|
Titel:
Kleine Helden:
Sternenreiter und Sonnenkriegerin Autor: Lady
of Gondor
Mit
einem lauten Kriegsschrei stürmte ein blonder Wirbelwind
aus dem Gebüsch und stürzte sich mit einem
Holzschwert auf einen Jungen. Auch er hatte ein Holzschwert
und verteidigte sich mutig. "Du kannst nicht gewinnen...."
Er wurde unterbrochen, als Holz splitterte und sein
Schwert entzwei ging. Überrascht sah er auf den
verbliebenen Teil seiner Waffe und dann zu seinem Gegenüber.
Tränchen traten in seine Augen und ihm war egal,
dass eine Schwertspitze auf sein Herz gerichtet war.
"Du hast es putt gemacht." Ganz traurig hob
er das zerborstene Teil seines Holzschwertes auf und
besah sich beide Stücke.
Währenddessen hatte das blonde Mädchen
ihr Schwert sinken lassen und blickte den Jungen entschuldigend
an. "Tut mir leid Brüderlein...das wollte
ich nicht." Auch sie hatte Tränen in den Augen,
denn sie konnte ihren Bruder nicht weinen sehen und
wusste, wie gern er das Holzschwert hatte. Schließlich
war es ein Geschenk eines elbischen Diplomaten gewesen.
"Onkel Thedon kann es bestimmt wieder heile machen
und solange kannst Du meines haben." Mit einem
hilflosen Lächeln streckte sie ihm das einfache
Holzschwert entgegen, doch er schüttelte nur den
Kopf.
"Es hat aber keine elbischen Verzierungen. Behalte
es." Mit hängendem Kopf tapste der dunkelblonde
Junge weg und hielt dabei die Bruchstücke seines
Schwertes ganz fest an sich gedrückt. "Eomer
warte bitte...." Schnell rannte Eowyn ihm hinterher
und war nun noch viel trauriger. "Ich könnte
mein Schwert für Dich bunt bemalen oder wir bitten
Onkel Thedon, dass er etwas hinein schnitzt." Doch
auch das wollte der kleine Junge nicht und tapste einfach
weiter, ohne seine Schwester zu beachten. "Lass
mich in Ruhe."
Eowyn ließ ihren Kopf hängen und überlegte,
wie sie ihren Bruder wieder aufmuntern konnte, doch
sie hatte keine Idee. Ein Schwert heil machen konnte
sie nämlich nicht und so setzte sie sich unter
einen Baum. Eine ganze Weile starrte Eowyn einfach nur
auf die vorbeiziehenden Wolken, bevor ihr plötzlich
eine Idee kam. Ganz stolz auf diesen Einfall, sprang
sie sofort auf und rannte auf die goldene Halle zu.
Sie war so in ihre Idee versunken, dass sie weder
Hama noch den Stein sah, der auf ihrem Weg lag. Und
dann geschah es. Das Mädchen stolperte und schrie
erschrocken auf. Doch Hama hatte so etwas kommen sehen
und fing den blonden Wirbelwind auf. "Na warum
denn so eilig Eowyn? Habt ihr etwas angestellt?"
Ein unschuldiges Lächeln beantwortete die Frage
und der Mann zog nur eine Augenbraue hoch. "Darf
ich bitte die Waffenkammer sehen Hama?" Sie setzte
ihren schönsten Kleinen-Kinder-Mitleid-Haben-will-Blick
auf, doch es wirkte nicht. "Das ist kein Ort für
kleine Ladys Eowyn. Ihr solltet lieber euer Gesicht
waschen, es ist ja voller Dreck." Behutsam und
gleichzeitig liebevoll wischte Hama ein wenig Matsch
von ihrer Wange und ließ sie dann wieder runter.
Sie wirkte zwar traurig, aber bat nicht weiter um einen
Besuch in der Waffenkammer und so ließ er das
kleine Mädchen ziehen.
Doch Eowyn war nicht gewillt, einfach aufzugeben.
Ganz leise schlich sie durch die Gänge und überlegte,
wo die Waffenkammer sein könnte. Die Hand fest
um ihr Holzschwert gepresst, tapste sie weiter und hoffte
nur, dass ihr niemand begegnen würde. Und prompt
kam natürlich Amenis um die Ecke gelaufen. Der
junge Bote lächelte Eowyn an und begrüßte
sie höflich. Für einen Augenblick überlegte
das blonde Mädchen, ob sie das Risiko eingehen
sollte. Aber mehr als ein nein würde sie nicht
als Antwort bekommen. Bevor Amenis etwas sagen konnte,
wurde er auch schon von dem kleinen Wirbelwind überfallen.
