes mir gehört, dass er sich
freiwillig in meine Arme geworfen hat, in die des groben Kriegers aus
Gondor. Ineinander verschlungen sinken wir in das regennasse Gras. "Siehst du, mein Lieber, keine Wolke ist mehr zu sehen, alles ist Licht,
Sterne und Mond, siehst du es?"
Freude durchströmt mich und ich beuge mich über Legolas' nasse Lippen,
fast spüre ich ihre Wärme.
"Boromir" eisige Kälte durchdringt meine
Schulter, ich schreie auf. Ich kann die Augen nicht öffnen, weshalb
kann ich das nicht? "Boromir" Jemand lacht, wer lacht dort höhnisch
und wessen Stimme klingt so kalt? "Du wirst die Siegel niemals wieder
zusammensetzen können, zu sehr sind sie zerbrochen." Wütend versuche
ich mich zu wehren, doch eisige Hände halten mich, aus ihrem Griff gibt
es kein Entkommen. "Boromir" Die kalte Stimme lacht wieder. "Sieh
doch
einmal." Ich kann die Augen wieder öffnen und erblicke Gimli, Hände
und
Füsse eng zusammengeschnürt. Niemanden kann ich entdecken und doch ist
jemand hier, auch meine Hände und Füsse sind gefesselt, wie das
geschehen konnte, weiss ich nicht, denn ich spürte nichts. Wo aber ist
Gandalf, ich kann ihn nicht entdecken. "Ihr wolltet in unser Reich
eindringen?" lacht die höhnische Stimme "Nun, das sei euch gestattet,
ihr dürft es betreten mit unsrer Erlaubnis."
Wo ist Gandalf, Gandalf hilf, wir können nichts ausrichten, wir haben
die Siegel nicht, wir haben die Rolle nicht und es gibt keine Hoffnung
ohne sie.
Meine Schreie verhallen ungehört, Gandalf ist verschwunden und wir
werden von gewaltigen Kräften getragen. Ich schliesse die Augen, alles
dreht sich, rasend bewegen wir uns, wohin, ich kann es nicht einmal
erahnen.
"Boromir" Legolas liebe Stimme tröstet mich. "Wenn wir einst
getrennt
sein werden, so bin ich immer bei dir, ich begleite dich auf allen
deinen Wegen in das Dunkel und glaube mir, wenn die Dunkelheit dich zu
verschlingen droht, dann kommt das Licht." "Bringt sie zum Herrn" sagt
die eisige Stimme "Er soll bestimmen, was mit ihnen zu geschehen hat."
Mein Kopf dröhnt, hier ist die Dunkelheit und ich kann nichts erkenen.
Es gibt kein Licht hier. "Boromir" Legolas' Stimme klingt weich, warm
und tröstlich. "Das Licht, Boromir, du musst es finden und erkennen."
Zitternd greift Gimli nach meiner Hand, denn unsere Hände und Füsse
sind
wieder frei, von hier gibt es kein Entkommen. "Unser Gebieter hat
die
Gefilde verlassen, um das Böse in die Welt zu tragen, sollen wir sie so
lange am Leben lassen, bis er wiederkommt?" "Hast du vergessen? Wir
haben einen neuen Herrn und ich muss sagen, an Bosheit und Übel
übertrifft er den Gebieter bis jetzt um ein Beträchtliches. Hast du
bemerkt, was er in dieser kurzen Zeit schon vollbracht hat? Bald gehen
wir an seiner Seite in die Welt und dann wird sie nicht mehr lange
bestehen." Die Stimme lacht, sie ist freudig erregt. "Er ist ein
Herr, wie wir ihn uns wünschten."
Wir werden vorangestossen und dort, ja dort, selbst in der fahlen
Dämmerung, die diese Räume zu duchdringen scheint, sehe ich Legolas,
unverkennbar meinen Legolas, nur trägt er ein prächtiges Gewand und
sein
Haar ist geordnet, mit goldenen Klammern gehalten fliesst es ihm über
die Schulter, die Elbenzöpfe sind verschwunden.
"Legolas" Ich will vorstürzen und mich in seine Arme werfen. Legolas
ist hier und nun ist alles gut.
Er lächelt, breitet die Arme aus, doch bevor ich ihn berühre, sehe
ich
seine Augen. Ich schreie und schreie, so schrie ich nur, als ich
Legolas unter meinem zweiten Ich erblicken musste. "Deine Augen" so
sagte ich einst zu Legolas: "Deine hellen Augen sind für mich kleine
Wunder, so voller Wärme und Leben sind sie."
Doch diese Augen, Saurons Auge war nur ein schwacher Abglanz der
Bosheit
und Kälte, die aus diesen Augen strahlt.
Legolas lächelt noch. "Boromir, nun bist du doch gekommen. Ich habe
auf dich gewartet, wie sehr habe ich auf dich gewartet. Du hast
geschlafen, Boromir, sagte Gandalf nicht, du sollst nicht schlafen? Du
bist eingeschlafen, ohne an mich zu denken. Du hast mich einfach meinem
Schicksal überlassen. Von allem, was mir hier angetan werden kann, ist
das das Schlimmste." Legolas, ich habe dich nicht vergessen, ich habe
dich nicht deinem Schicksal überlassen. Ich bin gekommen, weil ich
dich
liebe." Bittend sehe ich ihn an. "Es ist zu spät. Du bist nur gekommen,
um mich zu vernichten. Sieh hier, Boromir, suchtest du dieses? Du wirst
sie nicht bekommen, sie ist allein in meinem Besitz. Es fehlen nur die
Siegel und auch die werde ich erhalten." Er hält die magische
Schriftrolle in der Hand, noch immer sehe ich dieses Lächeln, infam,
voller Bösartigkeit. "Nun Boromir, ich will dir zeigen, wer nun dein
Herr ist, ich bin es und du wirst winseln, Boromir, wenn du erst meine
Macht erkannt hast. komm, Boromir." "Hast du alles vergessen Legolas"
schreie ich. "Ich habe nichts vergessen, Boromir und es breitet mir viel
Vergnügen, dich hier so in meiner Gewalt zu sehen." Er streckt die
Hande
nach mir aus und ich nähere mich ihm, ohne Willen.
