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Titel:
Wege Autor: Ilkiran
Der Gedanke, nun doch nicht von Uma für sämtliche Verbrechen und Rohheiten
seiner und anderer Krieger verantwortlich gemacht zu werden, wirkt ungeheuer
befreiend auf den ehemaligen Waldläufer. Erleichtert läßt er sich von der
stämmigen Frau mit den abgearbeitetn Händen umarmen und fängt sogar an, Gefallen
daran zu finden. Kein schwereloser, ätherischer Körper, der bei jeder
Berührung zu zerbrechen droht, wie bei Arwen,… Diese Vorstellung scheucht er
lieber schnell aus seinem Kopf. Sondern eine Frau, die in ihrer Kraft lebt,
unter ihrer Derbheit weich und anziehend ist. In die er sich hinein fallen
lassen kann. Deren Stärke und Bestimmtheit ihn lenkt, ohne dass er sich für
irgendetwas rechtfertigen muß. Aragorn beginnt, Umas Umarmung zu erwidern,
mit mehr Zuneigung, wie er zuerst für möglich gehalten hätte. Unter diesen
Umständen und dann noch von einer Frau. Aber diese ist nun etwas Besonderes.
Die Abmachung vergessend, gibt er ihren Forderungen gerne nach. Seine Lippen
gleiten über Umas Mund. Einen festen Mund, mit von den Sonnenstrahlen
aufgesprungenen Lippen. Sehr interessanten Lippen, nicht anschmiegsam oder
süßlich, wie er sie von den Städterinnen kennt, sondern rauh, sich selbst
bewusst und fordernd. So wird der erste Kuß zu einem kleinen Kampf auf
unbekanntem Gebiet, wie es ihm vorkommt. Bald kommt Aragorn auf Uma zu
liegen, versinkt fast in ihrer Körperfülle, unter der jedoch alle Lebenskraft
und der Mut ihres Arbeitslebens zu spüren sind. Eigenschaften, die so
unvermittelt auf Aragorn einwirken, daß er fast glaubt, seine vergangene
Zuversicht und Entschlossenheit wieder erlangen zu können. Mit wachsender
Begeisterung erforscht sein Mund Umas Gesicht, streichen seine Hände über ihre
Haare, erlebt sein Körper, wie es ist, in jemandem einzusinken. Ihre Umarmung
wird fester, drückt ihn auf eine immer erregendere Weise an sich, in sich.
Schließlich gelingt es ihm, sich halbwegs zu befreien, auf die Ellbogen
aufzustützen und sie einfach nur zu betrachten. Die Erregung etwas
hinauszögern um sie gleichzeitig steigern. Ihren fülligen, aber festen
Körper mit den Händen nachfahren, während sie daliegt, ihn nun gewähren läßt und
einfach mit halbgeschlossenen Augen sein Streicheln genießt. Kleine Seufzer
begleiten den langsamen Weg seiner Zunge über ihre großen, nährenden Brüste nach
unten. Ein Bauch mit faszinierenden Erhebungen. Falten, dazwischen Mulden, in
denen er sich am liebsten vollständig vergraben hätte. Jedes Stückchen Haut wird
von seiner Zunge nachhaltig erforscht. Die gesamte Umgebung um sich herum
vergessend, folgt er den Formen ihres Leibes mit seinem Mund nach. Immer wieder
versinkt er stöhnend in ihrem beweglichen Bauch, unter dessen nachgiebiger Haut
die darunterliegenden Muskeln leicht zu spüren sind. Kraft und
Beharrlichkeit unter der doch weichen Oberfläche. Fast schon bis zur
Selbstaufgabe von ihr gefangen, findet seine Zunge ihren Nabel, umfährt ihn
mehrere Male, knabbern seine Zähne versuchsweise hier und dort. Die
unterdrückten Laute, die seine Ohren erreichen, zeigen ihm, das er auf dem
richtigen Weg ist, daß seine Art, ihren Körper zu berühren ihr soviel Vergnügen
bereitet, daß sie bereits dabei ist, um ihre Beherrschung zu kämpfen.
Zwischen ihren gepreizten Beinen findet Aragorns zusammengekauerter Körper
gerade noch Platz. Keine Außenwelt, keine Gedanken an wen oder was auch
immer stört diese Momente. Ein um seine Fassung bemühter Waldläufer saugt
sich fest. Immer wieder, am Unterbauch beginnend, bis zu ihren Haaren. Ihr Gesäß
hebt sich ihm entgegen, wird von seinen eifrigen Händen umfasst und noch ein
Stück weit angehoben. Stöhnend und am ganzen Körper zitternd gräbt sich sein
begieriger Mund durch das dichte Haar, um ihren Lustpunkt zu finden. Seine heiße
Zunge umspielt diesen Ort, leckt sich über die angeschwollenen Erhebung, saugt
zuerst verhalten,dann immer gieriger, begleitet von ihrem hemmungslosen Stöhnen.
Noch länger ist das unmöglich auszuhalten, schießt es ihm durch den Kopf,
als sich zwei seiner Finger gleichzeitig in ihre Spalte drängen. Hin- und
Hergerissen zwischen dem Wunsch, ein erlösendes Ende zu finden, oder aber den
letzten Rest an noch vorhandener Selbstbeherrschung zusammenzusuchen, um die
unverfälschte Urgewalt dieser Frau bis zur seelischen und bestimmt auch
körperlichen Erschöpfung auszuloten, versenkt er sein Gesicht immer tiefer in
ihrem Körper, der die uralten rhytmischen Bewegungen beschreibt. Nach
einiger Zeit zieht Uma ihn unerwartet mit einer entschiedenen Armbewegung nach
oben, sodaß er halb neben ihr zu liegen kommt. Schnell gleitet sie über ihn,
setzt sich so geschickt auf sein bis zum Platzen erregtes Glied, daß sie nur
noch wenig mit ihrer Hand nachzuhelfen braucht, um es in sich aufzunehmen.
Aragorn liegt der Auflösung nahe unter ihr, sämtliche Empfindungen auf das nahe
Ende ausgerichtet. Seine Hände tasten nach ihrer Hüfte, um sich überhaupt
irgendwo festzuhalten, während er sich ganz ihren Bewegungen überlässt. Rasch
gleitet Uma einige Male an ihm auf und ab, läßt ihn mit einer letzten
Abwärtsbewegung ganz in sich hinein. Ihre erhitzte Enge überwältigt ihn derart,
daß er kaum noch registrieren kann, wie sie mit einem letzten erleichterten
Aufstöhnen über ihm zusammensinkt. Dann läßt auch er mit einem heftigen Stoßen
los und kommt direkt nach ihr. Erschöpft und ausgelaugt drängt er sich an
sie, in dem Versuch dieses Ereignis zu fassen, festzuhalten. Zärtliche Hände
streicheln über sein Gesicht, seine Brust. Uma lacht leise und gelöst, als sie
ihn weiter liebevoll berührt. „Und wie lange willst du nun bleiben, Fremder?
