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Titel: Licht
der Hoffnung Autor: Boromir
Es war kalt. Es war kalt und naß und einsam dort oben auf dem Gipfel des Berges.
In der einfachen Steinhütte pfiff es durch alle Ritzen und die drei Soldaten
hatten nur ein kleines Feuer um sich warm zu halten und ihre Mahlzeiten
zuzubereiten. Jeder kleine Reisigzweig, jeder Tropfen Öl mußte mühsam herauf
getragen werden. Und das große Signalfeuer war weitaus wichtiger als die
Bequemlichkeit der Wachen. Bei jedem Wachwechsel wurden die großen Scheite
überprüft und jene, die zu naß waren, durch trockene ersetzt. Nichts sollte ein
zügiges Anzünden des Feuers behindern, wenn es so weit wäre und das Signal käme.
Earnur und seine Waffenbrüder waren erst drei Tage der insgesamt zwei
Wochen auf ihrem Posten, doch schon jetzt waren sie die Kälte gründlich leid.
Für Earnur war es das erste Mal und er war froh, seine älteren Kameraden bei
sich zu haben. Ihre Erzählungen und ihre Ruhige Art machten die Anstrengungen
erträglich. Jung und heißblütig, wie er war, wäre er lieber mit dem Heer in
die Schlacht gezogen, doch er war nun einmal jetzt an der Reihe und so fügte er
sich grummelnd in sein Schicksal.
Die Stille des Berges machte ihn
unruhig. Und die Monotonie der Tage und Nächte zerrte heftig an seinen Nerven.
Einer hielt Wache und die beiden anderen schliefen, aßen, redeten. Und dann,
nach ein paar Stunden, wechselte die Wache, in ewig gleichem Rhythmus, ohne
Unterschied zwischen Tag und Nacht. Die Stunden, in denen er draußen in der
Kälte stand und auf den Horizont blickte, auf ein Licht wartete, das
wahrscheinlich nie kommen würde, zogen sich endlos hin.
Zuerst hatte
Earnur versucht, sich die Zeit durch das Summen von Liedern zu verkürzen, doch
er kannte einfach zu wenige um die Stunden seiner Wache zu füllen.
Dann
hatte er im Geiste lange Briefe geschrieben an seine Mutter, seinen kleinen
Bruder und sein Mädchen daheim in Minas Tirith. Doch auch das hatte sich nach
einigen Wachperioden erschöpft.
Seine beiden Kameraden lachten gutmütig,
als er ihnen von seinen Bemühungen erzählte und sie fragte, woran sie in den
langen Stunden dachten.
Daß sie an nichts bestimmtes dachten und es
genossen, einmal alleine zu sein, konnte Earnur nicht begreifen.
Natürlich versuchte er bei seiner nächsten Wache auch, an nichts zu
denken, doch dies wollte ihm einfach nicht gelingen. Zu viele Gedanken wirbelten
durch seinen Kopf.
Er dachte an seine Kameraden, die wieder in die
nächste Schlacht zogen. Immer wieder neu sich zum Schutze Gondors gegen Horden
von Orks warfen.
Er dachte an sein Mädchen mit den rabenschwarzen
Haaren, den sanften braunen Augen und den roten Lippen, die zum küssen einluden.
Er dachte an seinen kleinen Bruder, dem er immer neue Geschichten von
mutigen und edlen Kriegern erzählen mußte und von gefährlichen, ruhmreichen
Schlachten.
Und er dachte an seinen Mutter, eine Soldatenwitwe, die es
nicht gerne sah, daß ihr Ältester nun auch ein Soldat war wie sein Vater. Sie
hatte ihm viele alte Geschichten erzählt von den großen edlen Königen der
vergangenen Zeit und glaubte heute noch daran, daß einst ein neuer König kommen
und über Gondor herrschen werde.
Earnur glaubte nicht daran, genau so
wenig, wie er daran glaubte, daß er irgendwann beim Starren auf den Horizont
tatsächlich ein Licht sehen würde.
Er seufzte und kniff die Augen
zusammen. Es war anstrengend, so lange aufmerksam den Horizont abzusuchen und er
war froh, daß er bald abgelöst würde.
Als er in der Kälte von einem Fuß
auf den anderen wechselte, war es ihm, als hätte er in der Ferne etwas
aufblitzen sehen. Aufgeregt sah er genauer hin und tatsächlich sah er nun ganz
deutlich das Leuchtfeuer von Minas Tirith.
Laut rief er nach seinen
Kameraden und lief los um das Feuer zu entzünden und das Licht weiterzuleiten,
das seinem Volk Hoffnung und Hilfe bringen sollte.
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