Titel: Die Spielgefährten
Autor: Boromirs Bride


Irgendwann vor langer Zeit in Mittelerde. Irgendwo in der Nähe einer großen Wiese. Die Luft ist geschwängert vom lieblichen Duft voller Windeln. Von irgendwo her ertönen sanfte Klänge aus zarten Kinderkehlen. Wir befinden uns in der Nähe des größten Kindergartens von Mittelerde. Hier werden die Kinder der im Dienste des Staates stehenden Elben, Menschen, Zwergen, Hobbits, Nazgûl, Orks und Balrogs wohlbehütet auf den Ernst
des Lebens vorbereitet.

Heute ist Montag, morgens um 10 Uhr. Die lieben Kleinen sind ausgeruht vom Wochenende, welches sie nutzten, um ihre Eltern in ihrer Entscheidung, die Kinder in einen Kindergarten zu schicken, ein weiteres mal zu bestärken.

"Pfiiiiiiiiiiiiit" tönt es schrill über das weite Gelände. "Seht her!" piepst ein zartes Stimmchen. "Seht, ich habe eine Pfeife!" Und nocheinmal tönt ein kräftiges "Pfiiiiiiiiiiiiiit" durch die Luft. Ein Junge mit einem langen grauen Umhang und einer grauen Zipfelmütze, der gerade mit seinem Bollerwagen über den Rasen humpelt, ist neugierig geworden. Er nähert sich dem pfeifenden Kind, das von seinen Eltern Frodo getauft wurde. "Gandalf" ruft es erfreut aus und läuft dem Graubekleideten freudestrahlend entgegen. "Gandalf, ich habe dich so lange nicht mehr gesehen! Bestimmt seit Donnerstag!" "Ja", sagt dieser. "Ich bin mit dem Fuß umgeknickt und Mama hat gesagt, ich muss im Bett bleiben. Das war langweilig. Und ich durfte nur wieder in den Kindergarten, wenn ich diesen Stock hier benutze, damit mein Fuß bald besser wird." "Kommst du mit auf meinen Hügel da hinten? Du darfst auch mal pfeifen." sagt Frodo erwartungsvoll. Gandalf strahlt und folgt Frodo. Und kurz darauf pfeifen beide abwechselnd eine liebliche Weise auf der Pfeife. Ein fröhliches "Pfiiiiiiiiiiitpfiiitpfiiiiiiitpfiiiiiiiiiiiit" tönt es auf den Weiten der Kindergartenwiese. Plötzlich hält Frodo inne und zeigt Gandalf seine neueste Errungenschaft. "Guck mal, was ich gestern gefunden habe!" Er zieht etwas Glänzendes unter seinem Hemd hervor und zeigt es Gandalf. Dieser macht große Augen und ein erstauntes "Uuuuui" entgleitet seinem Mund. "Das ist aber ein schöner Blechring! Wo hast du den her?" "Och, ich war gestern mit Papa auf der großen Müllkippe. Papa hat den Keller aufgeräumt und wir haben ganz viel altes Zeug weggebracht. Und weil mir langweilig war, bin ich da
ein bisschen rumgegangen und da lag der Ring." "Komm, den zeigen wir den anderen." Frodo sah seinen Freund mit großen runden Augen an: "Aber ich kenne die doch gar nicht." "Ach, die beißen nicht. Du musst nur lieb sein, dann sind sie auch lieb." "Hallo Frodo und Gandalf!" ruft klein Sam, der schnaubend auf die beiden zugelaufen kommt. "Hier, ich habe Kekse. Wollt ihr welche?" "Nein", sagt Gandalf, "wir müssen schnell zu den anderen. Willst du mitkommen?" "Au ja." Und sie stehen auf und machen sich auf den Weg zu dem kleinen Kindergarten-Hain.