Oder war es so schlimm?“ Wieder dieser leise Spott in ihrer Stimme.
Aragorn kuschelt sich in ihre Arme, legt seinen Kopf zwischen ihre schweren
Brüste und drängt sich noch einmal an sie. Lauscht ihrem langsamer werdenden
Herzschlag. Weiß zunächst keine Antwort.
Das Dorf / Der Bericht
Beide wachen am nächsten Morgen eng umschlungen
auf. Geweckt von dem Treiben der Kinder, die sich über die Reste im Topf
hermachen. Für die Erwachsenen bleibt nichts mehr übrig, der Arbeitstag beginnt
mit leerem Magen. Zuerst gemeinsames Wasserholen an dem kleinen Fluß, der durch
den Ort hindurchfließt. Die Ziegen tränken, die auf einer umfriedeten Wiese nahe
der Umzäunung stehen. Dort treffen sich auch die übriggebliebenen Bewohner und
Aragorn hat die Gelegenheit, die restlichen drei bis vier Frauen zu zu
beobachten, die mit Milcheimern beladen die kleine Ziegenherde melken wollen.
Handfeste, derbe Bäuerinnen, die dem täglichen Überlebenskampf mit
Entschlossenheit und unverblümtem Witz begegnen.
Viel Zeit zum
Herumschauen hat er allerdings nicht, bekommt er doch sogleich eine Sense samt
dazugehörigem Rechen in die Hand gedrückt. Gras mähen für das Vieh. Eine Schar
von Kindern zieht mit ihm auf eine Bergwiese, die das Grünfutter liefern soll.
Gerade die richtige Tätigkeit für seine aufgeplatzten Hände, die die Schwielen
aus den Kampfzeiten längst verloren haben. Außerdem braucht es ziemlich Übung,
eine Sense auf diesem abschüssigen Berggelände effektvoll zu benutzen. Verbissen
läßt er das Gerät durch das nasse Gras gleiten, immer darauf hoffend, daß es
sich nicht zu oft in die Erde bohrt und ihn dadurch aufhält. Sehr zur
unterdrückten Belustigung der Kinder, die das gemähte Gras aufrechen und auf den
klapprigen Wagen laden, den er später zurück zum Dorf ziehen soll. Aragorns
Bemühen, diese Arbeit irgendwie flüssig und ohne große Pannen auszuführen,
ähnelt allmählich einem Kampf. Die triumphierenden Gegener sind eine störrische
Sense, eine bergige Wiese und viele kleine Erdhügel im Gras, in denen sich
andauernd die Spitze der Schneide hineinbohrt. Nicht zu vergessen seine ohnehin
schon lädierten Handflächen, deren Zustand ihn so langsam an seine ersten
Übungsmonate im Schwertkampf erinnern. Nur war er damals voller Eifer und
Energie gewesen. Und wesentlich jünger.
Er besinnt sich auf seinen
verlorengeglaubten Durchhaltewillen. Seine Entschlossenheit. Hier kann er
doch wirklich nicht einfach so aufgeben und weiterziehen. Um seines schlechten
Gewissens wegen nicht. Um dieser Kinder wegen nicht. Ganz zu schweigen wie er
Uma damit frustrieren würde. Sie würde ihre Enttäuschung hinter spitzen Worten
und Spott verbergen über die Krieger, die nur an der schnellen Beute
interessiert wären, sich aber vor der mühseligen Arbeit eines kleinen
Bauernhofes davonschleichen würden. Und das durfte nicht sein! Ganz
abgesehen davon, die anstrengende Arbeit hier würde ihm sicher schnell helfen,
wieder körperlich leistungsfähig zu werden. Ihn auf ein längeres beschwerliches
Leben in der Wildnis vorbereiten. Und wer weiß, vielleicht auch auf eine
Rückeroberung seines Reiches. Über diesen Gedankengängen während des Mähens
gelangt er zu einem Entschluß. Einem festen Entschluß. Wie auch immer
die Gerüchte, die Uma ihm erzählen sollte, lauteten, er würde nach dem Winter
aufbrechen und alle verbliebenen Freunde und Verbündeten zusammensuchen. Kein
sich Verstecken mehr, keine Flucht mehr, und vor allem, kein Versinken in
Hoffnungslosigkeit mehr! Ein vollbeladener Karren rumpelt den Pfad herunter
zu den zerfallenen Gehöften, mühsam gebremst von einem Mann, der wieder einen
Lebensinn gefunden zu haben glaubt. Das Gras schmeckt den Ziegen. Das
Großvieh wurde von herumstreifenden Orkhorden weggetrieben, wie eine der Frauen
berichtet. Nun sieht er auch ein, warum sein Pferd vor den Pflug gespannt
werden soll. Ob er mit diesem Gerät umgehen könne? Ergeben nickt er mit dem
Kopf. „Ich werde mich bemühen,…“
Gegen Mittag treffen sich die Dorffrauen in Umas Behausung. Zu einer Wassersuppe
und zum Gespräch. Aragorn wird in die Planung der nächsten notwendigen Arbeiten
mit einbezogen. Aber letztendlich bekommt er sehr bestimmt von der Versammlung
erklärt, was er wann und wo am besten tuen solle. Wenn er nun doch noch länger
bleibt. In Gedanken bei seiner missglückten Regierungszeit, stimmt er zu. Diese
Leute haben ein Recht auf seine Hilfe. Nachdem er seine Zustimmung gegeben
hat, nach bestem Können Felder zu pflügen, Dächer zu decken und die Palisade zu
verstärken, lenkt Uma das Gespräch auf den fremden Wanderer, der so einiges über
die verstreuten Ringgefährten berichtet hatte. „Seltsam sah er aus,“,
beginnt sie, in der nun schweigend zuhörenden Runde herumschauend, „wie ein
Mensch zwar, dunkel, braungebrannt, ein wenig kleiner wie die großen Krieger aus
Gondor oder gar die Rohirrim, aber er wirkte durchaus kräftig bei seiner
schmalen Gestalt. Er bewegte sich behende und arbeitete gern mit uns. Kletterte
sogar einigen verirrten Ziegen in die Schluchten nach und brachte sie wieder
unverletzt zurück, so gewandt stieg er durch die Felsen. Aber seine Augen,“, Uma
zögert, sucht nach Worten, „…ich kann sie nicht schildern. Schwarz. Ja, schwarz
wie die dunkle Erde bei Nacht. Aber freundlich. Und gut. Aber man konnte darin
versinken, ich weiß nicht wohin, das machte mir Angst. Vor dem Unbekannten da
drinnen.“ „Und er teilte nicht mit dir das Bett, vergiß das nicht!“, wirft
eine Nachbarin ein. Diese kecke Bemerkung löst die Spannung auf, die den fremden
Besucher wohl immer noch umgibt. „Stimmt, der war wirklich nicht zu locken,
dieser Wanderer mit seinen tiefen Augen.“, gibt eine andere unter Lachen zurück.