"Amenis...ich suche die Waffenkammer." Der
junge Mann sah sie mit hochgezogener Braue an. "Und
was will eine Lady in der Waffenkammer? Ihr habt doch
ein gefährliches Schwert." Die kleine Eowyn
dachte kurz nach und befand, dass es nun Zeit für
eine ganz kleine Notlüge sei. "Ich...ich....nun
ja, ich habe da mein kleines Nazgul verloren...."
Mit großen Augen blickte sie den Boten an. Bevor
er jedoch weiter nachfragen konnte, erklärte ihm
das junge Mädchen, was Nazgul war. "Das ist
mein kleines Plüschflugtier. Eomer hat ihn durch
das Fenster dort rein geworfen und jetzt hat es ganz
doll Angst. Weil es ist doch noch so klein und hat bestimmt
schon Hunger. Und ich kann ohne mein kleines Nazgul
auch nicht einschlafen."
Amenis lächelte die Nichte des Königs an
und streichelte ihr über den Kopf. "Dann solltet
ihr euren kleinen Nazgul wahrlich finden. Ich würde
euch ja hinbringen und mithelfen beim...." "Nein
das ist nicht nötig Amenis....Onkel Thedon hat
bestimmt einen Wunsch." Zur Bestätigung ihrer
Worte, zeigte sie auf die Schriftrolle, die der junge
Mann bei sich trug. "Das stimmt leider. Aber wenn
ihr hier den Gang geradeaus geht und dann die letzte
Tür zur rechten Hand öffnet, dann findet ihr
das kleine freche Flugtier bestimmt." Er verbeugte
sich noch einmal und schritt dann mit eiligen Schritten
weiter.
Eowyn freute sich und tapste den von Amenis beschriebenen
Gang entlang. Dort waren viele Türen, doch sie
öffnete nur die letzte am Ende des Ganges. Zum
Glück waren hier keine Wachen und so schlüpfte
das kleine Mädchen ungesehen in die Waffenkammer.
Sekunden später stand sie mit großen Augen
in dem riesigen Raum, der voller Schwerter, Speere,
Bögen, Dolche, Schilde und allerlei anderer Dinge
war. Wenn sie hier nichts Passendes finden würde,
dann würde sie auch in ganz Mittelerde kein geeignetes
Schwert für ihren Bruder finden. Und wer weiß...vielleicht
fand sie ja auch noch ein schönes Schwert für
sich selbst. Nur Onkel Thedon durfte nichts davon erfahren,
denn er mochte es nicht, wenn sie mit scharfen Gegenständen
spielte.
Langsam huschte Eowyn durch den Raum und besah sich
die Werke der Schmiedekunst. Ehrfürchtig streichelte
sie über einen Schwertknauf und versuchte eines
der Schwerter hochzuheben. Doch dazu war sie noch zu
klein und so ließ sie diesen Versuch lieber bleiben.
In der Ecke, wo Dolche und Messer aufbewahrt wurden,
sah sie sich besonders sorgfältig um. Eomer sollte
ein schönes Schwert bekommen, schließlich
war sie ja Schuld, dass sein über alles geliebtes
Holzschwert zerborsten war.
Es dauerte eine Weile, bis die kleine Kriegerin einen
Dolch fand, der ihrem Bruder gefallen würde. Sein
Griff war genau wie die Scheide mit Pferdeköpfen
verziert und die Klinge hatte eingravierte Ornamente.
Ganz vorsichtig nahm Eowyn die Waffe an sich und schlüpfte
wieder hinaus auf den Gang. Selbst jetzt war niemand
zu sehen und so kam das kleine Mädchen ungesehen
in ihr Zimmer.
Mit glänzenden Augen legte sie den Dolch auf
ihr Bett und blickte ihn an. Ohja er würde Eomer
ganz bestimmt gefallen, nur fehlten die elbischen Gravuren.
Aber immerhin war wenigstens etwas eingraviert. Neugierig
geworden, ob die Waffe auch scharf ist, fuhr sie über
Klinge und schnitt sich prompt in den Finger. Sofort
steckte sie den blutenden Finger in den Mund und zog
ein kleines Kuschelhandtuch vom Bett, dass sie sich
um die Wunde wickelte. Der dick eingewickelte Finger
hinderte sie ein wenig, aber Eowyn verpackte den kleinen
Dolch trotzdem in eine Decke und machte sich auf den
Weg zu der Schmiede. Bestimmt konnte man ihr da elbische
Schriftzeichen eingravieren.