Als sie gerade eine paar Schritte gegangen sind, stellen sich ihnen ein paar Kinder in den Weg. Sie haben alle schwarze Bademäntel an und die Kapuzen tief ins Gesicht gezogen. Sogar ihre Füße sind schwarz. Höchstwahrscheinlich haben sie schon lange keine Badewanne mehr gesehen. Mit angestrengt dunkler Stimme flüstern sie: "Gib uns den Ring." "Nö", gibt Frodo zur Antwort. Doch einer der dunklen Gestalten hat ein Holzschwert in der Hand und er schlägt dem kleinen Hobbit auf die Schulter. "Au das tut doch weh!" heult Frodo los und sinkt in die Knie. In diesem Moment kommt ein weiterer Junge gelaufen und schubst die schwarz Bemantelten wie Dominosteine um. "Ja, Aragorn, gib´s ihnen!" Gandalf hüpft vor Begeisterung auf seinem gesunden Bein auf und ab. "Wo wollt ihr denn hin?" fragt Aragorn, ein kleiner Menschenjunge. "Och, Frodo hat da einen Ring gefunden und wir wollen ihn den anderen zeigen." "Ok, da gehe ich mit." Und sie gehen weiter in Richtung Hain.

Dort hocken bereits ein paar Elben- und Zwergenkinder und klicken kleine Murmeln hin und her. Sie halten inne, als sie das Heulen von klein Frodo vernehmen. Er jammert beleidigt vor sich hin: "Die sind gemein. Die sind so viel und ich bin so klein..." Schließlich erreichen Frodo, Gandalf und Aragorn die Gruppe und Gandalf ruft: "Seht mal her! Seht, was mein Freund Frodo gefunden hat! Es ist ein Ring von der Müllkippe!" Einer der Elbenjungen, sein
Name ist Elrond, springt auf seine Füße. "Was? Ein Ring von der Müllkippe? Zeig her!" Und Frodo legt den Ring in die Mitte. "Ich kenne den Ring", sagt Elrond. Er gehört Sauron. Das ist der Sohn vom Chef der Müllkippe. Er wird ihn bestimmt schon suchen. Oh Mann, ich möchte nicht in deiner Haut stecken, wenn er mitkriegt, dass du den Ring hast." Gandalf besieht sich das Kleinod genauer. "Oh, Elrond, du hast Recht! Da steht sein Name eingraviert! Da steht: Dies ist der Ring von Sauron. Stark limitierte Auflage."

In diesem Moment prescht ein kleiner Menschenjunge in dunkelroter und mit goldenen Bordüren bestickter Tunika mit seinem Steckenpferd in die Mitte der kleinen Versammlung. "Hey! Gebt mir den Ring! Ich kann ihn gebrauchen! Ich will ihn haben!" Doch als er nach dem Ring greift, stellt sich Sam vor seinen Freund und der kleine Reiter wird von Aragorn, der sich bisher ruhig im Hintergrund aufgehalten hatte, zurückgestoßen. "Du wirst mächtig großen Ärger kriegen, wenn du den Ring nimmst. Sauron ist stark und er hat schon ganz viele Kinder verprügelt." "Aragorn hat Recht", stimmt Elrond seinem Freund zu. "Sauron verprügelt gerne kleine Kinder." Daraufhin baut sich Gimli, ein Zwergenjunge, soweit es ihm möglich ist vor Elrond auf und schaut an ihm hoch. "Einen Zwerg würde er niemals verprügeln." "Ha!" entgegnet Elrond. "Dass ich nicht lache! Aus dir würde er Apfelmus machen!" Kurz darauf entbrennt der schönste Streit zwischen den Elbenkindern und dem Zwergennachwuchs.

"Ihr Elben habt doofe Ohren!" "Ihr Zwerge seit lahm!" "Ihr Elben seht aus wie Bohnenranken!" "Ihr Zwerge seid klein und dick!" "Ich hau dir deine Ohren krumm!" "Dann schneid ich dir deinen Bartflaum ab!" "Ruhe!" schreit Elrond. Und alles ist still. "Ihr müsst den Ring zurückbringen, bevor Sauron böse wird."