„Zu schade aber!“ „Dafür hat er uns einiges über die Geschehnisse in den
Städten erzählt. Über die Ringgefährten. Das Königreich. Beunruhigenden Sachen,
Rätselhaftes, das wir nicht ganz verstehen. Aber fürchten. Und jeder hat
gedacht, die Kriege seien endlich vorbei!“ „Das sollten sie auch,“, mischt
sich Aragorn ein, „was genau hat dieser Mann nun gesagt?“, fragt er eindringlich
zurück. „Es ist wichtig für mich, erzählt!“ „Warum interessierst du dich so
für Erzählungen, die wie Sagen klingen, Arak? Der Winter wird lange genug
dauern, warum so eilig?“ Uma lehnt sich behaglich auf ihrer Bank zurück.
„Das macht’s spannender. Vielleicht bleibst du dann noch etwas länger?“
„Gefällt er dir so gut, der Mann aus der Stadt?“, eine ältere Frau in einem
abgetragenen Rock schmunzelt in Umas Richtung. „Wenn er sich richtig anstrengt,
kann aus ihm noch ein Bauer werden. So in ein paar Jahren. Wenn er nicht mehr
nach Stadt riecht.“, fügt sie ernster werdend hinzu. „Und sich seine zarten
Hände an den Pflug gewöhnt haben.“, spöttelt eine dritte Frau. „Woher kommst
du eigentlich, Arak? Du hast gesagt, du wärest in der Stadt gewesen, und hättest
früher gekämpft.“ Uma ist eindeutig die Wortführerin. Ihr abschätzender Blick
wandert wieder einmal über Aragorn. „Das glaube ich dir zwar, aber was hast du
dann getan? Und wieso interessieren dich die Geschichten dieses Fremden so? Der
Mann war kein Mensch, aber auch kein Elb. Das wäre mir aufgefallen, die sind
nämlich auch mal hier vorbeigekommen,…“ „Und haben sich keine Spur besser
benommen wie alle anderen, die Orks mit eingeschlossen!“, wirft die Alte mit
Bitterkeit in der Stimme in den Raum. „Geplündert und bedroht haben sie uns wie
die übrigen Kämpfer. Von wegen edel und anständig. Laß dir das mal von meiner
Tochter erzählen!“ Verärgert steht sie auf und hantiert an dem Herd herum.
Unter der Rede dieser Frauen wird Aragorn immer verlegener. Hätte er
doch, könnte er doch, warum ist das alles nur so schiefgelaufen? Wird er
wirklich von allen angeschaut? Die Frauen verlangen eine Erklärung für seinen
Wissensdurst.
„Also,…“, beginnt er, nach Worten suchend, „ich, ich habe für das Reich
gearbeitet. In der Residenz. Aber es war zu schwierig, überall Vetternwirtschaft
und Bestechung. Wir konnten nichts dagegen tun. Überhaupt nichts. Die alten
Clans sind zu mächtig gewesen, erst recht, als Sauron besiegt war. Der König ist
gescheitert. Und ich mit ihm.“ Das war keine Lüge. „Deshalb will ich
alles über die anderen wissen. Denn es gab lange keine Berichte mehr über die
Verbündeten oder die Ringgefährten. Ihr könnt mir helfen. Tut es doch auch!“
Seine Stimme ist fast schon flehend. „Ich werde euch hier in eurem Dorf sicher
noch unterstützen, bis ich weiter wandern kann. Bis die Wege wieder frei sind im
Frühjahr. Dann muß ich aber nach Moria und nach Bruchtal. Wenn nicht schon
vorher. Erzählt mir, was ihr wisst!“ „So, so, sich hier über Winter
durchschlagen, wenn sowieso für keinen genug da ist, und sich dann aus dem
Staube machen, wie sie alle.“, brummelt die Alte vor sich hin. Ihre
schlechte Meinung von seiner Person wird er kaum verändern können. Was hatten
diese Frauen alles erleben müssen? „Nun gut, Wanderer, ich werde dir sagen,
was der Fremde mir berichtet hatte. Einen befremdlichen Namen nannte er uns,
Sirk’an oder so ähnlich. Ist das elbisch? Es hört sich fast so an.“ Aragorn
überlegt, der Wortklang weckt Erinnerungen. „Nein, elbisch ist das sicher
nicht, das Wort könnte viel eher aus einer viel älteren Sprache stammen. Wenn
eine solche überhaupt noch verwendet wird. Wirklich Gestalten aus alten Sagen,
wie du schon gesagt hast, Uma. Aber ich weiß es nicht genau. Berichte doch
weiter.“ Gepannt blickt er seine neue Geliebte an. Die läßt ihn auch nicht
weiter warten, sondern fährt fort: „Zuerst hat er uns von dem König erzählt.
Eine Palastrevolution sei ausgebrochen, der König sei festgesetzt worden. Oder
vielleicht auch schon tot. Seitdem haben die Olvar die Macht übernommen und
beuten das Volk und das Land schamloser aus den je.“ „Was für ein Glück, daß
wir hier so abgelegen wohnen. Zu uns kommen wenigstens nur die Wölfe und die
Orks, das ist wesentlich erträglicher, als von dem eigenen König, wer auch immer
das gerade sein mag, ausgeraubt zu werden.“, knurrt eine von Umas Freundinnen in
ihren Becher. „Nun gut, Verbrecher sind wieder an der Macht. Als wäre das
etwas Neues. Über Aragorn weiß man nichts. Oder du vielleicht?“ Die
Gesprächspause zieht sich unangenehm lange hin. „Das mit der Revolte habe ich
noch mitgekriegt, sicher. Auf ziemlich unangenehme Art. Deshalb ziehe ich auch
nicht über die großen Straßen.“ Diese Erklärung beruhigt aufkeimenden
Argwohn. „Es hätte ja sein können, daß du uns noch etwas Neues sagen
könntest. Wenn du mit ihm gearbeitet hast,…“ Der weiche Ton von Umas Stimme
überrascht ihn. Soviel Mitgefühl für einen rätselhaften Fremden, der er ja
sicher für alle war. „Da gab es noch einen Zwerg – Gimli, Sohn von
irgendwem? Der soll noch geholfen haben, das Finanzwesen aufzubauen, solange
ginge wohl noch alles gut. Aber Zwerge haben den unwiederstehlichen Drang, nach
Metall und Steinen suchen? Er ging zuerst in seine weit entfernte Heimat und
dann mit seinen Leuten nach Moria. In diese erbarmungslose Welt der Höhlen und
tiefen Löcher. Wie kann jemand nur auf die Idee kommen, sich unter der Erde,
umgeben von Steinen, Fels und unbekannten Wesen in der Tiefe wohl zu fühlen. Das
ist mir vollkommen unbegreiflich!“ Die Sprecherin schüttelt sich, als ob sie
einen bösen Geist vertreiben wolle. „Wie sein Verwandter vor den Kriegen. Und
wieder hat niemand mehr etwas von den Zwergen gehört, diesem seltsamen Volk.
