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Titel:
Eine unruhige Nacht Autor: Nasdyr
Die
Nacht war bitterkalt.
Das Feuer, welches Gimli entzündet hatte und
dessen muntere Flammen einen roten Schein auf den Rand
des Waldes geworfen hatten, war herunter gebrannt. Nur
noch schwach leuchtete die letzte Glut in der Dunkelheit.
Der Fangorn lag als schwarzer Schatten in ihrem Rücken.
Aragorn rückte fröstelnd näher an
die Reste des Feuers heran, obwohl er wußte, daß
es ihn nicht wärmen würde. Nichts konnte die
Kälte vertreiben, die er spürte, seit er den
aufgespießten Kopf des Uruk-Hai gesehen hatte
. Uglu‘k. Er hatte gehofft, ihm Kampf zu begegnen. Er
hatte gewünscht, ihm selbst seinen häßlichen
Kopf abschlagen zu können.
Der Ranger sprang auf, als rauhe Stimmen die dunkle
die Nacht durchdrangen. Noch waren sie ein gutes Stück
entfernt, doch sie kamen schnell heran. Rasch trat Streicher
das Feuer aus und ging zwischen den Bäumen in Deckung.
Das Ohr auf den Boden gepresst, versuchte er auszumachen,
was sich ihm näherte. Es waren mehrere, acht bis
zehn, und er mußte nicht warten, bis er ihre Rufe
und ihre Worte deutlich verstehen konnte, um es zu wissen.
Orcs.
Sie waren offen, ohne jede Vorsicht unterwegs. Und
sie waren nicht allein. Zwischen ihren Reden und ihrem
höhnischen Gelächter konnte er eine grelle,
weinerliche Stimme ausmachen. „Sie tun uns weh, grausame
Orcs. Sie tun uns weh. Das dürfen sie nicht, mein
Schatz, Laßt uns los, widerliche Orcs. Laßt
uns gehen. Mein Schatz, mein Schatz.“
Die Orcs passierten die Stelle, wo der Ranger sich
verbarg, ohne ihn zu bemerken. Zu sehr waren sie mit
ihrer Beute beschäftigt. Ihre schweren Schritte
entfernten sich, wurden leise und verklangen schließlich
ganz in der Dunkelheit.
„Die Nacht ist ruhig. Zu ruhig für meine Geschmack.
Noch nicht einmal die Stimme des Windes ist zu hören.“
Die Worte des Elfen ließen Aragorn zusammenfahren.
Er hatte nicht bemerkt, daß Legolas aus dem offenen
Land zu ihrer Lagerstatt zurückgekehrt war. Er
hätte es auch nicht bemerkt, wenn eine Horde Orcs
aus dem Wald gestürmt wäre.
„Ja.“ erwiderte er knapp und schalt sich selbst für
seine Unaufmerksamkeit. Es war sein Teil der Wache,
und er sollte sich nicht von alten Erinnerungen ablenken
lassen. Schon gar nicht von diesen. Und das würde
er auch nicht mehr. Sobald er erst das Bild des Uruk-Hai
aus seinem Kopf bekommen konnte.
Der Elf sah nachdenklichen auf ihn herab. Und obwohl
Argorn seinen Blick beflissen mied, entging ihm die
Besorgnis des anderen nicht. Wie ein schneller Schatten
glitt sie über sein Gesicht. „Du bist sehr still
heute abend.“, sprach er leise, um den schlafenden
Zwerg nicht zu wecken, „Dunkle Gedanken bedrängen
Dich, ich kann sie spüren. Sie erfüllen Dich
mit Schmerz und Zorn.“
Aragorn hielt einen Moment lang den Atem an. „Es
ist Merry und Pippins wegen.“, erwiderte er dann schnell,
„Es bekümmert mich, dass wir sie nicht retten
konnten.“ Das war die Wahrheit, wenigstens die halbe.
Aber er sah Legolas nicht an dabei.
„Ja.“, stimmte der Elf langsam zu, „Auch mein Herz
trauert um die beiden Hobbits .“ Fast schien es, als
ob er noch etwas hinzufügen wollte. Doch er tat
es nicht. Statt dessen legte er den Bogen ab und ließ
sich ohne ein weiteres Wort neben ihm nieder.
Eine Weile saßen sie schweigend beisammen.
Legolas hatte die Beine im Schneidersitz verschlungen
und rührte sich nicht, scheinbar tief in Gedanken
versunken. Doch Aragorn konnte spüren, wie er ihn
von Zeit zu Zeit mit einem raschen Seitenblick bedachte,
und er wußte, daß er den Freund kaum zu
täuschen vermochte. Er war nicht er selbst, seit
sie die verbrannten Körper der Orcs gefunden
hatten. Er mochte es vor Gimli zu verbergen wissen,
doch nicht vor dem Elf.
Die Finsternis war nun fast vollkommen. Wie ein dunkel
drohendes Wesen hüllte die Nacht sie ein. Legolas
hatte Recht gehabt. Es war tatsächlich ungewöhnlich
still. Kein Geräusch war zu hören, nicht das
Rascheln der Blätter, nicht die Rufe der Tiere
im nahen Wald: Nur Gimlis leises Schnarchen drang von
der anderen Seite der Feuerstelle.
Und es war noch kälter geworden.
Mißmutig zog Aragorn den Umhang enger um sich.