"Das ist nicht
Legolas" höre ich Gandalf rufen, "du musst ihn vernichten, vergiss es
nicht, Boromir." Abwehrend strecke ich meine Hände aus. Nun löst sich
seine Gestalt auf, es ist nicht mehr die Gestalt meines Legolas, er
kommt näher und näher, eine weisse Wolke, zart und doch furchtbar und
ich versinke in Dunkelheit.
"Dunkel hier ist es, so dunkel, wo ist das Licht? Legolas, mein
Liebster, wo ist das Licht?"
Ewigkeit, ist sie es? Wo ist die Zeit, ich brauche doch die Zeit.
Dunkelheit, das ist alles, was ich nun spüre, in mir ist die Kälte, die
mich ausfüllte, als die Wolke sich über mich legte. Sie saugt an meinem
Lebensmark, nicht mehr lange. dann bin ich einer der bösen
Geister, doch
lieber will ich sterben. Ich schreie auf, diese Wolke ist Legolas, mein
liebster Legolas. Ich will nicht, nein, ich will nicht mehr, ich kann
auch nicht mehr. Legolas ist nicht zu retten und für mich bleibt nur
Trauer und Tod. Wo ist das Licht, Legolas, von dem du sprachst, wo ist
es nun? Es gibt kein Licht mehr, nur noch die Dunkelheit, die
schreckliche Dunkelheit.
"Die Dunkelheit ist nicht schrecklich" eine leise Stimme, lieb und
zart spricht zu mir, es ist, als hörte ich eine mir vertraute Musik. "Nein Boromir, sie ist nicht schrecklich, denn gäbe es sie nicht, so
würdest du das Licht nicht finden." Mühsam öffne ich die Augen, diese
Stimme, wo habe ich sie schon gehört? "Du kennst mich Boromir, sagt
die
Stimme, sieh mich an, du bist mir schon begegnet." Hier gibt es nur
fahles Licht anstelle des Tageslichtes. Doch ich sehe, ja ich sehe...
ja, hier ist etwas, es wird deutlicher." Sieh mich an Boromir, du
kennst mich." Immer noch leise und zart ist die Stimme. Es ist Legolas,
der neben mir sitzt, mit dem lieblichen Gesicht, den Elbenzöpfen "Legolas" murmele ich und ich bin getröstet. "Ich bin Legolas und ich
bin doch nicht Legolas, du kennst mich doch, wir sind uns schon
begegnet, als du das erste Mal starbst." Nun weiss ich, wer er ist. Ich
greife nach seiner Hand, sie ist warm und sie ist voller Leben.
Dieses
liebliche Geschöpf ist der Tod selbst, für jedes sterbliche Geschöpf
der grösste Schrecken. "Der Tod ist nicht schrecklich, Boromir, du
weisst es, du weisst es doch, er ist für die Verzweifelten Trost, hast
du es bereits vergessen? Er ist nicht dunkel, er ist licht." "Nein,
nicht schrecklich" murmele ich, "Du siehst aus wie Legolas".
"Ich bin
für
dich Legolas, solange bis du zu Hause bist. Ich sehe, dass du
verzweifelt
bist, willst du nun mit mir gehen, ehe das Böse dich zu einem der ihren
macht?" "Nicht ohne Legolas" rufe ich nun mit neuer Kraft in der
Stimme, ich fühle meine Kräfte neu erwachen. "Legolas könnte nicht mit
dir gehen, selbst, wenn es ihn noch gäbe, aber du dauerst mich." "Was
kann ich denn tun?" verzweifelt ist mein Ruf " Finde das Licht, Boromir,
ganz allein das Licht kann die zerbrochenen Siegel wieder
zusammenfügen.
Finde das Licht, das die Liebe selbst ist. Rufe mich, wenn du mich
brauchst." Er beugt sich über mich und umarmt mich. Ich spüre Wärme,
fast ist mir, als hielte ich Legolas in den Armen. Ich spüre eine rauhe
Hand auf meiner Stirn. "Boromir Boromir, du lebst, du regst dich
wieder." Tränen tropfen auf meine Hand "Gimli?" frage ich mühsam? Mein
kleiner Freund ist ganz aufgelöst. "Ich dachte, du wärst ein zweites
mal hinüber gegangen, aber du bist stark." Wieder wirft er sich in
meine
Arme."Wo ist Gandalf?" frage ich. Gandalf ist mächtig, er kennt die
Magie und er kann mir helfen das Licht zu finden, ehe das Böse auch uns
erreicht. Gandalf ist meine Hoffnung.
"Ich weiss es nicht, Boromir, aber sieh dort. Die weisse Wolke
dort,
Legolas"
"Hörst du ihre Stimmen, Gimli?" Es ist seltsam, ich höre Legolas'
Stimme, obwohl die weisse Wolke dort am dunklen Himmel wieder zu sehen
ist, sie ist nicht in meiner Nähe. Neben ihr steigt eine dunkle Wolke
empor, sie verdichtet sich, ich erkenne das Gesicht, es ist Gandalf,
Gandalf, der das Böse vernichten sollte, Gandalf, unsere einzige
Hoffnung. Legolas hat ihn gefangen und zu einem der ihren gemacht. Nun
ist alle Hoffnung dahin, Gandalf ist ein Diener des Bösen. Ich höre
sein
Lachen, er hält die Schriftrolle in der Hand, die Schriftrolle. Gandalf
hat uns verraten. "Hörst du mich, lieblicher Tod? Ich brauche dich
jetzt, sonst verzweifle ich ganz. Ich weiss nicht mehr, was ich tun
kann, die Kälte und Dunkelheit verzehren mich ganz." Ich fühle eine
warme Hand in der meinen.