Frodo schaut ängstlich auf den Ring, dann auf Gandalf und schließlich zu Elrond. "Ich hab´ Angst..." Energisch stampft Gandalf seinen Stock auf den Boden und sagt: "Wenn wir ihn zu mehreren zurückbringen, sind wir stark genug. So viele auf einmal wird er bestimmt nicht verhauen." "Ich geh mit!" sagt Sam tapfer und beißt in einen Keks. Aragorn legt seine Hand auf Frodos Schulter und sagt: "Frodo, ich werde mitgehen. Wir schleichen uns an und legen den Ring ganz schnell wieder zurück. Sauron wird das nicht merken." "Na gut", sagt ein kleiner Elb. "Hallo Frodo, ich bin Legolas und ich werde mitgehen. Wenn Sauron uns ärgern will, dann werde ich ihm meine Pfeile in den Popo schießen." Der mutige Elbenjunge zeigt stolz seine langen Pfeile. Die anderen Kinder bestaunen die mit viel Sorgfalt an den Enden befestigten Saugnäpfe. Das kann Gimli nicht auf sich sitzen lassen und sagt: "Wenn die Bohnenstange mitgeht, dann geh ich auch mit. Ich bin nämlich noch viel mutiger." Spricht´s und stellt sich mit stolzgeschwellter Brust neben Frodo. Der Menschenjunge, Boromir geheißen, blickt nachdenklich auf den Ring. 'Wenn ich auch mitgehe, kann ich ihnen den Ring irgendwann schon wegnehmen.' Er stützt sich angeberisch auf sein Stockpferd und erhebt stolz sein Haupt: "Naja, dann geh ich auch mit. Ich habe vor nichts Angst." Schließlich stellt sich Gandalf noch dazu und bemerkt: "Siehst du, Frodo, ich habe doch gesagt, dass sie lieb sind."

Da schallen zwei Stimmen hinter dem nächsten Baum hervor: "Wir wollen auch mit! Wenn Frodo weggeht, wollen wir mitgehen!" "Merry und Pippin!" ruft Gandalf erfreut. "Das ist toll, dass ihr auch mit wollt!" Breit grinsend sagt Pippin: "Ich und Frodo und Merry sind Freunde. Und wir machen immer alles zusammen. Und wo soll´s hingehen?"

Nach kurzer Lagebesprechung stellen sich die tapferen Recken in einer Reihe auf. Elrond steht einige Schritte entfernt und zählt durch. "Eins - drei - elf - sieben - fünf - zehn - vier - zwei - neun. Ihr seid neun Spielgefährten. Noch mehr Kinder würden zu laut sein. Ich und die anderen bleiben hier und spielen weiter mit den Murmeln. Also bis nachher." Damit hockte er sich mit den verbleibenden Kindern wieder auf den Rasen und schon waren sie wieder ins Murmelspiel vertieft.

Die neun Spielgefährten machen sich auf den langen und mühsamen Weg zur Müllkippe am Ende des Waldes. Nach zehn Minuten kommen sie an einem kleinen Höhleneingang vorbei. "Au ja, lasst uns da mal durchgehen. Mein Papa hat gesagt, dass man da durchgehen kann und hinten wieder rauskommt!" ruft Gandalf. "Aber man muss vorher ein Zauberwort sprechen, hat Papa gesagt." "Kennst du das Wort denn überhaupt?" fragt Pippin. "Na klar." gibt Gandalf selbstsicher zur Antwort. "Wie heißt es denn?" fragt Merry. "Ähm..." "Du kennst es ja gar nicht!" lacht Pippin. "Und ich kenn´ es doch!" erwidert Gandalf erzürnt. "Es heißt 'Melone'. So jetzt können wir durchgehen." Die kleine Gruppe macht sich also auf den ungewissen Weg in das Dunkel der Höhle. "Zum Glück hab´ ich Papa eine Streichholzschachtel weggenommen" gibt Gandalf stolz bekannt und entzündet ein Streichholz. Nachdem sie alle aufgebraucht sind, können sie bereits von weitem das Licht sehen, das durch den Ausgang in die Höhle hineinscheint. Da hören die Kinder hinter sich ein flammendes Geräusch und kurz darauf erscheint ein kleiner Balrog. "Lasst mich durch. Ich will da jetzt langgehen." "Nein, wir waren zuerst hier. Und wir müssen uns beeilen", schimpft Gandalf. "Ich will aber jetzt da lang!" Da baut sich Gandalf vor dem Balrogjungen auf, hebt seinen Stock und schreit ihn an: "Du kommst hier nicht vorbei!!!" Das erschreckt den Balrog und er läuft weg. Im selben Moment bricht Gandalfs Stock durch und er fällt hin. "Aua, jetzt ich kann nicht weitergehen." "Aber was machen wir denn jetzt?" fragt Pippin. Darauf entgegnet Aragorn: "Ich will nachher Mittagessen haben. Also müssen wir jetzt weitergehen, damit wir bald wieder zurück sind." "Na gut, dann geht eben weiter", sagt Gandalf beleidigt.