Doch so einfach war das nicht, da Hama gerade an
der Schmiede war und seine Rüstung bearbeiten ließ.
Fieberhaft überlegte Eowyn nun, wie sie es anstellen
konnte, dass der Wächter für einen Moment
dort weggehen würde. Aber natürlich sind kleine
Kinder kreativ und so hatte die kleine Schildmaid bald
eine Idee. Mit ihrem strahlendsten Lächeln tapste
sie auf den großen Mann zu und zupfte an seinem
Umhang. "Hama....Onkel Thedon hat erlaubt, dass
ich reiten darf. Tust Du mir bitte mein Pony Saury satteln?"
Der Rohirrim sah erstaunt auf das Mädchen hinab
und musste dann lächeln. Ihr konnte man nicht böse
sein und wenn man diese großen, bittenden Augen
sah, dann war man als Mann verloren. Er war sich sicher,
dass sie als erwachsene Frau, vielerlei Herzen brechen
würde.
"Wie ihr wünscht Mylady." Er verbeugte
sich mit einem Zwinkern und bat Eowyn, doch hier auf
seine Rüstung zu warten." Sie nickte und wartet
dann, bis er aus Sichtweite war. Dann zog sie den Dolch
aus der Decke und tapste schüchtern in das nach
Schmiedearbeiten riechende Gebäude. "Oh welch
seltener Besucht erstrahlt in meiner Arbeitsstätte.
Was kann ich für euch tun junge Lady Eowyn."
Der Schmied, Siranon, lächelte und ging vor ihr
auf die Knie, so dass er ihr direkt in die Augen sehen
konnte. Er mochte das Mädchen, das so früh
ihre Eltern verloren hatte und nun hier am Hofe von
König Theoden lebte.
"Herr Siranon....würdet Ihr mir bitte einen....hm...ein
Geschenk verzieren?" Mit diesen Worten zeigte sie
dem Schmied den Dolch, der ihn mit hochgezogener Braue
an sich nahm. "Was macht eine so hübsche junge
Lady mit einem scharfen Dolch?" In diesem Moment
sah er den verbundenen Finger und schüttelte lächelnd
den Kopf. "Diese Dinger sind scharf Lady Eowyn...aber
zeigt man her." Ganz vorsichtig wickelte er das
Kuscheltuch vom Finger und säuberte die Wunde etwas,
bevor er einen kleinen Verband anlegte. Eowyn konnte
nicht anders und umarmte den älteren Mann ganz
herzlich, bevor sie ihm erklärte, was sie wollte.
"So so...habt ihr also gegen euren Bruder gewonnen.
Ich wusste schon immer, dass aus euch mal eine kleine
Kämpferin wird. Elbische Verzierungen wollt ihr
also....hm...ich weiß nicht, ob ich da etwas passendes
habe, aber ich werde mich natürlich darum kümmern.
Geht erst einmal Ausreiten." Er zwinkerte dem kleinen
Wirbelwind zu und begleitete sie nach draußen.
Es war keine Sekunde zu früh, denn da kam schon
Hama mit dem zottlingen, kleinen Pony.
~~~~~~~~~~~~~
Eowyn konnte es gar nicht erwarten, wieder zur Schmiede
zurück zu gehen und endlich das Geschenk für
Eomer abzuholen. Denn ihr Bruder saß schon eine
ganze Zeitlang im Stall bei seinem Pony und blickte
traurig auf sein Holzschwert. Er wollte auch nicht mit
ihr reden oder zusammen mit ihr ein wenig reiten und
das machte Eowyn traurig. Schließlich hatte sie
sein geliebtes Holzschwert doch nicht mit Absicht kaputt
gemacht. Und so war auch sie selbst bedrückt und
hatte gar keine Lust, mit Saury über den kleinen
Trainingsplatz zu reiten. Sie umritt auch die kleinen
Hindernisse, die ihr Pony so gerne hatten und umrundete
den Platz ganz langsam.
Schließlich konnte sie es nicht mehr erwarten
und lenkte ihren Freund von dem Platz runter, durch
die Straßen von Edoras und zu der Schmiede. Hama
war zum Glück nicht mehr da und so ließ sie
sich von dem Rücken ihres Ponys gleiten. Das zottige
Reittier stupste sie sanft an und verlangte ein paar
Streicheleinheiten, die es auch bekam. "Warte schön
hier Saury...ich bin gleich wieder da."