Er konnte sich nicht erinnern, je so gefroren zu haben.
Vor einiger Zeit hatte er in der näheren Umgebung
ihres Lagers neues Holz gesucht, um das Feuer nachzulegen.
Teils um die eisige Kälte zu vertreiben, teils
um sich zu beschäftigen.
Aber in der Dunkelheit war nicht viel zu finden gewesen,
außer ein paar dünnen Ästen, welche
die Flammen rasch aufgezehrt hatten. Nun saß er
wieder an der Seite des Elfen und das Schweigen zwischen
ihnen, welches ihn zuerst erleichtert hatte, wurde drückender,
je weiter die Zeit voranschritt.
Um das Unbehagen von sich abzuschütteln, suchte
Aragorn schließlich seine Pfeife heraus.
Auch fanden sich auf dem Boden seines Beutels noch
ein paar Krümel Tabak, mit denen er sie langsam
zu stopfen begann. Dann tastete er im Dunkeln nach einem
Zweig. Er fand einen neben sich im Gras und hielt ihn
in die kaum noch glimmenden Reste des Feuers. In diesem
Moment rissen über ihm die Wolken auf.
Das fahle Licht des Mondes enthüllte plötzlich
die Umgebung. Der Ranger konnte die Umrisse der Feuerstatt
und die verhüllten Gestalten neben ihr deutlich
erkennen. Die Orcs schliefen unruhig, unter leisem Knurren
und Zischen, welches in der ruhigen Nacht bis zu ihm
herüber drang. Zu seiner Überraschung
vermochte Aragorn keine Wachen auszumachen. Offenbar
fühlten sich die Orcs sehr sicher.
Langsam umkreiste er das Lager, jede Deckung, die
ihm das flache Land bot, nutzend. Zwei Tage und Nächte
hatte er die Orcs verfolgt, immer auf ihrer Spur bleibend,
oder besser, auf der ihrer Beute. Nun näherte er
sich vorsichtig der Kreatur, welche in einiger Entfernung
vom Feuer zusammengeschnürt auf der Erde lag. Dann
zog er sein Messer aus dem Gürtel und brachte sich
mit einigen raschen Schritten neben Gollum, welcher
vor Schreck ein leises Zischen ausstieß.
„Still!“, mahnte Streicher und hielt ihm das Messer
an die Kehle, “Kein Laut, wenn du am Leben bleiben willst.
Aber wenn du ruhig bist, befreie ich dich und bringe
dich von hier weg, an einen sicheren Ort.“
„Sicheren Ort?“, die Kreatur beäugte ihn mißtrauisch,
„Weshalb sollen wir mit ihm gehen? Wir kennen es nicht,
kennen es nicht. Trauen ihm nicht. Geh weg!“
„Willst du lieber ein Gefangener der Orcs bleiben?“,
versetzte Aragorn und begann, die ersten Stricke durchzuschneiden,
„Dann kann ich dich auch hier lassen. Aber ich glaube
nicht, daß du das wirklich willst.“
Gollum hisste ärgerlich. „Orcs böse. Orcs
tückisch. Tun uns weh, tun uns weh!“ Seine Stimme
war bei den letzten Worten immer lauter geworden und
Streicher versuchte vergebens, ihn zum Schweigen zu
bringen. Schließlich presste er der Kreatur grob
die Hand auf den Mund. Doch Gollum war flink. Mit einer
schnellen Bewegung drehte den Kopf und biß kräftig
zu. Der Ranger konnte nur knapp einen schmerzhaften
Aufschrei unterdrücken. Er hätte sich die
Mühe nicht machen brauchen. Gollums wehleidiges
Geheul durchdrang die Stille der Nacht und übertönte
jeden anderen Laut.
Im Nu waren die Orcs über ihnen.
Dem Ersten, der sie erreichte, stieß Aragorn
das Messer in die Brust. Dann sprang er auf und zog
sein Schwert. Doch die Feinde waren in der Überzahl,
und obwohl es ihm gelang, einen weiteren zu töten,
fürchtete er, daß er sie nicht würde
besiegen können. Das waren keine Orcs wie er sie
kannte. Diese Geschöpfe waren groß und stark
und gewandte Kämpfer. Dennoch gelang es ihm, einen
weiteren zu erschlagen und noch einen außer Gefecht
zu setzen. Schon schöpfte er wieder Hoffnung, als
er plötzlich über ein Hindernis stolperte.
Im Fallen sah der Ranger noch, wie Gollum sein Bein
zurückzog und sich zur Seite rollte, ein hämisches
Grinsen im Gesicht. Dann packten ihn die Orcs. Bei dem
Sturz hatte er sein Schwert verloren und nun rissen
sie ihm die Arme nach hinten und zwangen ihn auf die
Knie. Eine breite Klinge schwang mit einem scharfen
Geräusch neben ihm durch die Luft.
Streicher schloß die Augen und wartete auf
das Ende. Doch es kam nicht. Statt dessen packte eine
grobe Hand sein Haar und riß seinen Kopf zurück.
Er blickte auf und sah in das Gesicht seines Feindes.
Uglu‘k.
„Aah!“
Aragorn zog hastig die Hand zurück. Fast hätte
er sich die Finger verbrannt. Er hatte keine Ahnung,
wie lange er noch dagesessen und vor sich hin gestarrt
hätte, hätte ihn das Feuer nicht in die Gegenwart
zurückgebracht.