Die Hand in meine geschmiegt, ich fühle Legolas' Hand, sie gibt mir
Trost. "Sieh hin, Boromir. ein Lichtstrahl."
Ich sehe, vor uns steht Gandalf, die Schriftrolle in der Hand. "Das
ist das Licht nicht", raune ich, "Gandalf hat uns verraten." Mahnend
drücken die zarten Finger. "Nicht aufgeben, Boromir du musst es
erkennen."
Gandalf tritt auf uns zu, sein Gesicht ist finster,
finsterer noch als es war. Drohend tritt er auf uns zu, und langsam
weichen wir zurück, es gibt kein Entkommen. Nahe ist er, so nahe, dass
ich ihn fast spüren kann. Er ist so prächtig angetan wie Legolas und er
hat die Schriftrolle, wir sinken auf die Knie und verbergen unsere
Gesichter. "Sieh mich an, Boromir" Das ist Gandalfs Stimme. Er beugt
sich nieder und legt die Schriftrolle vor mich auf den Boden. "Nimm
sie, Boromir." Ungläubig sehe ich ihn an. " Gandalf? Bist du Gandalf?"
Ein Lächeln huscht über sein finsteres Gesicht. "Nimm die Rolle,
Boromir, hebe sie für uns auf, Legolas hat sie mir gegeben, weil er
seinem Herrn nacheilt in die Welt. Er kann nicht mehr ohne dessen
Liebkosungen sein, der Same des Gebieters ist für ihn die
Lebenskraft." "Bist du wirklich Gandalf?" Er lächelt und nickt.
"Nicht umsonst bin ich mit der Magie vertraut und Legolas liess sich
täuschen, weil er nur an die Küsse seines Herrn denkt" Ich drücke
dankbar die warme Hand in der meinen. "Du bist nicht der Tod, du bist
Hoffnung" raune ich. "Er nickt, lächelt und wir sind allein, Gandalf,
Gimli und ich.
Gimli, stets erdverbunden und ein Mann der Tat, setzt meinen Träumen
ein Ende. "Können wir von hier entkommen, Gandalf? Du hast doch
Legolas' Vertrauen." "Wir müssen eilen, ehe Legolas zurückkehrt,
müssen wir in der Welt sein, nur dort können wir den Herrn allen Übels
und Legolas in die Schriftrolle bannen." Tränen treten mir in die
Augen. "Gibt es keine Hoffnung für Legolas?"
Entschlossen schüttelt Gandalf den Kopf. "Nein, Boromir, finde dich
damit ab und bewahre ihm ein
liebevolles Gedenken, dann vergiss ihn, vergiss das Böse. Und nun lasst
uns eilen. Nicht lange mehr vermag ich die Wachen zu täuschen." Während ich Gandalf folge, kann ich nicht verhindern, dass ich von
Schluchzen geschüttelt werde. Legolas ist verloren, unrettbar verloren.
Nie mehr werde ich seine Wärme, seine Liebe spüren, für immer wird er
unerlöst, boshaft und Übles sinnend in die Schriftrolle gebannt, wenn
es
uns gelingt, die Siegel zusammenzufügen. "Finde das Licht, das die
Liebe selbst ist", so sagte er, mein vertrauter Freund, der Tod. Oder
die
Hoffnung. Das Licht, das die Liebe selbst ist, kann es zulassen, das ein Geschöpf
der Liebe ewig voller Hass und Bosheit sein wird? Einen Strahl sandte
das Licht zu uns in die schwarze Nacht und nun will ich vertrauen, dass
ich es finde, das Licht, das die Liebe selbst ist, für Legolas, für
seine Liebe und für seine Seele, für ihn.
Wir sind wieder in der Welt, doch auch hier herrscht Dunkelheit. Hinter
uns türmen sich die Wolken am Himmel, verfolgen sie uns, haben sie
unsere Flucht schon bemerkt? Trotz allem was
geschah warten unsere Pferde am Rande der Unendlichkeit, und wir
können so schnell es geht reiten. "Wir gehen nach Minas Tirith,
dorthin, wo das Übel begann und dort werden wir es vollenden. Wir haben
die magische Rolle bei uns und wenn es uns gelingt, die Siegel zu
finden
und zusammenzusetzen, können wir das Übel noch einmal bannen." "Es
hat
immer Böses gegeben und es wird immer Böses geben", sagt Gimli leise.
Gimli ist tapfer, tapferer als ich, denn er benötigt keine Hilfe, der
Gedanke an Legolas allein verleiht ihm Flügel. Ich lächele, kleiner
Freund, dir genügte ein Lächeln von Legolas, um ihn zu lieben, mehr
begehrtest du nicht, tapferer kleiner Freund. Gandalf ist finster, wie
zuvor, die Freundlichkeit ist in seinem Gesicht ausgelöscht. "Böses gab es und wird es geben, Gimli, aber dieses ist das Böse in
einer Person, alle Bosheit, alle Verachtung, alles was es an Üblem
gibt, vermag er über die Welt zu bringen, er vergiftet die Gedanken die
Seelen, von Elben Zwergen und Menschen, so dass sie ihre Brüder
verfolgen und quälen. Er will, dass die Welt untergeht, mit ihm gibt es
keine Zukunft mehr, nicht mit ihm und nicht mit Legolas." "Wenn es uns
gelingt, die Siegel zusammenzusetzen, was geschieht dann?" Gimli ist
es, der die Frage stellt. "Wir werden ein reinigendes Feuer entzünden
und die Schriftrolle den Flammen übergeben. Legolas und sein Gebieter
werden dann für immer vernichtet sein." "Nicht die Flammen" schreie
ich, "übergib Legolas nicht den Flammen." Gandalf antwortet nicht mehr,
er sucht den schnellsten Weg nach Minas Tirith und er wird ihn finden,
sein Auge ist geübt und er setzt seine Magie ein, um uns schneller
voranzubringen. Ich wil nicht nach Minas Tirith gehen, Gondor ist mir
verhasst und ich fürchte den Augenblick, wenn es Gandalf gelingen
sollte, die Siegel zusammenzufügen und er die Schriftrolle den Flammen
übergibt. Doch stumm folge ich Gandalf.