Sirk’an erwähnte todbringende Gier nach Steinen, immer tiefere Gänge. Obwohl
dieses Wesen, das den Ringgefährten fast das Unheil brachte, nicht mehr leben
soll. Aber die Erde an sich, der Berg soll sich gewehrt haben gegen die
Eindringlinge. Sie immer tiefer hinuntergelockt haben, eingeschlossen, gefangen
halten. Tief unten bei den Steinen, nach denen sie so versessen gewesen waren.
Was für eine Sühne für die Verletzung der Erde.“ „Die Erde ernährt uns und
unsere Kinder, das Vieh. Das Korn wächst auf ihr. Wer kann nicht verstehen, das
sie Zwerge, die sie entehren wollen, sie schänden, abwehren will. Hüte sich
jeder vor den Beschützern der Tiefe!“ Die alte Frau, die nun etwas abseits
sitzt, wirkt auf den einzigen Mann im Raum immer mystischer. Selbst die
bestimmende Uma wartet respektvoll mit ihren Schilderungen, bis sie ausgeredet
hat. War das eine alte Dorfpriesterin?
Aber Gimli ebenfalls verschollen? Dieser Unglücksort Moria! Aragorns Gedanken
wandern zu dem gefährlichen Weg durch diese Grube zurück. Zu dem Ballrog und
Gandalfs Kampf mit ihm. Und dieser Sirk’an beschwört noch einen Geist der Erde?
Diese Alte hatte wahrscheinlich recht. Tiefe Löcher und lange unterirdischen
Gänge sollte man meiden. Und ihnen ihre Geheimnisse nicht entreißen wollen.
Nie wieder wollte er diesen schauerlichen Ort betreten. Jetzt wird er es
jedoch müssen. Und diesmal alleine.
Betroffen und nachdenklich stiert
Aragorn in seine Tasse mit der kalt gewordenen Brühe. Schreckt auf, als Uma
fortfährt. „Und dann war da noch dieser Elb. Der schöne, unnahbare. Legolas.
Wohl auch noch ein Erbe eines der Elbenreiche? Oder wenigstens ein Prinz? Dem
soll es auch nicht so gut gegangen sein, wie der Fremde meinte,…“ „Soweit
man ihm glauben kann!“ Die scharfzüngige Bemerkung kommt von Umas Freundin.
„Arak, kennst du diesen Kerl etwa? Oder warum hängst du so erwartungsvoll an
meinen Lippen? Man könnte fast glauben, diese Leute wären alle aus deiner
Familie, so groß schein dein Interesse an ihnen zu sein. Die fieberst ja richtig
mit!“ Allgemeines Kopfschütteln über die Reaktion des Gastes und über die
Tatsache, daß überhaupt am hellichten Tag die Zeit mit Reden und Mutmaßungen
vergeudet wird. Halbwahrheiten, die das Dorf nicht unmittelbar betreffen. Die
Felder wären wirklich wichtiger. Aber dieser rätselhafte Arak zeigt soviel
Interesse. Als würde sein gesamtes Seelenheil von diesen Nachrichten abhängen.
Also tut Uma ihm den Gefallen und berichtet weiter: „Legolas. Der
Elbenprinz. Sag mal, du hast die doch bestimmt gekannt. Den König und den Elb.“
Der bekannte Schalk glitzert wieder in Umas Augen. „Die waren doch sehr
befreundet, die beiden? Oder etwa nicht? Und nach dem Krieg verschwindet der Elb
in seinem Düsterwald. Kehrt dem Kampfgefährten und Freund den Rücken.
Urplötzlich.“. „Von wegen Freundestreue. Alles nur Gerede und Schein!“
Wieder die Alte. „Nimmt sich einfach einen neuen Liebhaber in seiner Heimat.
Einer aus der Wache. Und läßt den neuen König auf seiner schweren Aufgabe sitzen
ohne Hilfe.“ Natürlich, warum sollte ausgerechnet der unterkühlte und
dadurch so begehrenswerte Legolas allein bleiben? Wahrscheinlich hat er sich zu
jeder Zeit gerade denjenigen genommen, mit dem er sich am besten vergnügen
konnte. Und dann wieder den nächsten. Wie hatte er, ein Mensch, jemals glauben
können, der Elb würde mehr als flüchtige Zuneigung empfinden können für ihn?
Der Stich hat gesessen. Er muß sich eingestehen, daß er ihn noch längst
nicht freigegeben hatte. Es wahrscheinlich nie könnte. Aber würde Legolas
ihm überhaupt noch helfen wollen? Nach seinem überstürzten Weggang aus der
Stadt. Und dann, mit einem neuen Gefährten… „Dann scheint es wenigstens ihm
gut zu gehen.“
„Ja, bis der König, Thranduil, heißt er, wenn ich richtig verstanden habe,
dahintergekommen ist. Ganz Düsterwald hat sich vor seinem Zorn verdunkelt. Stell
dir vor, der Thronfolger, mit einem Mann aus der Wache des Nachbarreiches! Und
welche Spiele diese beiden miteinander getrieben haben sollen!“ Allgemeine
Erheiterung in dem Raum. „Und dann, Sirk’an deutete nur an. Keine
Vergnügungen im Elbenreich mehr. Eigentlich tut er mir sogar leid. Vom eigenen
Vater weggejagt und zu lebenslanger Verbannung verurteilt. Dabei hat er doch
sein Leben für Mittelerde aufs Spiel gesetzt. Und dann so ein harter
Urteilsspruch. Von dem Liebhaber ist nichts mehr bekannt. Lebt
wahrscheinlich nicht mehr. Er hat es ja gewagt, nach dem Herz des Erbprinzen zu
greifen, der sicher schon verlobt war, mit irgendeiner hohen Elbin. Legolas muß
sich gewehrt haben. Daher musste er gehen. Gebrandmarkt und lebenslang geächtet.