Er wagte es nicht, in Legolas‘ Richtung zu sehen,
während er einen neuen Zweig suchte und fand und
endlich seine Pfeife entzündete. Aufatmend nahm
er einen tiefen Zug. Doch wirklichen
Genuss brachte es ihm nicht. Es hätte mehr als
nur der paar Krümel Tabak bedurft, um seine augewühlten
Gedanken zu besänftigen.
Der Freund hatte Recht gehabt. Der Schmerz und der
Zorn waren immer noch in ihm. Er hatte sie nicht überwunden,
auch wenn sie mit den Monaten schwächer geworden
waren. Ein kurzer Moment, ein Blick, und sie waren zurückgekehrt.
Das Gefühl der Ohnmacht und die Demütigung
brannten wie in jener Nacht in ihm. Er hatte solche
Furcht verspürt. Nicht sofort. Nicht, als der Tod
so nahe war. Erst als er begriff, daß er leben
würde.
Aragorn holte tief Luft. Er durfte nicht die Beherrschung
verlieren. Nicht jetzt, wo Legolas neben ihm saß.
Der Elf war ohnehin schon schon misstrauisch geworden.
Er wollte sich ihm gegenüber nicht noch weiter
verraten. Doch die Pfeife zitterte in seiner Hand, und
je mehr er es zu unterdrücken versuchte,
um so schlimmer wurde es. Der glimmende Tabak tanzte
wie ein roter Punkt in der Finsternis.
Er konnte seine Hand nicht ruhig halten. Er konnte
die Augen nicht schließen, ohne Uglu’ks Gesicht
vor sich zu sehen. Er konnte die Augen nicht öffnen,
ohne Legolas‘ forschendem Blick zu begegnen.
Alas, welch unselige Fügung!., dachte Aragorn
bedrückt, Ich wünschte es wäre Morgen
und wir könnten nach Merry und Pippins Überresten
suchen. Lieber stelle ich mich meinem Versagen als dieser
Erinnerung.
Aber der Mond hatte seinen Zenit am Nachthimmel noch
nicht erreicht. Es würde noch Stunden dauern, bis
die Dämmerung heraufzog. Wenigstens war seine Wache
fast vorbei. Er konnte sich niederlegen und Schlaf vortäuschen.
Auch wenn er keinen Schlaf suchen würde. Das Letzte,
was er sich wünschte, waren Träume.
„Es ist Zeit für dich zu ruhen, meine Freund.“
, sagte Legolas in diesem Moment, als hätte er
seine Gedanken gelesen, „Ich übernehme die Wacht
ab jetzt.“
Aragorn nickte. „Halte nach dem alten Mann Ausschau.“,
mahnte er, „ Und nach versprengten Orcs. Wir wissen
nicht, ob die Rohirrim wirklich alle getötet haben.“
Mit diesen Worten streckte er seine langen Beine neben
der Feuerstelle aus und warf den Umhang über sich.
Die Erde unter ihm war hart und kalt.
Die Orcs hatten ihn, an Händen und Füßen
gefesselt, neben Gollum auf den Boden geworfen. Danach
überliessen sie ihre Gefangenen sich selbst und
kehrten an das Feuer zurück. Kurz darauf brach
ein kurzer, aber heftiger Streit aus. Eine Waffe wurde
gezogen, dann noch eine. Doch bevor zum Kampf kommen
konnte, fuhr eine herrische Stimme zwischen sie. Nun
war es wieder ruhig in ihrem Lager.
Der Ranger lauschte angestrengt zu den Orcs hinüber,
aber ausser zwei leisen Stimmen war nichts zu hören.
Es gelang ihm nicht, die Worte nicht verstehen. Sie
waren nur ein Grollen und Fauchen in der Dunkelheit
und er vermochte nicht zu erkennen, ob sie über
sein Schicksal berieten. In dem Streit vorhin schien
es um ihn gegangen zu sein, aber er war nicht sicher.
Er begriff ohnehin nicht, weshalb sie ihn nicht getötet
hatten.
Vorsichtig, um Gollum nicht aufmerksam zu machen,
begann Aragorn, seine Fesseln an der scharfen Kante
eines Steines zu scheuern. Die Stricke waren fest. Die
Orcs hatten ihn gut verschnürt, dennoch glaubte
er sich befreien zu können.
Doch die Zeit reichte nicht aus. Bevor Streicher
seine Bande durchtrennen konnte, hörte er, wie
sich ihm schwere Schritte näherten. Der Anführer
der Orcs trat auf ihn zu. Eine Weile musterte er ihn
mit kalten Augen. Abschätzend, mit unverhohlener
Grausamkeit.
„Wer bist du?“, grollte Uglü’k schließlich,
die Worte ungewohnt aber deutlich sprechend, „Und was
wolltest du von dieser Kreatur?“
Aragorn erwog, ihm nicht zu antworten. Doch den Feind
unnötig zu reizen mochte von Stolz zeugen. Klug
war es nicht. „Ich bin ein Waldläufer aus dem Norden,“,
erwiderte er daher und wunderte sich selbst, wie ruhig
seine Stimme klang, „Vor einigen Tagen sah ich euch
mit diesem unglücklichen Wesen. Mitgefühl
bewog mich, es zu befreien.“
„Wir wollten es nicht!“, beeilte sich Gollum zu versichern,
„Haben es nicht darum gebeten! Nein, nicht gebeten.““
Der Uruk-Hai brachte ihn mit einem Tritt zum Schweigen,
ehe er sich wieder an den Ranger wandte: „Dann bist
du niemand von Wichtigkeit?“
„Nein.“
Uglu’k bedachte ihn mit einem abfälligen Schnauben.