"Nicht Legolas, bitte nicht Legolas, mit den hellen Augen ,den
liebevollen warmen Händen und seinem stürmischen Herzen, voller Liebe."
So kann ich nur denken, während wir uns auf unserem gefahrvollen Weg
vorankämpfen, wir müssen uns gut verbergen, denn die Wolken hängen
drohend über uns, sie haben bemerkt, dass uns die Flucht gelang. Selbst
bei Tag sind sie zusehen und sie verdunkeln die Sonne, sie verdrängen
das Licht. Ich starre in den Himmel um die weisse Wolke zu entdecken,
denn nur so lange er ist, so lange kann ich eine winzige Hoffnung im
Herzen tragen, nur so lange er noch ist.
Ich vermag es nicht zu glauben, wir sind schneller in Minas Tirith, als
wir es dachten, die drohenden Wolken haben uns Dank Gandalf nicht
bemerkt. Das Gemach, dort ist es, in dem ich erwachte und in dem ich
zum letzten Mal Legolas sah, geschunden, gedemütigt und ich sinke auf
die Knie. Hier geschah es, hier liegen noch die Kerzen, zerbrochen.
Meine Gedanken verschwimmen das Licht, wo ist .... es..... was wollte
ich hier, ich kann mich nicht erinnern, was in aller Welt will ich hier
in diesem Gemach? "Die Schriftrolle" schreit Gimli, "die
Schriftrolle,
lege sie sofort auf den Boden. Die Schriftrolle, ja, sie bringt mir das
Vergessen. Gandalf betrachtet mit sorgenvollem Gesicht die Rolle und
die
Kerzen. Wir sehen die Bruchstücke der Siegel, doch wir sehen nicht,
wie
sie zusammen gefügt wirden können. "Die Nacht" rufe ich,
"nur in der
Dunkelheit sehen wir das Licht, es wird uns helfen, die Siegel zusammenzusetzen."
Ich sitze nun hier und warte auf die Nacht, furchtbar ist es, auf das
Licht zu warten, wenn ich es finde, vernichtet es das Böse und es
vernichtet Legolas. Es ist noch Tag und doch ist es finster.
"Du wartest vergeblich, Boromir" sagt wieder die zarte Stimme und
Legolas sitzt neben mir. Es sind seine lieben Augen und sein schönes
Haar, doch ich weiss, es ist nicht Legolas, es ist der Tod. Ich fühle
keine Schrecken, ich beginne ihn zu lieben, denn er ist gütig und
liebevoll. Wenn ich ein zweites mal mit ihm gehe, werde ich in das Glück
gehen. "Wenn du das Licht finden willst, so darfst du nicht auf die
Nacht warten." "Sagtest du nicht, nur in der Dunkelheit sieht man das
Licht?" Er lächelt. "Die Dunkelheit des Herzens, Boromir, und dein Herz
ist dunkel." Leise liebkost er mich. "Wird Legolas verloren sein? Auf
ewig unerlöst?" "Das Licht ist die Liebe, Boromir, daran denke." "Kann selbst das Böse erlöst werden?" Er lächelt, legt mir die Finger
auf die Lippen. "So viele Fragen, Boromir, rufe das Licht, doch sieh
zum Himmel."
Eine rote Sonne geht unter und eine winzige weisse Wolke
ist an ihm zusehen. Rasch wird sie grösser, lange Haare wehen und
sie senkt sich über das Gemach. Hier ist die Kälte, die von ihr
ausgeht noch stärker zu spüren, fast löscht sie mich aus. Ich spüre die
Hand meines Freundes nicht mehr, ich spüre nur noch Kälte. Vor mir
steht
Legolas, wie ich ihn sah, mit goldenen Klammern im Haar und den
furchtbaren Augen. Und doch, ich verspüre keine Furcht, denn nur so
lange er noch ist, kann ich an ihn denken.
Lieblich ist seine Erscheinung, doch infam ist sein Lächeln. "Hoffe
vergeblich auf das Licht, Boromir, es gibt kein Licht, das die Liebe ist, es gibt keine Liebe. Weisst du das nicht Boromir? Es gibt kein Licht,
du magst vergeblich auf die Nacht warten. Ich sage dir das, denn ich
weiss es, du glaubtest, ich liebte dich. Ich liebte dich nie, ich
wollte
nur meine Lust befriedigen und nun kann ich es weit besser mit ihm,
meinem Herrn. Boromir, du rufst ganz vergeblich, es gibt dieses Licht
nicht. Und ihr werdet niemals die Siegel zusammenfügen können. Das
Licht
gibt es nicht, alles ist falsch, was dir gesagt wurde. Sieh mich an,
alles ist Lüge, nur ich bin wahr." Nun lacht er hämisch und bösartig.
Er
schlingt die Arme um mich und ich sinke in ihnen zusammen. Wie sagte
noch mein Freund? Rufe das Licht! Keine Lüge kann es sein, kann
alles, alles nur aus Lüge bestehen? "Es ist alles Lüge, Boromir, es
gibt
nichts Wahres in der Welt. Sieh mich an und du weisst es." Er nähert
seine Lippen den meinen und ich will nicht, ich will.....
" Wenn es dich gibt, Licht das die Liebe selbst ist" schreie ich,
"wenn es dich gibt, hilf uns, nein, setze nicht die Siegel zusammen,
sondern erlöse Legolas, erlöse mein Herz wenn es dich gibt, oh, was
wird geschehen, wenn es dich nicht gibt??????"
Mein Kopf schmerzt, er schmerzt so entsetzlich, was geschah? "Boromir"
Legolas' Stimme ist es, ich bin verwirrt. Ist es die Stimme Legolas'
oder ist es die Stimme meines Freundes?
