Titel:
Stille Nacht in Mittelerde
Autor: Boromirs Bride


Das weite Land liegt verhüllt unter einer weißen Winterdecke. Stille herrscht gar überall. Komm, ich nehm dich mit auf eine kleine Reise durch Mittelerde. Denn es ist schwerlich zu erzählen von der Weihnachtszeit, du musst es sehen. Nimm meine Hand und schon geht es los...

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Sieh dort, in Hobbingen, wo die vielen bunten Lichter in den mit Eisblümchen bedeckten Fenstern tanzen. Aus den Schornsteinen wehen duftende Wolken durch die abendliche kalte Winterluft. In jeder Höhle gehen die Hobbits der Beschäftigung nach, auf die sie sich das ganze Jahr über freuen. Sie backen Weihnachtskringel, Lebkuchenherzen und herrliche Weihnachtskuchen.

Komm, lass uns durch ein Fenster in eine Höhle schauen. Siehst du das lustige Treiben? Die Hobbitkinder, über und über mit Mehl bestreut, tanzen um ihre Mutter herum, während sie von einem großen Kochlöffel etwas Teig ablecken. Die Mutter singt alte Weihnachtsweisen und schiebt ein neues Backblech in den Ofen, nachdem sie gerade eine Portion wohlduftender Kekse aus der Glut geholt hat, die nun zum Abkühlen auf einem Regal liegen.

Papa Hobbit sitzt derweil in seinem gemütlichen Sessel und liest seiner Familie alte Weihnachtsgeschichten vor. Natürlich steht neben ihm auf einem kleinen Tischlein ein großer Teller bunter Kekse, die er nebenher genüsslich verzehrt.

Lass uns noch ein wenig in andere Fenster schauen. - Siehst du, überall wird gebacken, gegessen und gesungen.

Ja, es ist Weihnachtszeit in Hobbingen.

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Sieh dort, in Bruchtal, wo die edlen Behausungen der Elben mit vielen mattweißen Laternen geschmückt sind. Und hörst du wie aus weiter Ferne den feinen Gesang? Diese wunderschöne Sprache verleiht den Melodien einen unwirklichen Zauber.

Überall stehen feine Schneekunstwerke, die eigentlich unmöglich herzustellen sind. Doch die Elben haben ein Kunstgeschick, wie man es sonst nirgends zu finden vermag. Hier siehst du einen kunstvoll geschwungenen Torbogen, ganz aus Schnee und Eis geschnitzt, dort siehst du ein edles Pferd, das so wirklich anmutet, dass man sich hinaufschwingen und losreiten möchte. Und dort drüben, siehst du es? Dort kannst du sie beobachten, wie sie gerade an einem neuerlichen Kunstwerk beschäftigt sind. Aber leise, wir wollen sie nicht stören. Wir wollen sie in Ruhe ihr Werk beenden lassen.

Hier und da sieht man kleine Gruppen von Elben flanieren, alle in festliche Gewandung gehüllt und jeder Elb mit einem Lampion in der Hand. Sie summen leise ihre alten Lieder. Bestimmt spürst auch du die angenehme Ruhe, die von ihnen ausgeht.

Ja, es ist Weihnachtszeit in Bruchtal.

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Sieh dort, auf der Wetterspitze, wo die Trolle um ihr Feuer hocken. Dicht zusammengerückt sitzen sie da und schauen voller Vorfreude auf den Braten, der auf einem Spieß über dem Feuer sich dreht.

Horch - sogar die Trolle summen in ihrer tiefen Stimmlage fremde Lieder. Und langsam schunkeln sie im Takt zu ihrem Singsang, der für unsere Ohren nicht wirklich melodiös anmutet, doch die Hauptsache ist doch, dass es ihnen Freude macht.

Da, einer erhebt sein Trinkhorn und spricht zu den anderen und schon sind sie dabei, die Hörner zu leeren. Siehst du, auch die Trolle feiern so, wie sie es vermögen.

Ja, es ist Weihnachtszeit auf der Wetterspitze.

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Sieh dort, in Lórien, wo die Waldelben diesen Abend beschaulich in ihren Behausungen hoch droben in den großen alten Bäumen begehen. Die "Stadt der Bäume" ist erleuchtet unter abertausenden funkelnden Lichtern, die überall aus den alten dichten Geästen ihr warmes Leuchten verbreiten. Und auch hier kannst du herrlichen Gesang vernehmen. Spürst du, wie er dich in seinen Bann zieht?

Schau, dort kannst du in weiße Gewänder gehüllte Elben sehen, die umhüllt von zauberhaften Lichterscheinen zwischen den Bäumen umherwandeln. Es scheint, als würden sie eine Geschichte spielen, doch tun sie das mit solcher Anmut, dass sie keiner Worte bedürfen. Ihr Schreiten gleicht mehr einem Tanz.