„Was für eine Verwendung habe ich dann für
dich?“, versetzte er und legte die Hand an den Schwertgriff,
„Du hättest mit dir selbst Mitgefühl haben
sollen, Mensch!“
Diesmal gab Streicher keine Antwort. Er hatte gewusst,
was die Verneinung für ihn bedeutete. Nun blickte
er auf die Waffe, welche sein Leben beenden würde.
Doch der Orc hatte das Schwert erst zur Hälfte
gezogen, als er innehielt.
Unter leisem Knurren, welches von ganz tief aus seinem
Inneren zu kommen schien, starrte er auf seinen Gefangenen
herab. Es war ein animalischer Laut, wild und gewalttätig,
und der Ranger spürte zum ersten Male Angst. Wirkliche
Angst. Wie ein Schauder lief sie durch seine Adern,
während Uglu’ks Blick über seinen Körper
glitt.
Das Knurren wurde lauter, fordernder, und dann, mit
einer unerwarteten Bewegung, zog der Orc ihn hoch und
zwang ihn auf die Knie. Aragorn keuchte auf, als klauenbesetzte
Hände mit roher Gewalt über ihn streiften,
Kleidung zerrissen, Haut zerkratzten.
Sich windend versuchte er, dem Orc zu entkommen.
Doch die Fesseln behinderten ihn Er konnte sich
gegen den Uruk-Hai nicht wirklich wehren. Statt dessen
klang Uglu’ks verächtliches Lachen in seinen Ohren,
als er das Gleichgewicht verlor und mit dem Gesicht
in den Staub fiel
Der Orc trat seinem Gefangenen zur Warnung in die
Nieren, ehe er ihn an den Haaren wieder nach oben zog.
Der Schmerz trieb Streicher das Wasser in die Augen.
Er wußte, dass dies erst der Vorgeschmack war.
‚Was für ein Ende für Isildurs Erben.‚ dachte
er bitter.
Der Uruk-Hai hielt ihn immer noch an den Haaren,
als er sich von hinten zu ihm herabbeugte. Sein heisser
Atem strich über Aragorns Nacken. „Wünschst
du dir, du wärest tot?“, knurrte er, „Keine Sorge.
Ich werde dir die Kehle durchschneiden. Wenn ich mit
dir fertig bin.“
Uglu’k liess keinen Zweifel was er damit meinte.
Der Unterleib des Orc drückte sich gegen ihn und
der Ranger konnte fühlten, dass er voll erregt
war. Seine mächtige Errektion glitt an Streichers
Rücken entlang, als er sich hinter ihm in die Knie
sinken ließ, seinen Körper eng an ihn gepresst,
die kräftigen Arme fest um ihn geschlungen. Dann
strichen grobe Hände über seinen Unterleib
und seine Hüften. Auf seinem Gesäss bleiben
sie liegen.
Aragorn brach der Schweiss aus. Blindes Entsetzen
nahm ihm fast den Atem und er konnte nicht verhindern,
dass er unkontrolliert zu zittern begann. Noch immer
drängte sich der Körper des Uruk-Hai
an ihn, als wolle er mit ihm verschmelzen. Seine Hitze
drang durch Streichers Haut wie ein verzehrendes Feuer.
Uglu’ks Atem ging nun schnell und stossweise. Doch
er hatte keine Eile. Er rieb sich an ihm,
langsam und spielerisch. Dann biss er ihm leicht
in die Schulter. Es waren fast zärtliche Gesten,
und Aragorn würgte, als Übelkeit in ihm aufstieg.
Es war unerträglich. Schlimmer, als wenn der Orc
einfach nur über ihn hergefallen wäre.
„Bringe es endlich hinter dich.“ Es war nicht Streichers
Absicht gewesen, die Worte laut auszusprechen. Doch
dann hörte er seine eigene Stimme, brüchig
und gar nicht mehr ruhig.
Der Orc nahm die Angst in ihr wahr und seine Lippen
verzogen sich zu einem zufriedenen Grinsen. „Du fürchtest
dich, Mensch. Fürchtest du dich genug, um zu betteln?“
Der Ranger spuckte ihm seine Antwort auf die Erde.
Der Uruk-Hai knurrte leise und mit einem Ruck schoß
seine Hand nach oben und zog Aragorns Kopf zurück,
so daß er in das Gesicht des Menschen sehen konnte.
Die heftige Bewegung sandte einen stechenden Schmerz
durch Streicher und seine Nackenwirbel knackten, als
der Orc ihm fast das Genick dabei brach. Eine Sekunde
lang verschwamm ihm die Sicht und als er wieder klar
sehen konnte, starrte er direkt in Uglu’ks Augen.
Er fand darin, was er erwartet hatte. Da war keine Zärtlichkeit,
kein Mitgefühl. Da war gar keine menschliche Regung,
Nur Grausamkeit und Härte und kalte Lust. Sie sahen
einander an und verstanden sich ohne Worte. Es wurde
keine Gnade erwartet. Es würde keine Gnade geben.