Grausam sind sie, die Elben, trotz ihres erhabenen Aussehens“ Tief getroffen
vom Schicksal seines Freundes will Aragorn mehr wissen. „Wußte dieser Sirk’an,
wohin er gegangen ist? Warum ist er nicht in die Stadt gekommen, da hatte er
doch Freunde?“ „Ist er auch. Er wollte sich wohl wieder dem König
anschließen. Sich mit ihm vertragen. Oder auch Schutz suchen. Aber – Elben sind
stur. Empfindlich in ihrer Ehre. Leicht gekränkt. Und können ihre Fehler nicht
eingestehen. Sich nicht entschuldigen.“ „Ja, Ja, wie die kleinen Kinder…Und
das bei ihrem langen Leben!“ „Er muß sich irgendwo verkrochen haben, meinte
der fremde Mann mit den schwarzen Augen. Naja, er sprach mit Achtung von ihm,
als hätte er ihn gut gekannt. Und, seltsam eigentlich, er sprach über all diese
wichtigen Personen, als sollten wir es weiter erzählen. So ausführlich war er in
seiner Rede.“ „Und dabei wollten wir doch nur ein paar Neuigkeiten hören,
hier am Ende dieser Welt.“ „Also dieser Legolas, in der Stadt ist es ihm
nicht so gutgegangen. Weiteres weiß ich nicht. Aber es ist zu vermuten, er
würde wieder auf Wanderschaft gehen. Meinte Sirk’an.“ Uma endet ihre
Erzählung bedächtig. Aragorn hängt ebenfalls seinen Gedanken nach. Sehnsucht
nach dem alten Freund schleicht sich in sein Herz. Gepaart mit Wut. Und
Hilflosigkeit. Das konnte doch nicht sein, so nahe bei ihm, in solchen
Schwierigkeiten auch noch und er nimmt keinen Kontakt zu ihm auf. Warum nicht?
Ein großes „Warum“. Er hätte doch jederzeit fast alles gegeben, um ihm zur Seite
zu stehen! Auch wenn sie sich im Streit getrennt hatten, damals. „Und die
anderen? Gandalf, der Zauberer, die Hobbits? Wußte euer geheimnissvoller
Wanderer zu ihnen auch noch etwas zu berichten?“ Bekümmert schaut er die ernst
gewordenen Frauen an. Ihre Spottlust ist verflogen, sie merken, wie bedrückt er
die Neuigkeiten aufgenommen hat. „Über die anderen sagte er wenig. Die
Hobbits seien in ihren Dörfern. Und der Zauberer? Der wurde nicht erwähnt.
Aber der Elb war ihm wichtig. Ansonsten ist Sirk’an einige Tage geblieben. Er
war freundlich, aber trotzdem unnahbar zu uns allen. Dann ging er. Das war es
eigentlich.“ Uma zeigt sich zum ersten Mal unsicher. „Du hast bessere
Nachrichten erwartet, Arak? Das tut mir leid für dich.“ Unruhiges Umherblicken.
„ Willst du wegen dieses Zwerges nach Moria, wie du mir gestern gesagt hast?
Überlege genau. Dir zuliebe. Ist es das alles wert? Was auch immer du erreichen
willst, Moria soll jedenfalls noch genauso entsetzlich sein, wie zuvor. Sagte
der dunkle Fremde.“ Unvermittelt steht sie auf, fängt an, in dem engen Raum
herumzuwirtschaften. Die anderen Frauen erheben sich ebenfalls, nehmen ihre
Körbe oder Kleinkinder und verlassen eine nach der anderen das Haus.
Aragorn weiß nicht, was er von dem abrupten Gesprächsende halten soll.
War er zu aufdringlich oder neugierig gewesen? Wer war dieser so gut informierte
Fremde? Und diese ganzen Geschehnisse um Legolas? Schlimmer als die abwegigsten
Gerüchte, die ihm ansonsten je zu Ohren gekommen waren. Aber anscheinend leider
wahr. Es stimmt, er war wütend auf ihn gewesen. Kam sich im Stich gelassen
vor. Aber dies, es war nicht zu begreifen. Konnten Elben wirklich so
grausam, so engherzig sein? Und gleichzeitig so edel und großmütig scheinen?
Vom eigenen Vater verbannt wegen einer Liebschaft. Nur noch Fragen.
Deren Antworten er eigentlich gar nicht erfahren will. Geduckt steht auch er
schließlich auf. Uma brummt ihm zu, es doch noch mit dem Feld zu versuchen. Auch
wenn es schon über Mittag sei. Mit dem Kopf nickend stimmt er zu und
verschwindet. Seine Arbeit tun. Bis auf weiteres.
Der Morgen
Das schwarze Nichts zieht sich zurück. Macht Platz für die
Wirklichkeit. So elend bin ich schon lange nicht mehr aufgewacht.
Bewegungslos liege ich rücklings auf den schmuddeligen Decken, starre einige
Lichtstreifen an, die sich durch das Fenster zwängen. In meinem Kopf kreist ein
einziger Gedanke.
Wandern. Die Wälder. Freiheit. Sich wieder selbst
spüren. Aber - keinen Tee mehr?
Die schwerste Aufgabe meines langen
Elbenlebens. Fast unüberwindlich, der Drang nach den Kräutern.
Und
Aragorn? In dieser verfluchten Stadt kann ich ihm wenigstens nahe sein. Ihn
mir vorstellen, bei seinen Regierungsgeschäften. Ein geduldiger Herrscher,
nachsichtig und überlegt. So schien es mir jedenfalls bei unserer Trennung. Ob
er nach seinem langen Waldläuferleben in seiner Residenz mit all den Pflichten
und Verantwortungen glücklich sein kann? Oder zumindest ab und an die Wälder
vermisst? Ich weiß es nicht. Ihm wird wohl die Zeit fehlen, alten Erinnerungen
nachzuhängen. Die Zwänge eines Hofprotokolles können unerbittlich sein, das habe
ich an meines Vaters Hof erlebt.
Meine Gedanken drehen sich wieder um
die Kräuter. Gestern ist es einfach zu viel gewesen. Und zu sterben – dazu bin
ich nicht bereit. Noch nicht, oder nicht mehr? Nicht auf diese Weise!
Diesen Triumph gönne ich niemandem! Regt sich da nicht ein Rest von
längst verloren geglaubtem Stolz? Aus dieser Leere auftauchen, mit Tatkraft,
Ausdauer und Entschlossenheit am Aufbau mithelfen. Keine Eifersucht mehr.
Thranduil zeigen, daß sein Sohn sich auch ohne seine Unterstützung bewähren
kann. Wunschträume. Oder Möglichkeit?
Ein unerwartetes Pochen an
der Tür läßt mich aufschrecken. Sofort stellt sich Schwindel ein, als ich mich
aufrichten will. Aber das marode Schloß an der Tür hat schon aufgegeben und
springt auf. Der Verkäufer stürmt in den kleinen Raum.
Den hatte ich
vollständig vergessen!