Siehst du, wie sie behende über den Waldboden zu schweben scheinen? Ihre leichten wallenden Stoffe umspielen ihre Körper bei jeder Bewegung. Mal strecken sie ihre Arme gen Himmel, mal suchend nach vorn. Ich würde gern wissen, um welche Geschichte es sich handelt.

Ja, es ist Weihnachtszeit in Lórien.

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Sieh dort, im Fangornwald, wo die Ents seit Tagen die ersten Takte eines Weihnachtsliedes summen. Hörst du, wieviel Freude und gleichzeitig Traurigkeit darin steckt? Hör´ nur genau hin, dann weißt du, was ich meine.

Und an manchen Ästen hängen bunte Kugeln. Sie haben sich geschmückt zur Feier dieser festlichen Zeit. Wohl aber werden sie gerade jetzt ihre vor so langer Zeit verschwundenen Entfrauen vermissen. So ist also diese Zeit für manche auch mit Schmerz verbunden, wie es bei den Ents der Fall sein dürfte.

Doch es ist auch Hoffnung zu spüren, nicht wahr? Hoffnung auf ein Wiedersehen, so es auch erst in weit entfernter Zukunft sein mag. Und diese uralten Wesen haben alle Zeit der Welt. Für sie bedeutet ein Tag so viel wie für uns eine Minute.

So wollen wir ihnen wünschen, dass ihre Hoffnung sie nicht enttäuschen möge.

Komm, lass uns weitergehen und uns von ihrem Gesang begleiten.

Ja, es ist Weihnachtszeit im Fangornwald.

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Sieh dort, in Isengart, wo Sarumans Turm durch den Palantîr hoch droben in buntes Licht gehüllt ist. Und dort unten am Fuße des Turms, siehst du die Urûk-hai dort andächtig hocken? Und inmitten sitzt Saruman, etwas erhöht auf einem großen hölzernen Stuhle, und liest aus einem alten Buche vor.

Du magst es glauben oder nicht.

Ja, es ist Weihnachtszeit in Isengart.

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Sieh dort, in Edoras, wo die Goldene Halle in festlichem Licht erstrahlt. Lass uns rasch einen Blick durch eines der großen Fenster tun. Schau nur, die fröhliche Runde, die sich um die große Tafel versammelt hat.

Die Menschen sitzen beieinander mit gebratenen Äpfeln und duftendes Tannengrün schmückt den Tisch. In der Ecke dort hinten, siehst du den Tannenbaum? Er ist geschmückt mit vielen bunten Leckereien für die Kinder, die sich verdächtig nahe an dem Baume niedergelassen haben, gerade, dass sie mit ihren Ärmchen die Äste erreichen können. Und die Erwachsenen erfreuen sich an den roten Bäckchen und strahlenden Augen der Kleinen. Es gibt für sie nichts schöneres, als die Kinder glücklich zu sehen.

Ja, es ist Weihnachtszeit in Edoras.

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Sieh dort, in Minas Tirith, wo auf dem großen Platz im oberen Ring der Weiße Baum in einem Lichtermeer den Glanz der Weihnachtszeit verkündet. Drumherum stehen die Menschen, die einem Chor lauschen. Hier können wir den Liedern aus uralten numenórischen Tagen lauschen.

Schau dir die Menschen an, wie andächtig und fröhlich sie sind. Kinder toben umher und die Erwachsenen laben sich an warmen Getränken und leckerem Weihnachtsgebäck. Dieserlei Dinge bekommen sie an den Marktständen, die etwas weiter am Rande aufgebaut sind.

Und alle blicken sie betend und hoffend zu dem festlich leuchtenden Weißen Baum und in ihrer Phantasie, das kann ich ganz genau erkennen, steht er in vollem Leben und die Menschen fühlen sich durch ihn gestärkt und bekommen von ihm alle Hoffnung auf eine friedliche Zukunft.

Ja, es ist Weihnachtszeit in Minas Tirith.

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Sieh dort, in Mordor, wo Sauron ein festliches Gelage gibt. Sauron Mund erzählt von Heldentaten seines Herrn, während die Orkheere sich genüsslich den Bauch vollschlagen mit den merkwürdigsten Speisen.

Doch lass uns nicht länger hier verweilen, mir ist´s unheimlich hier.

Ja, es ist Weihnachtszeit in Mordor.

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Die kleine Reise ist nun beendet. Ich hoffe, du hast sie genossen und wirst genauso eine schöne Weihnachtszeit haben wir all die Wesen hier in Mittelerde.

Doch horch... Hörst du den leisen Klang von Glöckchen dort in der Ferne? Schau hinauf und du wirst bald erkennen, dass es der Weihnachts-Gandalf ist, getragen auf den Schwingen seines Ren-Adlers, der vollgepackt mit Geschenken für alle Wesen Mittelerdes Einzug hält.

Wenn du dich beeilst, schaffst du es noch rechtzeitig nach Hause, bis der Weihnachts-Gandalf auch dich besucht.

Gehab dich wohl und FROHE WEIHNACHT!



ENDE