"Du bist bei mir, Boromir, wie gross ist deine Freude darüber?" Meine
Freude, kann ich denn überhaupt noch Freude empfinden? Was ich empfinde
ist eisige Kälte, Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit. Ich öffne mühsam
die Augen. Ich liege in jenem Gemach, in dem das Unheil begann, in dem
Legolas das Böse rief, inmitten der zerbrochenen Kerzen. Eine fahle
Abendsonne sendet ihre letzten Strahlen auf die Erde. Ich erwarte
Legolas zu sehen, doch ich erkenne nichts, niemand ist bei mir. "Ich
bin
bei dir." Eine kalte Hand streift mein Gesicht. "Legolas?" Ich erkenne
die weisse Wolke neben mir. "Legolas" versuche ich mit ihm zu sprechen,
eine winzige Hoffnung ist in mir, er sagte, er habe nichts vergessen,
vielleicht kann ich die Erinnerung an das, was er war noch einmal wach
rufen. "Legolas, komm zu mir, komm als der, der du warst."
Legolas
sitzt nun neben mir, er trägt sein prächtiges Gewand und die goldenen
Klammern im Haar. Seine Augen mustern mich kalt. "Hast du erkannt,
dass
alles, woran du glaubst eine Lüge ist?" "Ja," hauche ich, "du
sprachst
wahr, es ist alles Lüge." "Einzig mein Herr ist wahr und ich bin es,
Boromir, du wirst nun bei uns bleiben und uns zu Hilfe eilen. Sieben
Reiter schickt mein Herr aus, sie bringen Tod und verderben über die
Welt, und du wirst einer der ihren sein. Du wirst der siebente Reiter
sein und wenn du dein Ross lenkst, wird es nichts Lebendes mehr auf der
Erde geben." Legolas lächelt verzückt. "Ich eile nun zu meinem Herrn,
Boromir, und wenn es Nacht wird, hole ich dich endgültig." Er sieht mir
eindringlich ins Gesicht. "Glaube nicht, dass du entkommen kannst,
Gandalf wird es nicht gelingen, die Siegel zusammenzufügen. Sieh her."
Legolas hält die Bruchstücke eines Siegels in der Hand. "Sie sind so
zerbrochen, dass es unmöglich ist, sie zusammenzufügen und das Licht
gibt es nicht." Lachend wirft er die Bruchstücke auf den Boden. "Es ist
bald Nacht, warte hier auf mich."
Ich bin allein. Mühsam richte ich mich auf. Ich habe keine Kraft mehr
zu
widerstehen und ich will es auch nicht mehr. Ich will nur noch schlafen
und vergessen. Wie schön wäre es, wenn der Tod, mein Freund, mich jetzt
mit sich nähme. Ich will nicht der siebente Reiter des Verderbens sein,
das ist alles, was ich noch denken kann.
"Wo bist du," leise taste ich umher, bis ich die warme Hand wieder
fühle." "Nimmst du mich nun mit dir?" Mein Freund sieht mich mit den
Augen Legolas' an. "Nein Boromir, du bist noch nicht am Ende, du hast
noch viel tun tun, ehe die Nacht hereinbricht." "Was aber soll ich
denn
tun? Gandalf wird es nicht gelingen, die Bruchstücke zusammenzufügen
und
ich finde das Licht nicht, ich finde es einfach nicht. Ich habe es
gerufen, es gab keine Antwort." Wild schluchzend werfe ich mich in
seine
Arme. "Was soll ich nur tun?" Er schiebt mich ein Stück von sich und
sieht mit den blauen Augen Legolas' in die meinen. "Vertraue, kämpfe
und
vor allem liebe, Boromir. Liebe Legolas, gib ihn nicht auf. Du bist ein
Kämpfer, Boromir, du warst es immer, und gib ihn nicht auf. Nur wenn du
kämpfst um ihn, dann wirst du ihn auch bezwingen. Kämpfe, solange es
noch Tag ist, Boromir, wenn diese Nacht hereinbricht, wird niemand mehr
kämpfen."
Die Dunkelheit nimmt zu, aber noch ist es Tag. Kämpfe. solange es noch
Tag ist, sagte er, aber wie soll ich kämpfen, was soll ich tun?
Gandalf betritt das Gemach, er scheint mich nicht zu sehen, sein
Gesicht ist finster, voller Anspannung. Er nimmt die zerbrochenen
Kerzen
und legt die Schriftrolle auf den Boden. Doch, er sieht mich, denn er
gibt mir eine Kerze in die Hand. "Entzünde sie, Boromir." Was tut er
da,
ich reibe meine schmerzenden Augen. "Gandalf, was..." er legt die
Finger
auf die Lippen, der Docht der zebrochenen Kerze brennt mit hoher reiner
Flamme. "Neige die Kerze, Boromir." Das Wachs der ersten Kerze tropft
auf die Bruchstücke des ersten Siegels und ich sehe, wie sich das
Siegel zusammenfügt, ich vermag es nicht zu sagen, was ich empfinde.
Rettung ist es, Rettung für uns, für die Erde, denn wenn es gelingt,
vor
Beginn der Nacht alle Siegel zusammenzufügen, dann ist das Böse
gebannt,
dann ist Legolas gebannt und ich brauche nicht der siebente Reiter
sein.
Doch es gelingt Gandalf ohne das Licht? Mein Freund sagte, allein das
Licht kann die Siegel zusammenfügen. Gandalf gelingt es? "Was tust du,
Gandalf?"