Dann schlang der Uruk-Hai die Arme noch fester um
Aragorn und drang mit einem triumphierenden Schrei in
ihn ein.
Der Schmerz explodierte wie ein grelles Licht in
ihm. Es dauerte eine Ewigkeit. Es dauerte nur wenige
Momente. Er wußte es nicht. Er hörte Schreie
von irgendwo her. Vielleicht waren es seine. Vielleicht
auch nicht. Schließlich war es genau so plötzlich
vorbei, wie es begonnen hatte.
Die Arme des Orcs hielten ihn nicht mehr und er stürzte
auf die harte Erde. Bebend und keuchend, vor Schmerzen
gekrümmt, lag er zu Uglu’ks Füssen. Der Uruk-Hai
blieb einen Augenblick lang vor ihm stehen und sah auf
ihn herab. Dann schnaubte er geringschätzig, wandte
sich um und übergab ihn der Dunkelheit.
Er fuhr auf und um ihn herrschte Finsternis.
Der Mond hatte sich wieder hinter dichte Wolken zurückgezogen
und auch der spärliche Rest des Feuers war erstorben.
Die Dunkelheit war undurchdringlich. Noch nicht einmal
die Umrisse des Fangorn-Waldes hoben sich gegen den
Himmel ab.
Ohne sie sehen zu können, ahnte Aragorn die
Bewegung neben sich und zog das Messer, ehe er sich
dessen bewusst wurde. Er verlagerte das Gleichgewicht,
bereit, sich auf den Angreifer zu stürzen.
„Der Schatten auf deinem Herzen ist schwärzer
noch als diese Nacht.“ hörte in diesem Moment die
Worte des Elfen ganz dicht bei sich. Er wußte
nicht, ob er darüber erfreut sein sollte. Der Freund
war ihm gleichermaßen willkommen wie unerwünscht.
Zumindest solange sein Puls noch so schnell war und
verräterisch und er seiner Stimme nicht trauen
konnte. Doch dann überwog die Erleichterung. Die
Erinnerung war so lebendig gewesen, so erschreckend.
Es tat gut, den anderen an seiner Seite zu haben.
Aragorn wartete einige Augenblicke, bis sein Herzschlag
sich beruhigt hatte. „Kein Schatten, Legolas.“, erwiderte
er dann, und steckte das Messer, welches er so voreilig
gezogen hatte, in den Gürtel zurück „Nur
ein böser Traum.“
Der Elf erwiderte eine geraume Zeit nichts
darauf, und Aragorn glaubte schon, er würde es
dabei bewenden lassen. Schliesslich jedoch rückte
Legolas noch näher an ihn heran, sein Gesicht ein
heller Fleck in der Dunkelheit. „Ein Traum, der schon
viel zu lange währt, Elessar.“, meinte er behutsam,
„Wie viele Jahre soll dich dieses unheilvolle Ereignis
noch verfolgen? Der Orc ist tot nun, wie ich glaube.
Es ist vorbei.“
„Du weisst davon?“ Es war kaum mehr als ein Flüstern.
„Seit du damals Gollum zu uns brachtest.“, entgegnete
der Freund ebenso leise, „Ich war dabei, als mein Vater
ihn verhörte. Die Kreatur hat einiges gesagt. Da
er ein Lügner ist, glaubten wir ihm zuerst nicht.
Aber dann kam Gandalf und gebot uns Schweigen. Da wußte
ich, dass es die Wahrheit war.“
Aragorn hörte seine Worte mit Bestürzung.
Er hatte stets vermutet, dass Gollum sein Wissen nicht
für sich behalten würde. Diese Kreatur als
Zeugen seines schlimmsten Albtraumes zu wissen, war
schwer genug. Aber dass Legolas es durch ihn erfahren
hatte, machte die Erniedrigung vollkommen.
Er spürte, wie ihm das Blut in die Wangen stieg.
Zu allem Unglück zogen sich die Wolken in diesem
Moment zurück und das kühle Licht des Mondes
enthüllte seine Beschämung. Hastig wandte
er sich ab.
„Nein! Zieh dich nicht von mir zurück.“ hielt
der Freund ihn auf, als er sich anschickte, sich zu
erheben. Bevor Aragorn es verhindern konnte, streckte
der Elf die Hand nach ihm aus. Er sog scharf die Luft
ein, als sie sich auf seine Wange legte. Die Berührung
war ein Trost und er gestattete sie sich, einen Herzschlag
lang. Dann ergriff er Legolas Hand und schob sie sanft
von sich.
Zu seiner Erleichterung schien der Elf über
die Zurückweisung nicht verärgert zu sein.
Aber er gab
auch nicht auf. „Da ist immer noch diese Verzweiflung
in dir.“, forschte er sacht, „Ich hoffte, der Tod des
Orc würde es dir leichter machen, zu vergessen.
Statt dessen scheinst du noch bedrückter zu sein.“
„Ich bin bedrückt, Legolas.“, erwiderte Aragorn
und seufzte schwer, „Ich dachte immer, wenn ich ihn
finde und töte, ist es vorbei. Ich glaubte, ich
würde dann endlich Ruhe finden. Nun ist er tot,
doch nicht von meiner Hand, und ich finde keine Ruhe.
Vielleicht wird es jetzt nie vorbei sein.“
Uglu’ks Schritte näherten sich ihm erneut.
Ein Schrei hatte die Orcs aus dem Schlaf geschreckt.