Aufgebracht macht er sich vor meinerm Lager
breit, seine Hand spielt mit seinem Dolchgriff. Hinter ihm stehen zwei ähnlich
finstere Gestalten. Aus welchem Grund läßt er sich heute begleiten? Bleibt
seine Leibwache doch meistens außen vor, das Gelände sichern und er erledigt die
Drecksarbeit mit einem niederträchtigen, rohen Grinsen selbst. Mühsam erhebe
ich mich in eine sitzende Stellung. Und habe einen unvermittelten Entschluß
gefasst. Ich würde wieder kämpfen. Den Willen dazu finden. Das
müsste doch möglich sein? Gegen mich, mein Verlangen nach diesen Kräutern
und gegen meine selbstzerstörerische Überheblichkeit. Irgendwie?
Das Gesicht des Verkäufers kommt näher: „Du hast einen Gönner gefunden, Elb, ist
mir zu Ohren gekommen. Trage dich nur nicht mit dem Gedanken, mir meinen Anteil
vorzuenthalten. Zuerst bezahle deine Schulden, dann sehen wir weiter.“
Mühsam beherrsche ich mein Verlangen, diese niederträchtige Visage einfach
zu zerschlagen. Sie wären mir überlegen, zu dritt, in meinem geschwächten
Zustand. Stattdessen biete ich das ihm zustehende Geld an. Welches er sofort
nimmt und an seinen Kumpane weitergibt. Ein halbherziger Versuch, mich
freizukaufen.
„Da wäre noch etwas, Elb. Damit du nicht vergisst, daß du
zu uns gehörst.“ Er dreht sich zu seiner Wache um, die den Ausgang versperrt und
und auf einmal die Waffen halb gezogen hat. Sein hähmisches Lachen wird
immer schmieriger: „Ab jetzt wirst du dir deine Kundschaft nicht mehr selbst
aussuchen, diese Mühe erledigen wir nun für dich. Du bist einfach zu wertvoll,
um für dich allein zu arbeiten. Ich könnte mir da viel einträglichere
Arrangements vorstellen. Wenn du dich anstrengst. Aber das willst du doch? Oder
etwa nicht? Soviel musst du nicht mehr lernen…“ Seine Zunge leckt kurz über
die Lippen, als er mich von oben bis unten mustert. „Und dieser Fremde, den
du gestern mitgenommen hast, glaube nur nicht, er würde dich hier herausholen.
Stell dir vor, die Kräuter gehen dir aus… Was würdest du dann tun? Vor mir auf
die Knie fallen und mich nach einer Tasse Tee anflehen?“ Seine Hände packen
mich an den Schultern. Sehr besitzergreifend.
Die Garde an der Tür
wirkt äußerst angespannt.
Der Druck seiner Hände wird stärker, er will
mich auf mein Lager zurückpressen. Mit einem Mal verstehe ich. Und gebe
nicht mehr nach. Die kräuterbedingte Fügsamkeit fällt von mir ab. Auf was habe
ich mich da nur eingelassen! Wie konnte ich das alles nur zulassen und mich in
dieses Leben ergeben! Ich umschließe seine Handgegelenke. Versuche, den
vergangenen Krieger in mir zu erwecken, fauche ihn mit Abscheu an: „Du hast es
maßlos übertrieben, Verbrecher, so viele Menschen zugrundegerichtet.“ Mir
fällt der Thekenjunge ein. Es kommt zu einem Gerangel. Er versucht, mich auf
mein Lager zu drücken, stemmt seine Knie in meinen Unterleib, legt sich mit
seinem ganzen Gewicht auf mich, um mich niederzuhalten, zu unterwerfen. Aus den
Augenwinkeln sehe ich die beiden anderen, die noch abwartend am Eingang stehen.
Noch. Wir rollen auf den Boden, um uns herum liegen zerbrochene
Holzbretter, Decken und sonstige Reste vom Mobiliar. Splitter dringen in meine
ungeschützte Schulter, lassen mich kurz in meiner Bewegung innehalten. Der
Verkäufer selbst ist besser gerüstet mit seiner leichten Lederkleidung und nützt
seinen Vorteil anstandslos aus. Er besitzt den durchtrainierten Körper eines
Straßenräubers und genügend Kampferfahrung, um mir bei meinem desolaten
körperlichen Zustand überlegen zu sein. Die Kräuter haben meine Elbenkräfte
scheinbar aufgesogen. Und ein immer stärker werdendes Schwindelgefühl tut ein
übriges hinzu. Eine kleine Weile gelingt es mir noch, meine Verteidigung
aufrechtzuerhalten, dem Angreifer sogar mit einer Genugtuung, die neu für mich
ist, die Nase zu brechen. Aber er hat den Vorteil, bereit zu sein für den Kampf
und ich nicht. So brauchen die Wächter an der Tür nicht einzugreifen, sondern
lediglich die Zuschauer zu verscheuchen. Bevor ich einen harten Fausthieb
empfange, der mich kurzzeitig völlig außer Gefecht setzten wird, sehe ich nur
noch, wie sich Anisa mit ihrer Gassenfrechheit einmischen will und mit
Fußtritten fortgejagt wird.
Momente später komme ich wieder zu mir.
Die Tür ist geschlossen, die
Eindringlinge immer noch da. Mit an einem stehengebliebenen Bettpfosten
gefesselten Händen liege ich benommen auf dem Rücken inmitten der Bruchstücke
von Tisch und Bett. Der Verkäufer hockt mit einer aalglatten Miene neben mir.
„Du weißt, was jetzt kommt? Du namenloser Elb? Oder trugst du doch in
früherer Zeit einen Namen? Einen berühmten sogar? Bevor du ganz mir gehörst, und
nicht jeder kann sich brüsten, einen Elbenprinzen willenlos gemacht und dann
besessen zu haben.“ Eine Dolchspitze sieht sich bei diesen Worten über meine
Brust, hinterlässt einen feinen Schnitt, aus dem sofort Blut quillt. „Und
schon gar nicht unter solchen – außergewöhnlichen - Umständen. Du wirst mir noch
sehr viel Geld einbringen.“ Er betrachtet mich nachdenklich. „Du hast mir
schon einiges eingebracht. Es gibt in dieser Stadt Leute, die mich gut dafür
bezahlt haben, dir die Kräuter zu verkaufen. Ein sehr einträgliches Geschäft.
Und dann, bei deinem Körper. Ein perfektes Geschäft.“ Mit einem Aufbäumen
versuche ich, dieses Unmenschen von mir wegzutreten, bevor mich meine Kräfte
ganz verlassen. Natürlich vergebens, sofort werfen sich seine beiden Begleiter
auf meine Beine, drücken sie mit ihrem ganzen Gewicht hinunter. Die Handfesseln
sitzten ebenfalls sehr fest. Diese Leute verstehen ihre dreckige Arbeit.
Zur Bewegungslosigkeit verdammt, ahnend, wie es weitergeht, versuche ich
mit aller noch verbliebenen Willenskraft, meinen Körper fühllos zu machen.