"Entzünde die zweite Kerze, Boromir." Er hält die Bruchstücke des
zweiten Siegels und sie fügen sich zusammen. "Es gelingt uns", murmelt
er, "doch wir müssen eilen, bald ist die Dunkelheit vollkommen." "Das
Licht, Gandalf, wir brauchen das Licht." "Es gelingt uns auch ohne es,
das Licht wird ein gewaltiges Feuer sein, dass ich entzünde und in das
Feuer werden wir die Schriftrolle geben, sie wird zu Asche verbrennen
und das Böse wird für immer vernichtet sein. Das ist dein Licht
Boromir,
nichts anderes. "Legolas denke ich, es gelingt Gandalf, wenn er das siebente Siegel
zusammengesetzt hat, bist du nicht mehr, du wirst ewig unerlöst sein,
überdauert deine Seele das Feuer? Wenn sie es nicht überdauert, bist du
nicht mehr, wenn die Seele bleibt, bist du ein Hauch, auf ewig
unerlöst."
"Nein" schreie ich, "nein, Gandalf verbrenne ihn nicht, ich liebe ihn
doch, ich liebe ihn, auch wenn er ein Unhold ist, nein Gandalf."
Ich
falle ihm in den Arm und lösche die sechste Kerze, die Bruchstücke
fallen zu Boden. "Bist du wahnsinnig, Boromir? Willst du mit dem Bösen
reiten, um die Welt zu vernichten? Etwas anderes gibt es nicht mehr als
dieses." Gandalf legt mir noch einmal die sechste Kerze in die Hand. "Entzünde sie noch einmal, dann kommt das siebente Siegel und wir
werden
gerettet sein. Darauf kommt es an, Boromir, auf die ganze Welt, nicht
auf
deinen kleinen Legolas. Du wirst deine Liebe noch finden, freue dich
lieber, dass es gelingt." "Kämpfe, solange es Tag ist," so sagte mein
Freund und ich werde kämpfen für Legolas, denn er ist für mich mehr
als
die Welt.
Doch was kann ich tun, was kann ich nur tun, Gandalf entzündet die
siebente Kerze. Es ist schon fast Nacht, er kommt, er siegt, oder
verbrennt, und ich, was tue ich, ich halte die Kerze und es ist Nacht.
Legolas hatte Recht, es gibt das Licht nicht, es gelingt ohne
Licht, hatte mein Freund gelogen?
Ich halte inne. Ich liebe Legolas doch und er ist mehr als die Welt für
mich. Langsam beginne ich zu begreifen. Das ist ein Strahl des Lichtes,
das die Liebe selbst ist, ein winziger Strahl, doch werde ich es
selbst
sehen? Wie aus weiter Ferne höre ich die liebliche Stimme meines
Freundes "Kämpfe, Boromir, gib nicht auf und du wirst das Licht sehen,
heute noch, heute Nacht, ich lüge niemals."
"Es ist vollbracht." Gandalf hält das siebente Siegel in seinen Händen.
Das siebente Siegel, es ist zusammengefügt ohne das Licht, es geht also
alles ohne das Licht.
Meine Gefühle sind zwiespältig, ich weiss es und ich kann mich nicht
freuen. Werde ich es überhaupt noch einmal können? Gandalf triumphiert,
man sieht es. "Jetzt können wir es vollenden, hier in diesem Gemach." Die
fahle Dunkelheit hat zugenommen und dort am Himmel die Wolken, ja, sie
haben uns verfolgt und nun kommen sie, um ihren Gebietern
beizustehen. Drohend türmen sie sich auf, sie sind schon ganz nahe. Ich
sehe, dass Knechte einen hohen Holzstoss errichtet haben, die heilige
Flamme will Gandalf entzünden, wenn es gelungen ist, wenn Legolas
gebannt ist in diese Schriftrolle. Ich kann nicht an den Herrn der
Finsternis und des Übels denken, ich denke nur an Legolas, an mein Kind
des Lichts.
Gandalf stellt Kerzen auf, ja, sieben Kerzen sind es, wie auch Legolas
sie hatte. Teilnahmslos verfolge ich sein Tun, ich bin schon jenseits
aller Gefühle, allen Denkens. Gimli steht mit bleichem Gesicht neben
Gandalf, auch er kann sich nicht freuen, er liebte Legolas doch auch.
Dann sehe ich Aragorn, warum kommt Aragorn, er ist Legolas nicht zu
Hilfe geeilt, was will er nun hier. Er lacht, warum lacht er, kann er
sich freuen, wenn Legolas nicht mehr sein wird?
"Komm nun, Boromir,
stelle dich in den Kreis." Ich folge den Worten Gandalfs und Gandalf
entzündet die erste Kerze. Dazu spricht er Worte, leise Worte, die ich
nicht verstehe. Ich will sie auch nicht verstehen und wozu stehe ich
eigentlich hier? Das Licht hat nicht geantwortet es, gibt kein Licht,
es
gibt auch keine Liebe. "Es gibt Liebe, und fühlst du sie nicht? Liebe
hat dich aus dem Grab gerufen."
Mein Freund ist es, der diese Worte spricht. "Es war die Liebe eines
kleinen Elben und sie war grösser, als du es dir vorstellen kannst. Ich
liess dich nicht wieder unter die Lebenden, nicht weil das Böse es mir
befahl, sondern weil ich solch eine Liebe niemals sah. Doch du Boromir?
Du sagtest, du liebst Legolas, du kämpfst nicht um ihn, du kannst nur
trauern und zittern. Du hast nur noch eine Möglichkeit das Licht zu
finden, brennt die Rolle erst, ist es vorbei. Finde es Boromir, eil
dich."