Schüchtern tapste das Mädchen in die Schmiede
und sah sich um. Siranon war nirgends zu sehen und so
rief sie leise nach ihm. "Ah kleine Lady....ihr
kommt gerade rechtzeitig. Aber ich muss euch enttäuschen....der
kleine Dolch ist mir in das Schmiedefeuer gefallen und
muss erst wieder repariert werden." Schon sah er
Tränen in den Augen Eowyns und lächelte sie
tröstend an.
"Nicht weinen kleine Lady, ein Lachen steht
euch besser. Ich habe aber trotzdem etwas für euch.
Kommt mit." Siranon nahm das zierliche Händchen
von Eowyn in die seinige und führte sie in die
kleine Wohnstube. Dort holte er ein kleines Paket vom
Tisch und reichte es ihr. "Für euren Bruder."
Mit großen Augen schlug Eowyn das Papier zur Seite
und starrte auf den Gegenstand. Vor ihr lag ein Holzschwert,
dass mit den Symbolen Rohans sowie Runen verziert war.
An der Spitze der Klinge waren außerdem elbische
Buchstaben eingeschnitzt. Der Schmied musste lächeln,
als er das Strahlen von Eowyns Augen sah und strich
ihr über das blonde Haar. "Das wird ihn sicher
mehr freuen, als ein kleiner Dolch...glaubt mir Eowyn.
Die Runen sowie das elbische bedeuten Sternenreiter.
Aber auch für euch habe ich etwas."
Er reichte ihr ein weiteres, in Seidenpapier eingeschlagenes
Paket, das natürlich den neugierigen Kinderhändchen
nicht lange standhielt. Ein leiser Schrei entfuhr dem
Mädchen, als es das Papier entfernt hatte. Auch
in diesem Päckchen war ein Holzschwert, dessen
Griff ebenfalls mit dem Symbole Rohans verziert war.
Auf der Klinge waren eine Sonne sowie feine Runen eingraviert.
"Für den Sonnenschein Rohans." Er lächelte
sie an und erklärte ihr, dass die Runen das Wort
Sonnenkriegerin bedeuteten und er hoffte, dass sie ihre
wahre Bestimmung eines Tages finden würde.
Eowyn wusste gar nicht was sie sagen sollte. Sie
umarmte den Schmied und konnte sich gar nicht oft genug
bedanken. Schließlich verabschiedete sie sich
von Siranon und machte sich auf den Weg zu ihrem Bruder.
Dieser war im Stall eingeschlafen und hielt sein
zerbrochenes Schwert fest an sich gedrückt. Ganz
leise krabbelte Eowyn zu ihm hin und zupfte solange
an seiner Tunika, bis er aufwachte. "Geh weg...."
Doch Eowyn tat ihm den Gefallen nicht, sondern umarmte
ihn ganz fest. "Tut mir leid, dass ich Dein Schwert
putt gemacht habe....nicht mehr böse sein bitte.
Ich hab auch hier ein Geschenk für Dich."
Schüchtern hielt sie ihm das kleine Päckchen
hin und strahlte dann über das ganze Gesicht, als
er es an sich nahm.
Und als Eomer sah, was sich in dem Papier befand,
da umarmte er seine Schwester und wischte sich verstohlen
ein Tränen aus den Augen. "Aber....aber...."
"Das ist für Dich...ich passe auch in Zukunft
besser auf." Der Junge strahlte nun auch über
das ganze Gesicht und fuhr ehrfurchtsvoll über
die Schnitzereien. "Sternenreiter steht dort."
Er blickte seine Schwester an und musste sie nochmals
umarmen. "Dankeschön." Vergessen war
sein zerbrochenes Holzschwert und sofort wollte er mit
seiner neuen "Waffe" üben. "Willst
Du mein Gegner sein?" Eowyn dachte kurz nach, denn
sie wollte nicht schon wieder etwas kaputt machen. Als
sie jedoch die großen, bittenden Augen sah, konnte
sie nicht nein sagen.
Wenig später tobten die beiden Kinder ausgelassen
durch die Straßen von Edoras und kämpften
gegen unsichtbare Orks, böse Nazguls oder auch
gegeneinander. Die beiden mächtigsten Lichtquellen
des Firmaments...Sonne und Sterne erhobenen gegeneinander
die Waffen im Spiel und niemand von ihnen wusste, dass
sie später Seite an Seite gegen das Böse kämpfen
würden.
~~~~~
|
|
|