Gegen Verletzungen, mehr noch gegenüber Berührungen.
„Was nun,
du namenloser Elb, oder wie du dich nennst? Kannst du dich nicht für meinen
Vorschlag erwärmen? Das wäre nämlich für uns alle wesentlich bequemer.“ Der
Verkäufer betrachtet nachdenklich seinen Dolch, den er in den Händen hält.
Richtet ihn wieder auf meine Brust, diesmal mit nur leichtem Druck. Umfährt
verspielt meine Brustwarzen, während er weiterredet: „Glaubst du nicht, wir
könnten uns arrangieren? Du arbeitest für mich bei ausgesuchten Kunden – doch,
du wirst das schon noch mögen lernen – und ich, nun, ich zeige mich großzügig
mit den Kräutern. Sag, ist das keine gute Idee?“ Belustigt blickt er mich
an, versucht, von mir einen Blick einzufangen. „Bedenke, mein Elb, ich bin
immerhin der einzige in dieser Stadt, der mit diesen Kräutern handelt,…“ Das
Messer hält inne. Leicht bläst sein Atem über meine aufgerichteten,
empfindlich gewordenen Brustwarzen.
Ich bemühe mich, einen Punkt
außerhalb des Geschehens zu fixieren. Dies wird das Todesurteil für meinen
letzten noch verbliebenen freien Willen werden.
„Sie werden dich lieben,
deine Kunden. Auch wenn sie es nicht so zeigen werden,…, aber du hast ja schon
so viele Kämpfe bestanden, das wirst du auch noch durchhalten …, wo willst du
denn sonst noch hin? Etwa in diesem Loch bleiben, dich von den Ratten auffressen
lassen?“ Unterdessen wandert das Messer nach unten. Zerschneidet meine allzu
dünne Hose gemächlich am Bund, sodaß er sie mit einem leichten Ruck vollständig
zerreißen kann. Unwillkürlich flüchtet sich ein unterdrücktes Seufzen über
meine Lippen. Das darf doch nicht wahr sein! Natürlich hat mich schon
vorher der leichte Schweißfilm auf meinem abgewandten Gesicht und meinem Körper
verraten. Hilfloser Haß auf diesen Menschen beherrscht mein Empfinden.
Ausgeliefert sein. An die Willkür dieses Verkäufers, und nicht zuletzt
an die Reaktionen meines Körpers, mit dem dieser Kerl spielt. Genüsslich
spielt. „Glaube mir, bei mir kannst du noch eine Weile leben, besser leben.
Und überdies, was würde wohl dein Volk zu deinem erbärmlichen Dasein sagen? All
die hohen Elben? Oder gar Thranduil? Bedenke, ich weiß wer du bist,…, und ich
werde dieses Wissen verwenden!“ Mit diesen Worten lächelt er mich breit an,
fasst in sein halb offenstehendes Hemd und zieht einen länglichen Gegenstand
hervor. Ich verfluche mich. Seine Helfer, die immer noch meine
gespreizten Beine in ihrem unerbittlichen Griff niedergedrückt halten, zeigen
ein ähnlich schmieriges Feixen. Belächeln meine hilflosen Versuche, meine
Erektion zu beherrschen. „Was haben wir denn da?“, fragt mich der Verkäufer
mit heiterer Miene, als er mit der Feder langsam über die Innenseite meiner
zitternden Schenkel fährt. „Sieht ganz danach aus, als würde dir das gefallen,
Kräutertrinker. Niemals vergessen, ab nun gehörst du zu meinem Besitz, und ich
bestimme alles, was tu tust, …, wie jetzt.“
Ich verfluche mich, meinen außer Kontrolle geratenen Körper, jeden Atemzug und
jedes Stöhnen das mir entfährt. Danach wird es mir unmöglich sein, auch nur
dem niedrigsten Geschöpf in die Augen blicken zu können, schießt es mir durch
den Kopf. Der Gedanke, vor Zeugen so offen derart gedemütigt worden zu sein,
wird mich töten. Ich werde mich töten.
Geschickte Finger spielen mit
mir.
Mit blutig gebissenen Lippen winde ich mich unter den Händen des
Verkäufers auf dem verdreckten Boden. Schweißgebadet. Schreie laut auf, als
ich komme.
Aber dem Verkäufer scheint dies noch nicht zu genügen. Er
möchte mich als sein Eigentum kennzeichnen. Er läßt seine Hose herunter,
drängt sich neben mich, dreht mich mit Hilfe seiner Wache herum. Wurde nicht
einst gesagt, ich sei ein Kämpfer gewesen? Sollte ich vor diesem Abschaum
der Menschen klein beigeben? Mich einfach unterwerfen lassen? Ich habe mich
entschieden. Ich werde kämpfen. Wirklich. Keine Gedanken mehr an Sterben
und Tod, nur noch Rache beherrscht mich, als sich der Verkäufer von hinten
rücksichtslos zwischen meine Beine drängt.
Auf der Treppe geht das
Geschrei von neuem los. Ich höre Anisa kreischen. Anscheinend mischt sich der
Wirt auch noch ein, denn der Lärm verebbt wieder. Wollte sie mir helfen? Und
dabei selbst Gefahr laufen, sich der Grausamkeit dieses Rohlings auszusetzen?
Überlegungen, um mich von der eigenen ausweglosen Lage abzulenken.
Mit dem ganzen Gewicht dieses Verbrechers auf mir, von zwei seiner
Leibwächter niedergehalten und dazu noch gefesselt, fehlt mir jede
Bewegungsmöglichkeit. Zusätzlich drückt sich eine schwielige Hand auf den Mund,
presst meinen Kopf auf die Bodenbretter. Auf diese Weise kampfunfähig
gemacht, kann ich nur noch den Fortgang dieser ungeheuren Erniedrigung zu
ertragen versuchen. Und mich nicht verwunden lassen. Während der Verkäufer
rücksichtslos in mich eindringt und brutal zustößt, immer wieder, steigt eine
ungeheure Wut in mir auf. Überschwemmt in Wellen meinen immer noch von den
Kräutern leicht benebelten Verstand. Nein! Sich nicht mehr verkriechen.
Kein Betäuben aller unerträglichen Erinnerungen mehr! Dieses Selbstmitleid
endlich loswerden! Noch habe ich Freunde, die mich um meiner selbst willen
mögen, nicht nur den Elbenprinzen in mir gesehen haben. Oder etwa nicht??