Schrill und unmenschlich drang er durch die Nacht, eine
Warnung, sich zu eilen. Nun herrschte Aufbruchsstimmung
in ihrem Lager, obwohl der volle Mond gerade erst im
Sinken begriffen war.
In seinem Licht sah Aragorn, wie der Uruk-Hai zu
ihm trat. Eine neue Welle der Angst schlug über
ihm zusammen und er wusste, dass er sie nicht verbergen
konnte. Hilflos, gegen die harte Erde gepresste, als
könne er in ihr Zuflucht finden, wagte er kaum
zu atmen, kaum an das zu denken, was kommen mochte,
als Uglu’k sich zu ihm herab beugte.
Doch die Hand seines Feindes griff nicht nach ihm.
Gollum schrie und winselte vor Entsetzen, als die Klinge
des Orc über ihm aufblitzte. Zu deutlich hatte
er gesehen, wie der Ranger die Aufmerksamkeit des Uruk-Hai
auf sich gezogen hatte. Aber Uglü’k war nicht auf
diese Weise an ihm interessiert. Er durchtrennte die
Stricke, welche der Kreatur die Füsse banden und
brachte ihn unsanft auf die Beine.
Danach wandte er sich Aragorn zu. „Ich könnte
dich mitnehmen. Ich könnte dich töten. Aber
wozu?“, knurrte er, „Ich lasse dich für die hungrigen
Geschöpfe der Nacht, denn das ist alles, was du
bist. Futter.“
Er stiess Streicher mit einem groben Tritt aus seinem
Weg, dann trieb er Gollum vor sich her zum Lager hinüber.
Befehle wurden gerufen, Waffen und Helme klirrten. Die
Erde erzitterte, als die schweren Schritte der Orcs
in die Dunkelheit zogen.
Aragorn lauschte ihnen nach, benommen vor Erleichterung,
bis sie sich in der Ferne verloren hatten. Eine Zeitlang
blieb er so liegen, unfähig, sich zu rühren,
in dem übermächtigen Gefühl, entkommen
zu sein.
Doch schließlich gewannen die Instinkte des
Rangers die Oberhand. Orcs waren nicht die einzige Gefahr
in diesem unwirtlichen Land. Andere Räuber streiften
umher, und er war noch immer gebunden und ihnen ausgeliefert.
Rasch tastete Aragorn nach dem scharfkantigen Stein.
Doch gefesselt und in der Dunkelheit konnte er ihn nicht
finden. Und die ersten Jäger drängten schon
heran. Bald würde der Geruch der Uruk-Hai verflogen
sein. Dann kamen sie, um das verlassene Lager nach Beute
zu durchsuchen. Wenn er sich nicht befreien konnte,
würde er tatsächlich als Nahrung enden. Diesen
Gallen wollte er Uglu’ks nicht tun.
Während Streicher noch angestrengt versuchte,
seine Fesseln zu lösen, fiel sein Blick auf die
getöteten Orcs. In einiger Entfernung lagen sie
wie dunkle Bündel im Gras. Waffen. Vielleicht würde
er bei ihnen eine finden.
Es war nicht einfach, sie zu erreichen. Doch der
Wille zu überleben und der Wunsch nach Rache trieben
Aragorn vorwärts. Dennoch schien es eine Ewigkeit
zu dauern, bis er sich endlich heran geschoben hatte.
Er rollte sich neben einen der Uruk-Hai. Nichts, nicht
einmal ein Stück scharfes Metall. Und die nächtlichen
Räuber kamen näher. Noch konnte er sie nicht
sehen, aber er spürte, wie sie den Kreis enger
zogen
Mühsam rollte sich der Ranger zu dem nächsten
Orc hinüber. Wieder nichts. Er musste weitersuchen.
Aber allmählich liessen seine Kräfte nach.
Vor Anstrengung keuchend und verschwitzt wie er war,
konnte ihn jedes Raubtier mühelos als Beute ausmachen.
Schon huschte der erste Schatten an ihm vorbei und verschwand
wieder in der Dunkelheit. Der Geruch nach feuchtem Fell
blieb zurück. Wölfe.
Verzweifelt schob sich Aragorn neben den letzten
Orc. Wenn er diesmal nichts fand, womit er sich befreien
konnte, war er verloren. Der dunkle Schatten strich
schon wieder an ihm vorüber, diesmal näher.
Es schien das mutigste Tier des Rudels zu sein. Oder
das hungrigste.
Ohne allzu grosse Hoffnung tasteten seine gefesselten
Hände über den Körper des Uruk-Hai.
Und bekamen den Griff einer Waffe zu fassen. Es war
sein eigenes Messer, welches noch immer in der Brust
des Orc stak.
Hastig zog der Ranger es heraus und begann seine
Stricke zu durchschneiden. Er hatte kaum die Bande an
seinen Händen gelöst, als der erste Wolf
auf ihn zusprang. Aragorn ließ sich zur Seite
fallen, dann stiess er mit seinen immer noch gefesselten
Füssen kräftig zu. Er traf auf etwas Hartes.
Knochen knirschten und mit einem schmerzerfüllten
Jaulen sprang das Tier davon. Der Rest des Rudels wich
ebenfalls zurück.
Eilig durchtrennte der Ranger die letzten Stricke.