Die Stimme erstirbt, was bleibt ist Gandalfs Gesang, ruhig monoton
singt
er und er entzündet eine Kerze nach der anderen. Aragorn, Gimli und ich
halten uns an den Händen und sehen auf die Flammen, sie brennen hoch
und
rein, dann neigen sie sich uns zu. "Haltet euch fest, öffnet den Kreis
nicht, dass das Böse gebannt werde." Gandalf tritt in unsere Mitte und
nimmt meine Hand und die Aragorns. Die Flammen sondern einen starken
Rauch ab, der sich verdichtet. Und ich schreie auf. Dort stehe ich,
dort
steht meine Gestalt, es ist mein zweites Ich, so wie ich ihn sah, als
er
Legolas unter sich zwang. Alles fällt mir wieder ein und ich will mich
auf ihn stürzen. "Haltet fest, öffnet den Kreis nicht." Fester fasst
Gandalf meine Hand und neben meinem zweiten Ich steht Legolas, mit
bleichem Gesicht, er fürchtet sich? Nein er fürchtet sich nicht, sein
Blick ist fest auf seinen Gebieter gerichtet. Er trägt noch das
prächtige Gewand und die goldenen Klammern im Haar, es ist nicht
Legolas. Er fühlt nicht, er hofft nicht und er liebt nicht, eine
unerlöste schaurige Kreatur. Er greift nach der Hand seines Gebieters
und
mir gönnt er keinen Blick. Sie können nicht aus unserem Kreis entkommen,
sie wissen es und sie wehren sich nicht. Legolas sieht zum Himmel,
dorthin, wo sich die Wolken drohend türmen, sie sind nicht nah genug um
zu verhindern, was hier geschieht. Für Legolas ist die Zeit zu
gebieten
und Unheil hervorzurufen vorbei und er weiss es. Keine Trauer ist in
seinem Blick, er sieht nur zu seinem Herrn.
"Legolas", schreie
ich, "Legolas, kleine Blume, sieh zu mir, sieh nicht zu ihm, dem
Unheilstifter." Ein verächtliches Lächeln zuckt um seine Mundwinkel, er
sieht mich nicht an. Gandalf scheint gewachsen zu sein, riesig erscheint
er mir. "Ihr wisst, das es vorbei ist. Für den Herrn des Übels gibt es
keine andere Möglichkeit als in die Rolle gebannt zu werden. Doch mit
dir, Legolas, habe ich Erbarmen, du warst einst unser Gefährte. Ich
übergebe die Rolle dem reinigenden Feuer und ich übergebe dich dem
Feuer, so wie du bist, er wird unerlöst und vernichtet sein, doch du
kannst Erlösung erfahren, wenn du verbrennst." Ich werde bleich und
fast
schwinden mir die Sinne. Soll ich den Kreis öffnen, damit Legolas
entkommen kann? Bevor ich mich entscheiden kann ist alles, was
geschehen
sollte, geschehen. Gandalf fügt Siegel um Siegel auf die Rolle und als
er das siebente Siegel anbringt, lösen sich die drohenden Wolken auf,
als hätte es sie nie gegeben. Sterne treten hervor. Aragorn und Gimli
halten Legolas, er trägt wieder das Wams und die Hose, die er trug,
als
ich ihn liebte und das Haar ist wirr, seit langem ungeordnet, das
Gesicht
ist bleich, die Augen gerötet, so als hätte er Tränen vergossen. Es ist
Legolas, aber er faucht, tritt um sich, versucht mit seinen Händen
meinen Hals zu fassen und mich zu erdrosseln. Knechte stürmen herein und
halten Legolas fest. Legolas ist nicht erlöst, er ist genauso vom Bösen
befallen, wie er es war. Ich bemerke nicht, dass ich weine, dass ich
laut
schluchze. "Legolas, sieh mich doch nur an, kleine Blume." Ich versuche
seine Hand zu fassen, er schlägt nach mir. "Möge dich Morgoth holen",
das ist alles, was er mir zu sagen hat. Die Knechte führen Legolas, der
sich immer noch wehrt, hinaus. Ich schlage die Hände vor mein Gesicht.
"Gandalf hat es vollbracht, Boromir, er hat das Licht nicht
gebraucht. Auch hat er Erbarmen mit Legolas, er kann erlöst werden, wenn
er nun verbrennt. Freue dich, er wird erlöst durch das Feuer. Es muss
sein, Boromir, daran denke und freue dich." Ich weine, "Nicht verbrennen,
bitte nicht." "Du hast ihn doch gesehen" in der Stimme meines Freundes
liegt ein leiser Hauch von Ungeduld.
Ich folge Legolas ins Freie. Dort ist der Holzstoss und Gandalf hält
die Rolle mit den sieben Siegeln in der Hand. Wird das Feuer das Licht
sein, für Legolas und für mich?
"Nein" schreie ich, "noch einmal, mein Freund, hilf mir und meiner
Blume." Doch seine Stimme ist verstummt. Nun bin ich auf mich selbst
gestellt, auf mich und meine Liebe. Sie muss stark sein, ich weiss
nicht,
was ich noch tun soll, aber sie muss stark sein für Legolas, noch
einmal, sie muss.........
"Du wirst nun Erlösung finden, mein Gefährte", sagt Gandalf und legt
Legolas die Hand auf das wirre Haar. Legolas' Kopf schnellt vor und er
speit Gandalf ins Gesicht, das ist seine Antwort. Ich will an Legolas'
Seite sein, aber zwei Knechte halten auch mich. Bekümmert wendet
Gandalf
sich ab und gibt den Knechten ein Zeichen. Sie zerren Legolas auf den
Holzstoss und binden ihm Hände und Füsse. Wild wehre ich mich, ich kann
es nicht ansehen, ich kann es nicht sehen. Unter beschwörenden Worten
entzündet Gandalf den Holzstoss, an sieben Scheiten und die ersten
Flammen zügeln empor. Ich sehe Legolas und ich schreie, ich schreie
wie ein verwundetes Tier. Sein Gesicht ist nun angstverzerrt und er ist
allein, er ist so furchtbar allein. Er hat sich selbst für mich gegeben
und ich kann nichts für ihn tun. Mit letzten Kräften reisse ich mich
los
und springe durch das Feuer auf ihn zu. Fieberhaft versuche ich seine
Fesseln zu lösen, es gelingt mir nicht.