Nach weiteren zehn Minuten kommen sie zu einer kleinen Lichtung, auf der Elbenkinder Ringelreihen spielen. "Iiih, hier spielt so ein eingebildetes Elbenmädchen. Die ist doof." sagt Gimli angewidert. "Pssst, die können dich sonst hören." flüstert Aragorn. "Das ist mir egal." Gimli ist sichtlich angenervt. "Nur weil die so komische Ohren haben? Ich kann viel besser hören und sehen wie die." Unvermittelt blickt Gimli in den Saugnapf eines Kinderpfeiles. "So laut wie du bist, hätte ich dich im Dunkeln fangen können." Das war klein Haldir, ein weiterer Elbenjunge. Kurz hinter ihm erscheint ein Elbenmädchen und sieht Frodo an: "Bist du Frodo? Wo hast du Gandalf gelassen?" "Er ist in der Höhle hingefallen." entgegnet Frodo traurig. "Und er kann nicht mehr aufstehen." sagt das kleine Elbenmädchen. "Das ist ja doof. Naja, ich bin Galadriel und das da drüben ist Celeborn, das ist mein Freund." Sie bemerkt, wie Frodo nach dem Ring greift. "Ui, ist das Saurons Ring? Auweia. Das gibt Ärger. Du willst ihn bestimmt zurückbringen, ja?" Die acht Spielgefährten nicken. "'Na gut. Geht am Bach lang, da verlauft ihr euch nicht." Mit diesen Worten verabschiedet sich Galadriel und geht mit Haldir wieder zurück zu den anderen.

Da es sehr warm ist, waten sie durch das kühle Wasser, bis sie an einen großen Steinhaufen kommen. "Ich muss mich ausruhen", sagt Aragorn. "Die vielen Steine im Wasser sind blöd. Meine Füße tun mir weh." Die anderen nicken zustimmend. "Ich muss mal. Ich komme gleich wieder." sagt Frodo und verschwindet hinter einem der großen Steine. Boromir denkt bei sich: 'Jetzt kann ich versuchen, den Ring zu klauen.' Er schleicht dem kleinen Hobbit hinterher. Gerade, als sich Frodo die Hose wieder hochgezogen hat, fällt Boromir über ihn her. "Ich will den Ring haben! Gib ihn sofort her!" Doch Frodo fängt laut an zu weinen und läuft weg. Während er sich von Boromirs Griffen befreit hat, kommt dieser ins Rollen und purzelt einen kleinen Hügel hinunter. Am Fuße des Hügels angelangt, setzt er sich hin und fängt an zu weinen. Die Situation hat den kleinen Menschen sehr erschreckt. Und ihm gefällt es nicht, dass ihm Frodo entkommen ist und er den Ring nicht bekommen hat. Doch da sieht er zwischen den Bäumen einige Orkkinder, die auf ihn zustürmen. "Verprügelt ihn!" ruft einer von ihnen. Boromir greift zu seiner weißen Trillerpfeife, die er vom Weihnachtsmann bekommen hatte, und bläst
hinein.

Durch den schrillen Pfiff schrecken die anderen hoch. "Die Pfeife von Gondor!" ruft Legolas. Und sie stürmen los. Auf dem Weg zum Hügel sieht Aragorn, wie Frodo allein über den kleinen Bach läuft, und den Kekse knabbernden Sam, der ihm folgt.

Als Aragorn, Gimli und Legolas bei Boromir ankommen, finden sie ihn verhauen auf dem Waldboden liegend vor. "Die haben mich gehauen!" ruft er undeutlich, die Stimme vom Weinen ganz fahrig. "Die sind so gemein! Und die beiden Hobbits haben sie auch mitgenommen! Die sind ja so gemein! Ich hab keine Lust mehr! Ich geh jetzt nach Hause!" Damit rappelt er sich auf und läuft weinend davon.

Die anderen stehen wütend da. "Was machen wir denn jetzt?" fragt Gimli aufgeregt. "Zuerst müssen wir Merry und Pippin holen", bestimmt Aragorn. "Dann laufen wir hinter Frodo her." "Ok."

Fortsetzung folgt...


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