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Titel:
Heiligabend
- irgendwo in Mittelerde Autor: Boromirs
Bride
Fröhlich
lachend zog die kleine Gruppe ein in ihr vom Feuer des
Kamins gewärmtes Heim. Kaum, dass sie die Türschwelle
betraten, streckten die Racker ihre Nasen in die große,
von frischem Backwerk geschwängerte Duftwolke,
die sie empfing.
"Oh! Vanilleplätzchen!",
rief einer.
"Ich rieche Honigkuchen!",
freite sich der nächste.
"Und Zimtsternchen
sind auch dabei!", jauchzte der Dritte.
"Geht
und wascht Euch, Jungs! Ihr wisst doch, dass Ihr heute
besonders sauber sein müsst, nicht wahr?"
Natürlich wussten sie es. Wie konnte Vater nur
annehmen, dass sie es vergessen würden?
Schnell
versammelten sie sich um die bereitstehenden Waschschüsseln
und begannen mit der Reinigung. Sie schrubbten
und putzten, als ob es für die nächsten Tage
reichen müsste. Außerdem würde Vater
sie sowieso nicht eher in die festliche Halle rufen,
bevor sie ordentlich nach Seife dufteten. Er sagte immer,
dass der Weihnachtsmann nie zu denen käme, die
nach Schmutz riechen würden. Und außerdem
würden die weihnachtlichen Düfte ersticken.
Das durfte natürlich nich sein!
Bald darauf
stand eine kleine aufgeregte Truppe von mit unbändiger
Vorfreude durchfluteten Saubermännern vor der großen
Türe, hinter welcher sich Vater doch bitte etwas
beeilen mochte!
Einer hegte die vage Hoffnung,
dass dieses Jahr vergessen wurde, das Schlüsselloch
von innen zu verhängen und schielte neugierig hindurch.
Nichts. Tiefste Schwärze füllte das große
Schloss. Der nächste presste ein Ohr an die schwere
Türe, doch kein Ton drang durch das dicke Holz.
Sie
tuschelten und wisperten wild durcheinander und fragten
sich, wie der Weihnachtsbaum wohl dieses Jahr geschmückt
sein würde. Und was wohl erst für Geschenke
unter ihm liegen würden! Waren die Ideen zunächst
noch eher bescheiden - Spielzeugsoldaten, randvoll mit
Keksen gefüllte Tellerchen, Springseile -, so wuchsen
die Vorstellungen bald in unermessliche Höhen:
eigene Rüstungen, eigene Diener, ja sogar für
jeden einen eigenen großen Thron!
Plötzlich
erstarben die Stimmchen, denn hinter der Türe ertönte
die Weihnachtsglocke.
Leuchtende Augenpaare in
freudigen Gesichtern starrten gebannt auf den Türgriff.
Endlose Stunden, ja Tage schienen zu vergehen, bis er
sich endlich senkte. Ein erster schmaler Spalt entließ
das Licht von vielen, vielen Kerzen in den Flur, und
der Spalt wurde langsam immer breiter. Hälse reckten
sich, Hände stützten sich auf Schultern ab,
Köpfe wogten hin und her. Sie konnten es nicht
mehr erwarten, endlich das Weihnachtszimmer zu stürmen.
"Gemach,
gemach!", lachte der Vater, dessen lange Zipfelmütze
stilvoll über seine Schultern hing. Doch er wurde
überhört. Eine Horde tosender Mumaks trampelte
an ihm vorbei und ließ ihn fast aus dem Gleichgewicht
kommen.
Dann kam, was kommen musste: Unmengen
an Geschenkstoffen schwirrten und flogen durch die Luft
und der stolze Vater beobachtete seine Racker, ob er
ihnen auch dieses Jahr die richtigen Geschenke unter
den Baum gelegt hatte.
"Ooooh, schaut mal!"
- "Ich hab auch so eins, aber in grün!
Ist das ein schönes Geschenk!" - "Meins
ist dunkelrot! Schaut Euch das an!" - "Hier!
Ich habe ein blaues!"
Ein zufriedener Vater
schaute auf seine Rasselbande. Eru sei Dank, auch diesmal
konnte er ihnen also eine große Freude machen.
"Meine
Kleinen, das ist noch nicht alles! Seht mal dort drüben,
neben dem Kamin!"
Unter lautem "Ooooh"
und "Uiiii" flitzten sie hinüber und
entdeckten für jeden eine Rute, welche es jedoch
in sich hatte. In jeder steckte ein Schwert. Und nun
war die Freude unbändig und die Rasselbande umtanzte
ihren Vater und herzte und drückte ihn, dass es
eine Pracht war.
Später, als sie mit leckerem
Weihnachtsbackwerk vollgefuttert zu Bett gingen, stellten
sie ihre Schwerter ein jeder neben sein Bettchen. Und
der Vater dachte: "Wie lieb sie doch aussehen...
Wie kleine Engelchen. Hätten sie einen Heiligenschein,
man könnte sie nicht von den echten Engeln unterscheiden..."
Seufzend und voll des Stolzes auf seine Kinder schloss
er die Schlafzimmertüre und gönnte sich noch
ein Stündchen Ruhe in dem großen Schaukelstuhl
vor dem Kamin. ' Wie süß sie aussehen in
ihren neuen buntkarierten Gewandungen.' Er seufzte.
' Meine kleinen Racker... Jeder Vater wäre stolz
auf sie... Doch es hilft nichts, ich habe noch etwas
zu tun, bevor auch ich endlich schlafen gehen kann.'
Dann
erhob sich Sauron aus dem Schaukelstuhl, band sich seine
rosa Schürze um, entsorgte rasch den Verpackungsmüll,
den seine Ringgeister überall im Weihnachtssaal
verstreut hatten, und ging zu Bett.
ENDE
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