Dann floh er, halb kriechend, halb stolpernd in die
Nacht. Er hatte Glück. Die Räuber folgten
ihm nicht. Das Rudel war klein, und hinter ihm blieb
genug Beute zurück, welche sich nicht zur Wehr
setzte.
Die wenigen Stunden bis zum Morgen verbrachte Aragorn
im Schutz eines Gebüsches, in unruhigem Halbschlaf,
aus dem er immer aufschreckte. Das Messer behielt er
in der Hand.
Mit Anbruch der Dämmerung setzte er sich auf
die Fährte der Orcs. Entschlossen, den Uruk-Hai
einzuholen und zu töten. Doch nach zwei Tagen verlor
er die Spur am Ufer des Entwash und fand sie nicht
wieder. Uglu’k war und blieb verschwunden.
Dafür spürte er bei seiner Suche nach ihr
am Rande des Toten Moores unerwartet Gollum auf.
Diesmal gab er der Kreatur keine Möglichkeit,
ihm zu entkommen. Er griff und band ihn, nicht eben
sanft, und brachte ihn nach Mirkwood.
Wo er Legolas traf, welcher ihn zur Begrüssung
umarmte.
Die Arme des Elfen umschlossen ihn sanft aber unnachgiebig.
Einen Moment lang war Aragorn verwirrt, als Erinnerung
und Gegenwart ineinander zu fließen schienen.
Dann war es wieder Nacht, die Orcs waren erschlagen
und er befand er sich am Rande des Fangorn-Waldes. Alles
war so, wie es sein sollte.
Mit Ausnahme von Legolas‘ Armen, welche ihn noch
immer umschlungen hielten. Viel zu eng
für das Maß an Nähe, welches er derzeit
ertragen konnte. Vorsichtig versuchte er, sich der Umarmung
zu entziehen.
Doch der Elf gab ihn nicht frei. Und je mehr Aragorn
versuchte, sich von ihm loszumachen, um so fester wurde
der Griff des anderen. Beharrlich und mühelos hielt
er ihn und erinnerte Arathorns Sohn daran, daß
er ihm an Kraft und Gewandheit ebenbürtig war und
keineswegs der unbedarfte Jüngling, der er auf
den ersten Blick zu sein schien. Es hätte eines
echten Kampfes bedurft, um ihn abzuwehren, und Aragorn
hatte nicht das Herz, es darauf ankommen zu lassen.
Abrupt gab er seinen Widerstand auf und hielt still.
„So ist es schon besser.“, murmelte Legolas an seinem
Ohr. „Sei unbesorgt. Ich werde nichts von dir verlangen,
was du nicht geben kannst.“ fuhr er fort, während
er ihn leicht im Nacken zu streicheln begann.
Unsicher ließ Aragorn ihn gewähren. Er
wusste nicht, wie weit der Freund noch gehen würde.
Und er wusste schon gar nicht, ob er bereit dafür
war. Seit der Begegnung mit Uglu’k hatte er keine derartige
Berührung mehr geduldet. Auch jetzt stand ihm nicht
der Sinn danach. Dennoch konnte er nicht leugnen, dass
er auf den sanften Druck der erfahrenen Finger reagierte
und sich sein Puls beschleunigte, als das Blut rascher
in seinen Adern floss.
Zögernd gestattete Aragorn, dass der andere
ihn noch näher an sich zog, bis ihre Gesichter
sich fast berührten. Er spürte den Atem des
Elfen auf seiner Wange. Dann auf seinem Hals, seiner
Kehle, seiner Brust, als Legolas die Verschnürung
seines Wamses löste und sein Hemd öffnete.
Dem Atem folgten Hände und Zunge. Sie schoben Stoff
beiseite, glitten über seine Haut, tastend, streichelnd,
bis Aragorns Herz unter ihren Liebkosungen immer heftiger
gegen seine Rippen schlug.
Dann beugte sich Legolas zu ihm herüber und
ihre Lippen berührten sich. Es begann als ein behutsamer
Kuss, nichts fordernd, nur ein zarter Hauch. Aragorn
erschauerte, als er inniger und begehrlicher wurde,
doch er wich nicht zurück. Auch nicht, als Legolas‘
Zunge über seine Lippen fuhr und schliesslich ungebärdig
den Weg in seinen Mund suchte.
Zu seiner eigenen Überraschung erwiderte er
die Zärtlichkeiten des Freundes mit unerwarteter
Heftigkeit. Wie von selbst schlangen sich seine Arme
um den schlanken Körper des Elfen, zerrten seine
Hände an dessen Kleidung, bis sie endlich weiche
Haut berührten, welche sich kühl und heiss
zugleich unter ihnen anfühlte.
Seine leidenschaftliche Reaktion entfachte das Feuer
noch stärker in Legolas. Die Küsse des Freundes
wurden härter und verlangender, seine Berührungen
fordernder, und bald fand sich Aragorn im feuchten Gras
liegend wieder, den Freund über sich gebreitet,
ihn mit seinem Gewicht auf den Boden drückend,
Arme und Beine um ihn geschlungen, als ob er nie wieder
von ihm lassen wollte.
„Das wollte ich schon so lange tun.“ flüsterte
der Elf, während dessen Hände weiter nach
unten wanderten, über seinen Bauch strichen, über
die Innenseite seiner Beine und sich in den Bund seiner
Hose verirrten, deren Gürtel öffneten. Dann
streifte er sie ihm mit einer raschen Bewegung über
die Hüften.