"Boromir, mein lieber liebster
Boromir, fliehe, oder willst du für mich sterben?" Legolas' Gesicht ist
nahe vor mir, seine schönen Augen sind wieder die seinen und sie sind
die Fenster zu einer anderen Welt. "Ich will" sage ich, "ja, ich will."
Höher lodern nun die Flammen und ich lege mich dicht zu Legolas, um
meine Lippen auf die seinen zu legen. Er ist bei mir und ich bin bei
ihm.
Es ist Nacht und das Feuer ist nun unser Licht. "Boromir, sieh doch,
sieh." Ich kann die Stimmen nicht mehr unterscheiden, wer sprach? War
es
Legolas? "Boromir, ich bin es, dein Begleiter und Freund, sieh das
Licht, Boromir, du hast es gefunden und du gehst nun zu ihm." Ich
sehe, ja ich sehe und alles in mir ist voller Jubel. "Boromir" es ist
Legolas' Stimme, "lass mich nicht allein Boromir, lass mich nicht
allein, wenn du in das Licht gehst." "Ich lasse dich nicht
allein, Legolas, du wirst mit mir gehen, ganz gleich, wohin." Ich spüre
Legolas' Hand in der meinen und wir gehen durch die Dunkelheit. Sie
scheint undurchdringlich zu sein, doch dort, weit weg schimmert ein
Licht, es ist das Licht, dass wir so lange suchten. Es wird heller und
deutlicher, ich kann Legolas nun sehen, er geht an meiner Seite und
sein
helles Haar schimmert in diesem Licht. Freude fühle ich, solche Freude,
dass mir fast das Herz zerspringen will .Ich habe das Licht gefunden, es
ist die Liebe selbst. Doch was wird mit Legolas, wird er an meiner
Seite
bleiben können? Er ist ein Elb und sein Platz ist auf der Erde in
Mandos' Hallen. Fest umklammere ich Legolas und er schmiegt sich an
mich. Und so, Legolas fest an mich gepresst, trete ich in das Licht. Das
Licht, es ist in mir und es ist in Legolas. Ich sehe ihn staunend an,
er
ist durchdrungen vom Licht und seine Augen leuchten. Er lebt, er liebt,
er fühlt und ich, auch ich lebe, ich lebe, ich lebe mit Legolas. Wir
sind beisammen und er darf bei mir bleiben, denn die Liebe selbst
trennt
uns nicht.
"Das Böse ist immer noch auf der Erde, es ist durch Magie nicht zu
besiegen, deshalb geht nun zurück und zeigt den Menschen und Elben,
dass
man lieben muss, nichts als lieben, um das Böse zu bezwingen. Seid bei
den Menschen und Elben, helft ihnen zu lieben, so wie ihr es getan
habt, durch alle Zeiten." Mein Freund, der Tod sagt diese Worte zu
uns. Er lächelt. "Eure Liebe war stärker als ich, stärker als der Tod,
wie solltet ihr denn nicht alles Böse durch eure Liebe bezwingen. Seid
das Licht und die Liebe für die Welt."
Hand in Hand, eng umschlungen
gehen wir zurück durch die Finsternis, zurück auf die Erde, um dort zu
bleiben und allen Geschöpfen unsere Liebe zu zeigen.
Ein bleicher Morgen sieht auf Minas Tirith herab, die Flammen sind
erloschen. Mit bleichem Gesicht und geröteten Augen sieht Gimli auf die
Asche. "Gandalf, haben wir recht getan?" Gandalfs Gesicht ist verzerrt
vor Müdigkeit. "Wir haben die Dämonen bezwungen, das war das
Wichtigste."
"Doch wir haben zwei Leben dafür geopfert." Gandalf legt Gimli die Hand
auf die Schulter.
"Manchmal muss man es tun, Leben opfern, damit die Welt besser wird."
Gimli stösst den Fuss in die Asche. "Muss man Unschuldige opfern?"
"Auch Unschuldige müssen geopfert werden, damit das Böse besiegt wird."
"Du meinst, das Böse wurde besiegt? Sieh doch dort." Unversehrt durch
das Feuer liegt die Schriftrolle in der Asche, mahnend glänzen die
sieben Siegel. Gimli hebt sie auf. "Von Legolas und Boromir ist keine
Spur zu sehen, doch das Böse hat die Flammen unbeschadet überdauert, es
ist doch zum Verzweifeln." Müde setzt Gandalf sich nieder. "Ich wollte,
ich hätte es nicht getan, meinst du, ich fühle nichts? Meinst du, ich
fühlte keine Liebe zu ihnen? Doch es ist zu spät. Ich kann Legolas
und
Boromir nicht mehr zum Leben erwecken, mit der Magie ist es vorbei."
Ein
leises Lachen tönt an Gandalfs Ohr. "Gandalf" Gandalf zuckt zusammen.
Das
Lachen ertönt noch einmal. "Gimli". Sie heben den Kopf und die Sonne
schickt ihre ersten Strahlen auf die Erde, sie vertreiben die Schatten
der Nacht.
"Wir leben, seht uns doch, wir sind doch bei euch. Keine Magie mehr,
Gandalf, lass Liebe deine Magie sein, lebe, liebe, Gandalf, und auch
Gimli, wir werden euch nun begleiten." Legolas Stimme ist es, freudig,
liebevoll. "Seht genau hin, ihr seht uns, wir gehen mit euch, bis ihr
gelernt habt zu lieben." Boromirs Stimme klingt stark und fest. Einen
Augenblick bleiben Gandalf und Gimli lauschend stehen, dann gehen sie
mit festen Schritten der Sonne entgegen. Kein Schatten trübt mehr ihr
Gemüt, denn Legolas und Boromir gehen mit ihnen. Die Schriftrolle liegt
vergessen auf der Erde, die Siegel haben ihren Glanz verloren, sie sind
nun bedeutungslos. Gandalf und Gimli lächeln, sie gehen in die Welt,
um zu lieben und in ihrem Lächeln liegt ein Abglanz der Liebe Boromirs
und Legolas'.
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