Fast verbrennt mich mein aufgeweckter Lebenswille. Mit neugefundener
Kraft gelingt ein weiteres, ruckartiges Aufbäumen. Mein überraschter Peiniger
rollt zur Seite, gleitet aus mir heraus. „Verfluchter Elb, kannst wohl
einfach nicht aufgeben, aber dich bekomme ich noch!“ Er wirft sich erneut
über mich. Harte Knie drücken sich von Neuem in meinen Unterleib. Aber die
Wut ist nicht mehr zu bremsen, mit ihr wachsen meine Kräfte. Zudem scheinen die
beiden Gardisten abgelenkt. Ein Tumult unten in der Gaststube? Fußgetrappel,
lautes Rufen und Schreien. „Feuer, Feuer, es brennt!“, kann ich verstehen.
Und wirklich, der Rauch ist schon zu riechen und erklärt das Durcheinander in
der Schankstube, das nun auch das darüberliegende Stockwerk erfasst. Der
Verkäufer läßt von mir ab und gibt mir damit die Gelegenheit, den Kampf um mich
wieder aufzunehmen. Die nun gelockerten Fesseln mit einem Ruck zerreißend,
greife ich nach einem herumliegendenden Stück Holz. Das Tischbein in den Händen
will ich die abgelenkten Männer gerade angreifen, als die Tür aufgeht und Anisa
auf dem Gang stehend herumlärmt: „Feuer, wir brennen alle ab, das Haus steht
schon in Flammen, raus hier!“ Einige Frauen samt Kundschaft suchen
überstürzt das Weite, drängen sich die enge Stiege hinunter, um die Straße zu
erreichen. Die allgemeine Verwirrung erfaßt auch den Verkäufer. Von seinen
Männern gefolgt, schließt er sich den anderen an. „Wir sehen uns noch, du wirst
mich nicht mehr los!“, droht er noch in meine Richtung.
Als auch ich den Raum verlassen will, drückt mich Anisa mit einem Lachen wieder
in den Raum zurück. „Nicht so hastig, laß dich nur nicht von diesen Besoffenen
mitziehen. So groß ist das Feuer nun auch nicht, es muß ja nicht gerade das
ganze Viertel abbrennen. Immerhin lebe ich hier.“ „Da bin ich gerade noch
rechtzeitig gekommen, mit meinem kleinen Brand, scheint mir.“, plaudert sie in
vergnügtem Gesprächston weiter. „Siehst du endlich ein, daß das kein Ort für
dich ist, du namenloser Elb? Zieh dich endlich an, pack deine Sachen zusammen,
und dann verschwinde aus diesem Viertel. Diesen Verkäufer wirst du sonst
wirklich nicht mehr los!“ „Schnell, schnell, beeile dich ,…“, scheucht sie
mich herum, „Sag bloß, du hast diesem Widerling noch Geld gegeben? Das darf
wirklich nicht wahr sein, bist du denn vollständig lebensfremd?“ Das
Prasseln des Feuers wird stärker. Hustend und in größter Eile wird das
Notwendigste zusammengesucht. Ein Elbendolch aus meinen Kriegerzeiten, den Anisa
mit heraufgezogener Augenbraue betrachtet und noch einige Geldmünzen finden sich
in ihrem Versteck. Leichte Waldläuferkleidung habe ich auch noch retten können.
Der Qualm zieht schon in Schwaden durch den Raum, als wir endlich fertig
sind. Die Treppe steht in hellen Flammen, es bleibt einzig der Weg durch das
kleine Fenster über das Dach. Für mich kein Problem, aber meine Retterin? Es
zeigt sich, daß ich Anisa wieder einmal falsch eingeschätzt habe. Gewandt
klettert sie trotz ihrer Röcke durch das Fenster, rutscht das schadhafte Dach
zur Rückseite des Hauses hin hinunter und läßt sich auf den Boden fallen. Ich
folge ihr mit meinem Bündel nach.
Unten angekommen, zieht sie mich an
der Hand durch einige Gassen und Hinterhöfe. Wir klettern über verfallene
Mauern, springen über die allgegenwärtigen Abfallhaufen. Anisa immer voran, sie
kennt sich in diesem Labyrinth von Hütten, Sackgassen und Durchgangswegen besser
aus als die Zwerge in ihren Bergwerken. Aufgescheuchte Ratten und streunende
Hunde springen zur Seite, als wir durch engen Durchlässe zwischen den Hütten
hetzen. Plötzlich wird sie langsamer, bleibt stehen. „Hier sind wir richtig,
du Elb. Ein Bekannter wohnt in diesem Haus. Er wird dir ein Pferd verkaufen, ein
gutes Pferd. Und dann…,“ wehmütig schaut sie mich an, „Abschiede mag ich nicht.
Also, achte auf dich und laß dich hier nur nicht mehr blicken, du Elb.
Jedenfalls nicht in diesem Zustand!“ Ein flüchtiger Kuß erreicht meine
Wange, dann ist sie weg. Verschwunden im Gewirr der Gassen.
„Hmm, das
Pferd dahinten soll für dich sein. Anisa hat mich darum gebeten. Und ihr erfülle
ich diesen Wunsch mit Freude.“ Diese tiefe Stimme gehört zu einem großen
Menschen, der mich aufmerksam mustert. „Naja, einen Elben hätte ich eigentlich
nicht vermutet, aber wenn du der Freund von Anisa bist, der die Stadt so eilig
velassen muß… Hier brauchst du wahrhaftig um nichts zu trauern, es kann sonstwo
nur besser sein.“ Der Handel ist schnell vorüber. Auf einem ganz annehmbaren
Pferd, das einen durchhaltefähigen Eindruck macht, verlasse ich die Stadt. Als
ich mich zum letzten Mal umschaue, fällt mir eine große Rauchwolke ins Auge.
Hat sich das Feuer nun doch weiter ausgebreitet? Aber was wird aus
Anisa? Ich solle mir keine Sorgen um sie machen. Sie würde überall Auskommen und
Unterschlupf finden. Sagte der Pferdehändler. Zumindest in dieser Menschenstadt,
und das glaube ich ihm gerne.
Diesen so abstoßenden Ort hinter mich
lassend, reite ich gegen Norden. Ich beschließe, mir eine einsame Lichtung in
den angrenzenden Wäldern zu suchen, um mich von den Kräutern zu befreien. Und
diese Stelle muß ich noch am heutigen Tage finden, denn schon erfasst mich die
bekannte Übelkeit. Die Sonne sticht zu heiß, jetzt, im Herbst, und ich werde
immer empfindlicher gegenüber dem Wind und dem Schaukeln des Pferderückens.
Übelkeit steigt die Kehle hoch. Also beeile ich mich und erreiche den nächsten,
hoffentlich von Wegelagerern unbewohnten Wald gegen Abend. Unter einem
Felsüberhang beziehe ich Lager. In der Nähe plätschert sehr aufdringlich ein
kleiner Bach, das Pferd kann auf einer Wiese grasen.
Ein nettes
Plätzchen für mein Vorhaben, die Kräuter aus meinem Körper und meinem Verstand
zu jagen.
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