Aragorn schrak zurück, als die eisige
Nachtluft über seine Blöße strich. Doch
nicht nur aus diesem Grund. Zu schnell. Es ging viel
zu schnell, und das Gefühl, erneut übermannt
zu werden, brachte die Erinnerung an Uglu’k zurück,
unerwünscht und ungebeten. Sie traf ihn wie ein
Schwall kalten Wassers.
Aragorn atmete einige Male tief durch, um die aufkommende
Panik zu unterdrücken. Es war Legolas, welcher
ihn berührte, nicht sein Feind. Trotzdem konnte
er nicht verhindern, dass er sich voller Abwehr versteifte
als dessen Hände begannen, den Rest seines Körpers
zu erkunden. Der Elf spürte seinen Widerstand und
hielt inne, ohne jedoch von ihm zu lassen. Sein Gewicht
drückte den Waldläufer immer noch gegen die
kalte Erde, während er forschend sein Gesicht musterte.
Was immer er darin sah, veranlasste ihn, den Menschen
freizugeben. „Verzeih mir, Ellessar. Ich war zu
hastig. Ich habe dich bedrängt.“
Aragorn lächelte reumütig. „Nein, ich war
zu verzagt.“ versetzte er, während er mit den Fingern
sacht über Legolas‘ Wange strich und dann behutsam
über dessen Hals und Brust fuhr. Doch als seine
Hand noch ein Stück tiefer glitt, wo Legolas‘ Erregung
deutlich gegen ihn drückte, hielt der Elf ihn zurück.
„Bist du deiner wirklich sicher?“ fragte er leise
und Aragorn hörte das unausgesprochene „Nicht nur
mir zuliebe.“ in seinen Worten mitschwingen. Er verstand
auch die leise Warnung in den Worten des anderen. Sie
wäre nicht nötig gewesen. Er wußte,
dass es diesmal kein Zurück geben würde.
„Ja.“ versetzte er und erwiderte den Blick des Freundes
ohne Zurückhaltung. Und hatte plötzlich Mühe
zu atmen, als ihm der Ausdruck Legolas‘ Augen fast die
Luft nahm. Er hatte geglaubt, nun, da er sich entschlossen
hatte, auf alles vorbereitet zu sein. Doch das Verständnis
und die Zärtlichkeit in ihnen trafen ihn völlig
unerwartet. Êbenso wie dieses andere, weit stärkere
Gefühl, dem er keinen Namen zu geben wagte. So
unwahrscheinlich und kostbar war es, dass er fürchtete,
es könne sich verflüchtigen, wenn er es laut
benennen würde. Es wärmte ihn mehr, als jedes
Feuer es jemals vermocht hätte und all die innere
Kälte, die Zweifel und alle dunklen Gedanken schmolzen
unter seiner Glut dahin.
„Ja, ich bin meiner sicher.“ flüsterte Aragorn
und zog den Freund zu sich herab, in einen langen, sanften
Kuss. Es war Legolas, welcher sich schließlich
atemlos aus ihm löste. Er rückte ein Stück
von ihm ab und betrachtete den nackten Menschen vor
ihm voller Verlangen.
Aragorn spürte seine Ungeduld, endlich in Besitz
zu nehmen, was er schon so lange begehrte. Er hatte
nicht die Absicht, es ihm länger vorzuenthalten.
Mit einer fordernden Bewegung drängte er seinen
Körper gegen den des Elfen und sah noch das zufriedene
Lächeln des Freundes, ehe er die Augen schloß
und sich dessen Händen und Lippen überließ.
Sie entfachten das Begehren auch in ihm erneut, bis
er glaubte es nicht mehr ertragen zu können. Blind
vor Verlangen griff er nach Legolas und zog ihn an sich
heran, bis er ihn in sich fühlen konnte und sich
ihre Körper in einem Rhythmus bewegten, schneller
und heftiger, bevor eine letzte Berührung, eine
letzte Bewegung ihn ein Meer der Lust spülte.
Gleich darauf spürte er Legolas‘ flüssige
Hitze in sich, ehe der Elf erschöpft auf ihn niedersank.
Aragorn schloss den Freund in die Arme, und eng umschlungen
und geborgen in der Nähe des anderen verharrten
sie so, wie es schien eine Ewigkeit.
Es war nicht mehr weit bis zum Morgen. Die Sterne
über Gimli begannen bereits zu verblassen, so dass
seine Wache nicht lang sein würde. Oder besser,
viel kürzer als vorgesehen, da Legolas ihn erst
spät geweckt hatte. Und er, Gloins Sohn, hatte
so getan als wäre er gerade erst erwacht.
Mit einem wissenden Lächeln betrachtete der
Zwerg die beiden Männer, während er auf seine
Axt gestützt deren Schlaf beschützte. Der
Elf lag wie immer reglos, mit offenen Augen, so dass
er niemals sicher war, ob er wirklich schlummerte. Einige
Schritte von ihm entfernt rührte sich Aragorn im
Traum. Er seufzte und bewegte sich leicht, ehe wieder
seine gleichmäßigen, tiefen Atemzüge
die Nacht erfüllten.
Gimli nickte zufrieden.
,Schlaft wohl, mein Freunde.‘, dachte er, ,Unbesorgt
seien die, welche unter den wachsamen Augen eines Zwerges
ruhen.‘
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